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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Busen. Einmal hat sie sich vor mir umgezogen, und ich war ganz stolz, dass sie so ein Vertrauen zu ihrem Sohn hat, dass sie sich vor meinen Augen ausgezogen hat und sich nicht geniert. Mutter geht mit dem Lappen ins Wohnzimmer und wischt die Asche weg.
    «Bevor die sich im ganzen Raum verteilt! Das kriecht sonst in alle Ritzen, und man kriegt es nie wieder sauber.»
    Ich finde das übertrieben, aber sie ist nun mal allergisch gegen Raucher. Ich setze mich zu Oma und beobachte, wie sie Wasser aufsetzt und Kartoffeln schält. Meine liebe Oma. Eigentlich finde ich gar nicht, dass sie einen Buckel hat, aber wenn man genauer hinguckt, sieht man es doch. Da kommt Opa von seinem Spaziergang wieder. Er lupft den Hut und bleibt stehen. Wahrscheinlich unterhält er sich mit Frau Marek, die hat sich schon mal beschwert wegen der Klavierstimmerei, aber da kann man nichts machen, schneller geht’s nun mal nicht.
    «Wann gibt es denn zu essen, Friedel?»
    «Aber Walter, das weißt du doch.»
    «Und was gibt es?»
    «Kasseler.»
    Opa zieht ein wenig ein Gesicht.
    «Passt dir das etwa nicht?»
    «Doch, es passt alles, was du machst, Friedel.»
    Dann geht er ins Wohnzimmer und setzt sich schon mal hin und liest in der Zeitung. Wir haben zwei Zeitungen bei uns zu Hause, die «Harburger Anzeigen und Nachrichten» und die «Frankfurter Allgemeine Zeitung». Mutter sagt, dass die Harburger Anzeigen und Nachrichten ein Käseblatt sind, sie selbst liest nur die FAZ. Wir sind in unserer Familie für die CDU und ich auch. Ich weiß, dass Daubers und Griesfelds für die SPD sind, und Mareks sind auch für die CDU.

    Monsieur Durand ruft an und verkündet, dass die ganze nächste Woche auch noch frei ist. Ich freue mir ein Loch in den Bauch und stelle mir vor, wie nach den Masern die Windpocken ausbrechen und dann etwas anderes Ansteckendes, und zu guter Letzt bricht sich Herr Durand das Bein, und so vergeht das Jahr wie im Flug, und ich muss nie wieder hin. Mutter hilft Oma beim Essenzubereiten. Das ganze Haus riecht nach Blumenkohl. Ich gehe noch mal kurz raus. Auf der Straße ist keine Menschenseele, bis auf Herrn Schulz, der gerade von der Arbeit kommt und noch seine Arbeitskleidung anhat. Herr Schulz ist Busfahrer, und wenn er gerade Dienst hat und ich Bus fahren muss, kommt es mir immer so vor, als wenn wir Verbündete wären und mir der Bus mitgehört und ich es mir aussuchen kann, ob ich Fahrgeld bezahle oder nicht. Herr Schulz ist noch kleiner als Opa und seine Frau noch mal kleiner, wie ein Kind, aber auch mit Buckel. Ihr Sohn Tobias ist so alt wie ich und mongoloid. Manchmal kommt er zum Spielen auf die Straße, aber er kann nichts und zieht meist nach kurzer Zeit wieder ab. Er kann auch nicht richtig sprechen, trotzdem macht sich keiner über ihn lustig, nur können wir eben nichts mit ihm anfangen. Ein Grund, ihn zu besuchen, ist aber die Modelleisenbahn von Herrn Schulz, die so groß ist, dass sie über den ganzen Dachboden geht. Herr Schulz ist jede freie Minute dort und denkt sich immer neue Strecken und Schikanen und Hindernisse aus. Er bekommt leuchtende Augen, wenn man sich für sein Hobby interessiert, und erklärt stundenlang, was er wieder alles Neues gebaut hat. Auf dem Dachboden gibt es sicher keinen freien Zentimeter mehr. Er hat vier verschiedene Trafos und kann damit die Züge steuern. Einmal wurde er von seiner Frau nach unten gerufen, und Tobias hat sofort Zusammenstoß gespielt und dabei mehrere Brücken kaputt gemacht. Als Herr Schulz wieder nach oben gekommen ist, hat er einen Schock bekommen und Tobias eine gezwiebelt, worauf der rasend wurde, weil er das nicht gewohnt ist. Wegen seiner Behinderung wird er ja sonst nie geschlagen. Wie wild hat Tobias auf die Eisenbahn eingehauen und dabei Riesenkräfte entwickelt. Herr Schulz hatte seine liebe Mühe, ihn zu bändigen. Sonst gibt es in der Siedlung keine Behinderten, außer Herrn Stöver, dem sie im Krieg ein Bein abgeschossen haben. Mutter sagt, dass Herr Stöver genau wie Herr Glotz ein schlimmer Nazi ist, obwohl er wegen Hitler das Bein verloren hat, aber das interessiert ihn nicht, er verehrt Adolf Hitler trotzdem. Oft hinkt er durch die Siedlung und schreit seine Parolen oder schimpft in seinem Garten die ganze Zeit laut vor sich hin. Manchmal ärgern wir Kinder ihn und bringen ihn zur Weißglut, bis er versucht, uns hinterherzulaufen und einen von uns zu erwischen, aber das klappt nie und nimmer mit seinem einen Bein. Nur einmal hat er Tobias erwischt,

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