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Julia Festival 94

Julia Festival 94

Titel: Julia Festival 94 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Graham
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der kein Zimmer ausgelassen wurde. Misty stellte fest, dass Margarets Ausführungen über die Geschichte des Schlosses fast ausschließlich an sie, als die einzige „Neue“, gerichtet waren, aber sie musste kein falsches Interesse heucheln. Der dreistöckige, festungsartige Bau mit seinen vielen verwinkelten Korridoren faszinierte sie bis zum Ende der Führung. Über die Jahrhunderte hinweg waren immer wieder Veränderungen vorgenommen worden, und Misty bedauerte es aufrichtig, dass die Garrisons ihren Sommersitz derartig vernachlässigten.
    „Seit die Kinder fort sind, ist alles viel zu groß“, erklärte Margaret, ehe sie ihre Gäste wieder sich selbst überließ. „Wir beabsichtigen, das Schloss aufzugeben und dafür eine Villa in Südfrankreich zu kaufen.“
    Jenny hatte sich Misty angeschlossen. „Ist Leone etwa an ‚Eyrie Castle‘ interessiert?“, fragte sie. „Ich hätte nicht geglaubt, dass er so viel Sinn für nordische Romantik hat. Ja, Oliver?“ Ihr Mann näherte sich mit einem unangenehmen Lächeln. „Ich sagte gerade zu Misty, dass Margaret in Leone offenbar einen potenziellen Käufer sieht.“
    „Vielleicht ist er tatsächlich interessiert.“ Oliver Sargent fixierte seine Frau, bis sie verlegen errötete, und wandte sich dann jemand anderem zu. Mistys Abneigung gegen ihn erhielt dadurch neue Nahrung.
    „Wir kennen Leone durch seine jüngere Schwester“, erzählte Jenny weiter. „Battista arbeitete damals für Oliver. Ein reizendes Mädchen mit einer verhängnisvollen Liebe zu schnellen Autos. Leone war verzweifelt, als sie starb.“
    Misty nickte. Sie dachte an Leones Gesichtsausdruck, als sie nach dem Porträt seiner Schwester gefragt hatte. Die Ursache ihres Todes war damals nicht erwähnt worden, aber wie sich jetzt herausstellte, war es ein Autounfall gewesen.
    „Leone hat uns seitdem gemieden, was ich ihm nicht übel nehme.“ Ein trauriger Ausdruck erschien auf Jennys Gesicht. „Wenn er Oliver oder mich sieht, kommen die quälenden Erinnerungen zurück, die mit Battistas Tod verbunden sind.“
    Misty fühlte sich zwischen den anderen Gästen immer unwohler und atmete auf, als sich die Gesellschaft trennte und sie in ihr Zimmer zurückkehren konnte. Angenehme Wärme begrüßte sie. Im Kamin glühte ein frischer Holzklotz, und Leone stand davor, bis auf die Haut durchnässt. Genau das hatte Misty ihm vor wenigen Stunden gewünscht, und es gefiel ihr gar nicht, dass sie jetzt keine Schadenfreude, sondern ausschließlich Besorgnis empfand.
    Leone hörte sie hereinkommen und drehte sich um. Das schwarze Haar klebte ihm am Kopf, sein Gesicht war noch regennass, und in den dunklen Augen lag ein feindseliger Ausdruck.
    „Hast du vorhin im Ernst gesprochen?“, fragte er scharf.
    Misty schloss die Tür und lehnte sich dagegen. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen, und sie suchte verzweifelt nach der richtigen Antwort. Jedes Wort war wichtig, das erkannte sie an Leones Gesicht, das ihr noch nie so anziehend und nie so bedrohlich erschienen war.
    „Dio mio … du hast es nicht so gemeint!“ Leone stieß einen tiefen Seufzer aus. „Warum hast du dann so gesprochen?“
    Misty war blass geworden, und ihre Knie drohten nachzugeben. „Weil ich fürchtete, dass du es sonst tun würdest“, antwortete sie so fest wie möglich.
    „So brutal würde ich niemals sein. Deine Worte klangen wie die eines Flittchens!“
    Misty wurde noch blasser. „Leone …“
    „Ich verbiete dir, je wieder so zu sprechen. Stell dir vor, ich hätte es getan!“
    Lieber nicht, dachte Misty, es wäre zu schrecklich gewesen. Was Leone sagte, klang fast wie ein Wunder. Er begehrte sie immer noch und wehrte sich gegen ihre spöttische Zurückweisung. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl stieg in ihr auf und vertrieb die Angst, nur benutzt worden zu sein, die sie den ganzen Nachmittag gequält hatte.
    „Ich hole dir ein Handtuch“, sagte sie schnell.
    Leone antwortete auf Italienisch, was sehr hässlich klang.
    „Bitte fluch nicht in meiner Gegenwart!“, fuhr Misty auf.
    „Ich habe nicht geflucht, sondern nur gesagt … Tu das nie wieder!“
    „Einverstanden.“
    Während Misty ins Badezimmer ging, um das Handtuch zu holen, sagte Leone: „Ich wäre vorsichtiger gewesen, wenn du mir gesagt hättest, dass du noch unschuldig warst.“
    Misty fuhr herum, auf ihren Wangen brannten dunkle Flecken. „Ich …“
    „Ich hätte dir das schon gestern Abend gesagt, aber du schienst nicht darüber sprechen zu

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