Julischatten
dachte nicht lange darüber nach. »Klar, kein Problem.«
»Gut. Dann holen wir jetzt ihre Betten aus dem Trailer und schaffen deine Sachen nach drüben.«
Nachdem der Umzug vonstatten gegangen war und die Van der Vaarts in Sims und Michaels Zimmer gezogen waren (Michaels Sachen hatten sie in Jos Zimmer gebracht), gab es Abendessen. Ein Steak für jeden, Kartoffelbrei und grüner Salat aus Jos Garten.
Die Stimmung war gedrückt und wurde noch drückender, als Eva und Roos ihre Steaks ausschlugen, weil sie Vegetarier waren. Offensichtlich hatte Eva das Jo in einer Mail mitgeteilt, aber sie hatte es schlichtweg vergessen. Sim spürte, wie genervt ihre Tante war und welche Mühe sie sich gab, es die Van der Vaarts nicht merken zu lassen.
Willem, der mit gutem Appetit gegessen hatte, erzählte, dass sie sich am nächsten Vormittag mit Alfred Black Fox, einem Medizinmann aus Oglala, treffen wollten. Bei der Erwähnung seines Namens sah Sim, wie ihre Tante die Stirn runzelte und eine Augenbraue nach oben zog, aber sie sagte nichts. Vielleicht kannte Jo den Mann und wusste etwas über ihn, Sim würde sie später danach fragen.
Sie beobachtete Roos und sah nun die blasse Schönheit des Mädchens in einem anderen Licht. Was Roos wohl davon hielt, dass ihre Eltern ihr Leben einem indianischen Medizinmann anvertrauten, den sie nie zuvor gesehen hatten? Roos schien unendlich müde zu sein. Lustlos stocherte sie in ihrem Kartoffelbrei herum und Sim erwischte sie immer wieder dabei, wie sie ins Leere stierte. Einmal trafen sich ihre Blicke, da lächelte das Mädchen gedankenverloren.
Nach dem Essen kümmerte sich Sim um den Abwasch, während die Van der Vaarts Jo über die Lakota und das Reservat ausfragten. Der nächste Tag war der vierte Juli, auch im Reservat ein Feiertag. Der Laden würde geschlossen bleiben. In Pine Ridge sollte ein Powwow stattfinden und Jo würde mit Sim am Nachmittag dorthin fahren, um einen Stand aufzubauen.
Sim hoffte, auf dem Powwow auf Jimi und Lukas zu treffen – in erster Linie natürlich auf Jimi, um herauszufinden, ob sein Kuss etwas bedeutete oder nur eine Laune gewesen war.
Als Sim später hinüber zum Trailer ging, um sich schlafen zu legen, fand sie Roos auf den Knien neben der Treppe, wie sie versuchte, Junipers Welpen zu beobachten. Doch es wurde langsam dunkel und nur ein Streifen Licht von der Lampe neben der Eingangstür beleuchtete die Hundebabys.
Sim holte einen der Welpen unter der Treppe hervor und reichte ihn Roos. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. »Der ist süß«, sagte sie und vergrub ihre Nase im Fell des Kleinen. Er fing jämmerlich an zu schreien und Juniper kam angelaufen. Roos erstarrte vor Schreck.
»Keine Angst«, sagte Sim, »sie ist lieb.« Sie kraulte Juniper und genoss das Gefühl der Überlegenheit.
»Tut mir leid, dass du dein Zimmer hergeben musstest«, sagte Roos. »Ich fand es gemütlich im Trailer. Aber meine Mutter ist eine Reinlichkeitsfanatikerin, sie hätte da drüben nicht schlafen können.«
»Kein Problem«, erwiderte Sim.
»Hast du keine Angst, nachts, ganz alleine in dieser Kiste?« Sie nickte in Richtung Trailer.
Darüber hatte Sim, wenn sie ehrlich sein sollte, noch gar nicht nachgedacht. »Wovor sollte ich denn Angst haben?«
Roos zuckte mit den Schultern. »Vor Indianern?« Sie lächelte verschmitzt. »Vor Mäusen und Spinnen? Oder Geistern?«
»Nachts ist hier niemand. Und vor Mäusen, Spinnen und Geistern fürchte ich mich nicht.« Sim grinste zurück. Roos schien ganz in Ordnung zu sein.
»Deine Tante ist ziemlich cool, so ganz alleine hier draußen zu leben.«
»Ja, finde ich auch.«
»Und du verbringst deine ganzen Ferien hier?«
»Ja.«
»Wie sind sie denn so, die Indianer?«
Sim zuckte mit den Achseln. Was sollte sie darauf antworten? »Sie sind tolle Reiter«, sagte sie schließlich.
»Kannst du reiten?«, fragte Roos.
»Ein bisschen«, log sie.
»Ich liebe Pferde und reite für mein Leben gern. Deine Tante hat auch Pferde, nicht wahr?«
»Ja, sieben Stück.«.
»Ich will auf jeden Fall reiten, solange wir hier sind.«
»Das dürfte kein Problem sein«, sagte Sim. »Wann wird denn deine Heilzeremonie sein?«
Roos sah an Sim vorbei auf einen Punkt irgendwo hinter ihr. »Ich weiß noch nicht. Das wollen wir morgen alles absprechen, wenn wir diesen Alfred Black Fox treffen.«
»Na, dann«, Sim erhob sich, »ich verschwinde jetzt. Muss mich noch ein bisschen häuslich einrichten. Schlaf gut.«
»Ja, du
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