Julians süßes Blut (German Edition)
doch nicht Tränen des Schmerzes, sondern der Scham. Deine Wünsche brauchen dir nicht peinlich sein.«
Julian schniefte hilflos und griff nach einem Päckchen Taschentücher. »Sind sie aber«, sagte er schließlich leise.
Alex sah ihn lange an. Dann berührte er sanft die roten Striemen auf Julians Rückseite. Julian zuckte zusammen und erschauderte.
»Das hat noch nie jemand mit mir gemacht«, flüsterte er.
»Ich weiß«, sagte Alex und ließ seine kalte Hand auf Julians brennender Haut liegen. »Du hast noch so viele Dinge vor dir. Deinen ersten Mann, deine erste Frau ...« Alex grinste ihn jetzt an. Sein Grinsen wirkte wie das eines Jungen. »Du wirst nicht auf dem Rücken schlafen können, Julian. Soll ich dir noch einen Eisbeutel holen?«
Julian schüttelte irritiert den Kopf. »Sprichst du etwa aus Erfahrung?«
Alex zwinkerte ihm zu. »Aus der Erfahrung von Jahrhunderten. Es war üblich zu meiner Zeit, die Kinder so zu erziehen. Mein Vater hat davon regen Gebrauch gemacht.«
Julian nickte leicht. »Hast du es genossen?«
»Ich habe es gehaßt, denn ich wollte nicht beherrscht werden.«
»Und warum will ich es denn? Bin ich vielleicht krank?«
»Nein, Julian. Aber ich konnte niemals mit der Unterwerfung spielen. Ich konnte es niemals zulassen. Für mich war es immer existenzbedrohend. Ich habe seit meiner frühesten Kindheit diese körperliche Gewalt ertragen müssen; daher habe ich Schläge nie als bittersüßen Schmerz auf meiner Haut gespürt, sondern tief in meiner Seele.«
»Aber es tut weh, verdammt weh«, sagte Julian leise.
»Dein erster Mann wird mehr schmerzen«, lachte Alex gutmütig. »Aber laß dir ruhig Zeit damit. Und such’ dir niemanden, dem du nicht vertraust. Ein junger Hengst muß gut eingeritten werden, Julian, sonst wird er bockig.«
Julian zog eine Grimasse.
Alex stand auf. »Ah, Julian. Möchtest du vielleicht erst eine Frau?«
Julian zuckte mit den Schultern.
»Entscheid’ dich bis morgen Abend. Ich nehme dich mit, wenn du magst – zum Einreiten. Und da gibt es nur Zuckerbrot.«
Leise lachend verschwand Alex aus Julians Zimmer. Vorsichtig drehte Julian sich auf die Seite. Alex hatte recht gehabt, er konnte sich auf gar keinen Fall auf den Rücken legen. Sollte er Alex’ Angebot annehmen? Julian wußte es nicht. War er dazu bereit? Eigentlich nicht, er hatte Angst zu versagen. Sie alle behandelten ihn wie einen Mann, aber wenn er versagte, dann war er wieder ein Kind. Doch aus irgendeinem Grund reizte ihn Alex’ Einladung. Sanft ließ er sich von Gedanken an weiche Frauenkörper einlullen und bemerkte kaum, wie er Hand an sich legte.
Am nächsten Morgen fühlte Julian sich wie gerädert. Er konnte nicht sitzen, und da er die gesamte Nacht auf dem Bauch hatte schlafen müssen, hatte er sich auch noch verrenkt. Steif zog er sich an. Was für ein fieses Gefühl, dachte er, als er sich nach unten zum Frühstücken begab, und bemerkte, daß er damit vor allen Dingen seine seelische Verfassung meinte. Am Frühstückstisch im Salon traf er auf Tom, der ihn freundlich begrüßte.
»Guten Morgen, Julian. Gut geschlafen?«
Julian runzelte die Stirn und setzte sich extrem vorsichtig auf einen der gepolsterten Stühle. »Überleg ich mir noch«, sagte er schließlich, als er saß.
»Bist du eigentlich öfter hier?«
Tom grinste fröhlich. »Ja, schon. Wenn Gabriel Lust auf mich hat ...«
»Bist du nicht mit ihm zusammen?«
»Nein. Gabriel ist ein Tier in der Beziehung. Er würde sich niemals mit einem zufrieden geben.« Wieder grinste Tom ihn an und biß dann herzhaft in ein Brötchen.
»Ach, tut mir übrigens leid, daß ich da neulich einfach so reingeplatzt bin«, murmelte Julian und spürte, wie er errötete.
»Kein Problem. Gabriel mag es, wenn er beobachtet wird, und ich habe nichts dagegen. – Sag mal, hast du irgendwelche Schmerzen? Du schaust so unglücklich.«
Julian zog eine Grimasse, aber er antwortete nicht. »Kannst du mir bitte den Kaffee rüberreichen?«
Gemeinsam frühstückten sie. Julian genoß Toms Anwesenheit, sie schienen auf einer Wellenlänge zu sein, und Tom war ein unkomplizierter Typ. Sie verabredeten sich zu einer gemeinsamen Stadt-Tour nach dem Frühstück. Julian war froh, daß er jemanden gefunden hatte, denn René begleitete ihn zwar, wenn er das wollte, aber Tom war ein wesentlich interessanterer Gesprächspartner.
Sie fuhren mit der Tube bis Westminster und stiegen dort aus. Es war unglaublich warm und schon als sie den
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