Junger, Sebastian
jemand verbrennt hinten Scheiße, in einer
schwachen Brise bläht sich das Tarnnetz und sinkt in sich zusammen wie eine
Riesenlunge.
Schon vor
drei Monaten war den Männern der Gesprächsstoff ausgegangen, und jetzt sitzen
sie stumm und wie benommen da. Eines Tages sehe ich Money aus der Hütte
kommen, sich umsehen, grunzen und dann wieder hineingehen, um noch mal drei
Stunden zu schlafen. Ein Sommerschauer geht nieder, macht die Luft für einen
Moment süß und beißend, aber die Regentropfen sind klein und nadelspitz und
ändern so gut wie gar nichts an der Hitze. »Ich hab dreihundert Meter überm
Meeresspiegel gewohnt, und zwischen den Felsen am Straßenrand haben wir
Muscheln gefunden«, sagt O'Byrne irgendwann. Fünf Minuten vergehen, ohne dass
jemand etwas dazu sagt.
»Bist du
auf der Militärakademie gewesen?«, fragt Murphy schließlich.
»Nein,
verdammt. Den Scheiß konnten sich meine Eltern nicht leisten«, sagt O'Byrne.
»Weggesperrt zu werden war meine Militärakademie.«
Die
Langeweile ist so brutal, dass die Männer unverhohlen auf einen Angriff hoffen.
Eines glühend heißen Morgens geht Lieutenant Gillespie an mir vorbei und
murmelt vor sich hin: »Bitte, lieber Gott, beschere uns ein Feuergefecht.« Ich
glaube, es war Bobby, der schließlich den Einfall hatte, Tim und mich in Burkas
aus amerikanischen Flaggen hinunter nach Darbat zu schicken. (Das hätte ganz
bestimmt für Aufruhr gesorgt.) Jeder amerikanische Scharfschütze im Tal würde
uns von den Gipfeln und Kuppen Deckung geben.
»Das
stelle ich mir total irre vor«, sagt Tim schließlich und schüttelt den Kopf.
Bobby ist
ein M240-Schütze aus Georgia und Jones' bester Freund: ein Schwarzer und ein
lupenreiner Redneck aus Georgia, die durch Restrepo streichen, immer auf Ärger
aus wie ein Paar Bösewichte in einem Spaghettiwestern. Bobby hat sich eine
aufgehende Sonne um eine Brustwarze tätowieren lassen und trägt eine
Brandingnarbe in Herzform über der anderen. Das Herz ist von einem Pfeil
durchbohrt. Er sagt, er sei zur Army gegangen, weil seine Freundin ihn
verlassen hatte, als er sich auf einer Sauftour befand, was ihn umgehend ins
nächste Besäufnis trieb und ihn bewusstlos auf dem Vorgartenrasen seines
Vaters enden ließ. Als er aufwachte, betrank er sich zusammen mit seinem
Vater, und dann machte sich Bobby auf ins Rekrutierungsbüro, um sich bei den
Marines einschreiben zu lassen. Die Marines wollten ihn nicht haben, und daher
ging er auf dem Flur ein paar Türen weiter und wurde Soldat bei der Army.
Bobbys
Auftritt war derart abgefahren, dass nicht mal seine Kameraden in der Army
wirklich schlau daraus wurden. »Ein Riesenhaufen Scheiße, sonst nichts, ein
kreuzdämlicher Redneck«, wie Jones ihn beschrieb. Nur dass es nicht stimmte:
Bobbys Tante hatte ein schwarzes Kind adoptiert, und Bobby - mundfaul, unflätig
und unverschämt - war einer der smartesten und geschicktesten Männer der
ganzen Company. Als eines Tages der Generator nicht anspringen wollte, sagte
Bobby zu O'Byrne, er solle dagegen treten, und zwar seitlich auf halber Höhe,
kurz über dem Treibstofffilter. Die Maschine sprang sofort an. »Er hatte, was
ich >Männerwissen< nennen würde«, sagte mir O'Byrne. »Er war nicht
besonders weltgewandt, aber er wusste alles, was ein Mann wissen muss, um in
der Welt zurechtzukommen.«
Um Bobby
zu begreifen, musste man nur wissen, dass er sich selbst klar genug einschätzen
konnte, um den ungeheuerlichsten rassistischen Blödsinn von sich zu geben, ohne
als bigott rüberzukommen. (Es lag möglicherweise auch an der Art undWeise, wie
er sich über Leute lustig machte, die tatsächlich solche
Dinge sagten.) Vor Beginn seiner Dienstzeit sagte Bobby zu einem schwarzen
Militärpolizisten, der ihn wegen Trunkenheit und ungebührlichen Verhaltens
festnehmen wollte, einige unverzeihliche Dinge, aber das konnte man ihm
deswegen nachsehen, weil der einzige Schwarze im Platoon sein bester Freund
war. Bei der Auseinandersetzung war es um Autorität gegangen, nicht um die
Hautfarbe. Man musste Bobby jedoch ziemlich gut kennen, um das verstehen zu
wollen. »Nicht ein einziger rassistischer Knochen steckt in seinem Körper«,
sagte Jones. »Nenn du mich Nigger, und wenn Bobby in der Nähe steht, war ich
überrascht, wenn ich's als Erster schaffen könnte, dir eine zu verpassen.«
Mancher
Mann im Platoon war so mutig wie Bobby, aber keiner vermittelte so sehr das
Gefühl, dass ihm einfach alles gleichgültig war. Er
saß mit
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