JULIA VALENTINSBAND Band 19
ständig über die ironischen Spielereien in meinem Schaufenster aufregt, würde ich anders nennen.“
„Unter ‚Spielereien‘ verstehen wir offenbar verschiedene Dinge. Im Fairfax ist es eben nicht erwünscht, nackte Puppen ins Fenster zu stellen.“
Die Röte stieg ihr in die Wangen. „Meine Puppen sind nicht nackt. Sie sind vollständig angezogen.“
„Stimmt. Auf eine Art, die man auch als Ohrfeige empfinden kann.“
„Apropos Ohrfeige …“ Lacey lächelte hinreißend. „Darf ich das als Einladung verstehen?“
Er pfiff geräuschvoll durch die Zähne. „Ich wusste gar nicht, dass Sie zu Gewalttätigkeiten neigen.“
„Nur gegenüber Menschen, die permanent mein Nervenkostüm strapazieren.“
„Nervenkostüm … wo wir gerade davon sprechen …“ Evan deutete mit dem Daumen auf ihren Laden. „Die neue Deko ist irgendwie … hmm …“
„Provozierend? Interessant?“
„Ich würde eher sagen … maßlos.“
„Danke für das Kompliment.“
„Ich habe Ihnen kein Kompliment gemacht.“
„Es ist bereits ein Kompliment, dass Sie meine Schaufensterdeko überhaupt bemerkt haben.“
„Vor ein paar Tagen haben wir uns darüber unterhalten, dass Sie sich mit Ihrer Deko ein bisschen zügeln sollten. Aber das ist offenbar auf taube Ohren gestoßen“, warf Evan ein.
„Nein, ich habe Ihnen genau zugehört.“
„Aha. Dann liegt das Problem wohl darin, dass Sie den Unterschied zwischen ‚zuhören‘ und ‚verstehen‘ nicht begriffen haben.“
„Doch“, konterte Lacey, „aber ich habe auch begriffen, dass man Dinge ignorieren kann, die man verstanden hat.“
„Sieht ganz danach aus.“
„Das Problem liegt darin, dass Sie nicht begriffen haben, was ‚Spielerei‘ bedeutet. Ich vermute, Sie würden es noch nicht mal begreifen, wenn man Sie spielerisch … in den Hintern tritt.“
„Sie vermuten richtig – weil Sie mich nicht kennen“, bemerkte Evan.
„Wirklich nicht? Wie dumm. Mir kommt es vor, als würde ich Sie viel zu gut kennen.“
Lacey verkniff sich das Wort „unglücklicherweise“, aber es war klar, was sie meinte. „Ich bilde mir auch ein, dass ich Sie ziemlich genau kenne …“, murmelte er, „wie … schön für uns.“
„Hm“, meinte sie nachdenklich, „ich bin mir nicht sicher, dass ‚schön‘ hier das richtige Wort ist. Aber immerhin, es gibt nicht viele Dinge, über die wir uns einig sind, nicht wahr?“
„Irgendwann ist immer das erste Mal.“
„Da kann ich nur zustimmen“, sagte Lacey, „und im Sinne eines friedlichen …“ Sie deutete mit dem Kinn auf die Menschenmenge. „Die Party ist ein Riesenerfolg. Wer auch immer für die Organisation zuständig war, er hat einen guten Job gemacht.“
„Danke.“
Sie riss die Augenbrauen hoch. „Sie haben das alles organisiert?“
„Sie klingen überrascht.“
„Bin ich auch. Ich hatte nicht den Eindruck, dass Sie der Typ sind, der Partys organisiert.“
Evan fühlte sich gedrängt, sie zu fragen, was für ein Typ er in ihren Augen denn sei, beschloss aber, dass er es im Grunde gar nicht wissen wollte. Zumal die Antwort sicher nicht schmeichelhaft ausfallen würde. Stattdessen lächelte er sie an, aber es blieb ein vorsichtiges Lächeln. „In mir steckt noch viel mehr als nur ein Gebäude-Manager.“
„Ich weiß. Sie verstehen es, Ihren Mietern permanent auf den Nerven herumzutrampeln. Und Sie müssen einen ausgezeichneten Event-Manager kennen.“
„Ein guter Manager weiß, wie man Aufgaben delegiert.“
„Aha. Dann kommen Sie auf einen Kaffee vorbei? Wir haben neues Gebäck im Sortiment. Extra für den Valentinstag, es dürfte Ihnen sehr gefallen. Sieht aus wie geformte Lippen.“ Lacey schenkte ihm ihr süßestes Lächeln. „Ich habe es ‚Bite Me‘ genannt.“
Paul unterdrückte das Lachen durch einen Hustenanfall, und Evan drehte sich zu seinem Freund. Er hatte ihn komplett vergessen. Das galt auch für Madame Karma, und insgeheim gab er Lacey die Schuld, weil sie ihn vollkommen durcheinanderbrachte.
„Vielen Dank. Paul wird das mit dem Kaffee für mich erledigen.“ Evan richtete seine Aufmerksamkeit auf die Wahrsagerin, als er bemerkte, dass sie ihn mit unverhohlener Neugier beobachtete. Lächelnd hob er die Hand. „Madame Karma, ich …“
„Evan Sawyer“, fuhr die alte Dame leise dazwischen. Evan war überrascht, dass sie wusste, wie er hieß. Aber bevor er sich davon erholen konnte, hatte sie seine Hände bereits mit ihren umschlossen. Ihre Augen waren so dunkel, dass er
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