JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
hat.“
Jodie erstarrte. „Du meinst, er … die Musik war abgesprochen?“ Das war unmöglich. Er konnte Stuart nicht gebeten haben, ein langsames Stück zu spielen. Das konnte nicht geplant gewesen sein.
Fiona zuckte die Achseln. „Ich weiß es nicht. Frag Stuart.“
„Um die Gerüchteküche auf der Station anzuheizen? Niemals!“
„Du weißt, dass ich keine Klatschbase bin“, wies Fiona sie zurecht.
„Natürlich weiß ich das. Aber nicht alle sind wie du.“ Jodie nahm einen Schluck Tee. „Ach, ich weiß nicht, Fiona. Alles scheint schiefzugehen.“
„Du wirst nie wissen, was Sam will, wenn du nicht versuchst, es herauszufinden.“
„Lass uns das Thema wechseln“, bat Jodie und nahm einen zweiten Keks.
„Okay. Aber ich denke, ihr zwei passt gut zueinander“, schloss Fiona und ignorierte Jodies schmerzvollen Gesichtsaudruck. „Und ich finde, du solltest euch eine Chance geben.“
„Ich muss wieder arbeiten.“ Jodie stand auf. „Danke für die Kekse.“
„Du weißt, dass ich immer für dich da bin, wenn du reden möchtest – vertraulich.“
„Danke, Fiona. Ich weiß, dass ich dir vertrauen kann. Wirklich.“ Doch gerade jetzt wollte sie mit niemandem über Sam Taylor sprechen. Sie wollte nicht einmal an ihn denken.
Jodie beschloss, Sam für den Rest des Tages aus dem Weg zu gehen. Und nach ihrem Dienst würde sie direkt nach Hause fahren und auf den gemütlichen Weihnachtsumtrunk mit den Kollegen verzichten.
Wann immer sie ihm an diesem Morgen begegnete, wich sie seinem Blick aus. Die Mittagspause verschob sie so lange, bis sie sicher sein konnte, dass er nicht mehr in der Kantine war. Gedankenverloren stocherte sie in ihrem Essen herum und nahm überhaupt nicht wahr, worüber die anderen am Tisch sprachen. Sam und sein Kuss gingen ihr einfach nicht aus dem Kopf.
Anschließend stellte Jodie erleichtert fest, dass er nachmittags in der Notfallambulanz Dienst hatte, sodass sie ihn vor ihrem Feierabend nicht noch einmal sehen müsste. Schließlich schloss sie die letzte Patientenakte, verabschiedete sich von den Kollegen, wandte sich zum Gehen und wäre beinahe mit Sam zusammengestoßen.
„Hoppla, alles in Ordnung?“, fragte er besorgt.
„Danke, mir geht’s gut“, antwortete sie schnippisch.
Doch er blieb freundlich. „Ich bin hier gleich fertig. Darf ich Sie nach Hause bringen?“
Jodie schüttelte den Kopf. „Ich fahre mit dem Rad, wie Sie wissen.“
Sam seufzte. „Es ist glatt draußen, und es schneit.“ Jetzt hob er die Hand, um ihren Protest im Keim zu ersticken. „Ich weiß, dass Sie in der Lage sind, allein nach Hause zu fahren. Aber warum wollen Sie durch den Schneeregen radeln, wenn ich Ihr Rad genauso gut ins Auto laden und Sie trocken heimbringen kann?“
„Ich …“, Jodie fiel kein weiteres Argument ein. „Also gut“, gab sie nach.
„Ich muss nur noch ein paar Akten heraussuchen. Wir treffen uns in …“, er sah auf die Uhr, „… einer Viertelstunde?“
Sie nickte.
Tatsächlich dauerte es fast eine halbe Stunde, doch Jodie machte es nichts aus zu warten. Sie blätterte in den herumliegenden Zeitschriften und ließ sich von Fiona mit Keksen versorgen. Währenddessen versuchte sie, ihre Nervosität zu bekämpfen.
„Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat“, entschuldigte sich Sam, als er endlich kam.
„Kein Problem.“
„Können wir los?“
Jodie nickte und legte die Illustrierten zurück in den Zeitschriftenständer. „Wie war Ihr Nachmittag?“, fragte sie höflich.
„Die üblichen Notfälle an Weihnachten. Kinder, die mit Süßigkeiten vollgestopft wurden, Schnittwunden von der Säge im neuen Werkzeugkasten, Babys, die sich an Cognacbohnen vergreifen“, zählte Sam stöhnend auf. „Ich hasse Weihnachten.“
Dr. Frost hasste Weihnachten. Das hatte Jodie nicht anders erwartet.
Er sah sie von der Seite an. „Entschuldigung, aber es macht mich so wütend, wenn die Eltern auf ihre Kinder nicht vernünftig aufpassen. Die Kleinen sind so … verletzlich.“
„Vermutlich sind die Eltern an den Feiertagen einfach selbst überfordert“, warf Jodie ein.
„Wahrscheinlich haben Sie recht. Mir tun die Kinder nur so leid.“
Sam und Kinder. Warum reagierte er immer so impulsiv? Dabei hatte er mehrfach deutlich gemacht, dass er selbst keine Kinder wollte. Doch wenn man ihn über seine kleinen Schützlinge reden hörte, konnte man das kaum glauben. Am liebsten hätte sie ihn gefragt, aber sie wollte nicht das Risiko eingehen, dass er
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