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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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geschulte, mit ihrem und Adams Geld bewaffnete Männer, die auszogen, um Matthew de Camoys zu fangen und ihn ihr zum Fraß vorzuwerfen.
    Sie hatte getan, worum Adam sie gebeten hatte: Kundschafter ausgeschickt, bis sie sicher sein konnten, wo sich Matthew mit dem Mädchen befand und auf welchem Weg er weiterziehen würde. Er hatte von London aus ein gutes Stück Vorsprung, aber aus unerfindlichen Gründen hatte er eine totkranke Hure und einen Greis bei sich und konnte nur langsam reisen. Ihre Männer mit ihren ausgeruhten Pferden würden ihn spielend einholen.
    Hatte Adam sich während des Winters nicht aus seinem Loch gewagt, so bestand er jetzt darauf, den Zug anzuführen. Der König sei mit seinem Turnier beschäftigt, hatte er erklärt. Zudem habe er vor, noch vor Ende des Jahres einem neuen Kreuzzug voranzuziehen.
    »Du musst wissen, was du tust«, hatte Isabel lediglich erwidert. In einem seiner Häuser in Stratton war Adams Besitz zu Ermittlungszwecken beschlagnahmt worden. Die Schlinge um seinen Hals zog sich enger denn je.
    »Aber ich muss doch gehen!« Er hatte ihr Gesicht in beide Hände genommen und ihr mit flammendem Blick in die Augen gesehen. Isabel war sich nie ganz sicher, was er spielte und was ihm ernst war, doch in jenen Momenten glaubte sie zu wissen: Es war ihm tödlich ernst. »Ginge es allein darum, das Mädchen zu holen, hätten andere für uns handeln können. Aber Matthew de Camoys ist noch bei ihr. Es ist unsere Gelegenheit, uns zu rächen, endlich den Mann zu bestrafen, der unser Leben zerstört hat. Auf der Welt existiert kein Mann, dem ich das überlassen könnte.«
    Sie schloss die Schenkel um den Leib des Pferdes, zwang es in leichten Trab und ritt hinter ihrem Bannerträger durch ihr Tor. Hatte Adam recht? Hatte der Mann mit seiner Bluttat ihr Leben zerstört? Tatsächlich schien es so viel wichtiger zu sein, ihn zu strafen, als das Mädchen, das weder sie noch Adam beim Namen nannten, auf die Insel zu holen. Das Mädchen nützte ihr nichts. Es hatte das falsche Geschlecht, es war für all das zu spät, und womöglich hatte sie nicht einmal bis ins Letzte begriffen, dass das Mädchen überlebt hatte. Die Bestrafung aber, ihre Hände im Blut des jungen Mannes, mochte ihr zumindest einen Augenblick der Genugtuung verschaffen.
    Wind pfiff ihr entgegen, und der graugelbe Himmel sah aus, als werde es noch einmal schneien. Der Weg den Hügel hinunter, der Blick über das Tal und den Fluss war dennoch schön. Isabel hatte nie bezweifelt, was Baldwyn ihr an dieser Stelle einmal zugeflüstert hatte: Die Insel ist geschaffen, um darauf glücklich zu sein.
    Adam schloss zu ihr auf. Störrisch tänzelte der Rappe, als er ihn zügelte, damit er am Hang nicht strauchelte. Isabels Blick senkte sich auf seine Hände. Er hielt seine Haut mit mächtigem Aufwand zart, und dennoch blieben es die alten Stallburschenhände. Adam hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er mit seinen Händen getötet hatte und vor weiterem Töten nicht zurückschreckte. Deshalb war es gut, dass er selbst ging, um ihr Matthew zu holen. Allein er wünschte mit derselben Leidenschaft wie sie, dass der junge Mann bekam, was er verdiente. Einen qualvollen Tod. Wer ihn zu schützen versuchte, würde mit ihm sterben, denn Adam war ein Mörder und stand ihrem Feind in nichts nach. Keinen Hinterhalt würde er scheuen, kein Skrupel würde ihm die Hände lähmen. Die Schreckensbilder, die Isabel in ihren Träumen sah – ihren Feind würden bald ebensolche Bilder foltern.
    Adam streckte die Hand aus und berührte kurz ihren Arm, ehe er sie wieder um den Zügel schloss.
    »Schneide ihm dort, wo du ihn fängst, etwas ab«, sagte Isabel. »Ein Ohr.«
    »Soll ich es dir einzeln mitbringen?«
    »Nein. Du sollst es nach Aldfield schicken.«
    In einem Lächeln, das vor Hass funkelte, waren sie vereint, wie es ihnen in der Liebe nicht möglich war. »Muss es ein Ohr sein, meine Schönste?«
    Isabel zuckte mit keiner Wimper. »Wenn du ihn kastrierst, verblutet er. Ich will ihn lebend, Adam.«
    »Das weiß ich.«
    »Ich will ihn hier vor mir, wenn er sich in Todeskrämpfen windet. Und ich will, dass er weiß, für wen er stirbt. Mit jeder Welle des Schmerzes soll er an jenen Namen denken.«
    Adam nickte. »Mit dem Eisen will ich ihm den Namen in die Haut brennen. Und ich will, dass mein armes Mädchen dabei zusehen kann.«
    An das Mädchen zu denken war schwierig. Für den Augenblick vermochte Isabel an niemanden zu denken als an Matthew de

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