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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Vorfall mit dem Schnauzbärtigen machten fremde Ritter Magdalene Angst, aber diese erwiesen sich als freundlich. Sie rieten Herrn Matthew, sich ihnen anzuschließen und zum Turnier des Königs nach Winchester zu reisen. Magdalene wollte nicht, dass Herr Matthew an einem Turnier teilnahm, auf dem Ritter einander in Stücke hieben. Sie war froh, dass endlich all seine Wunden verheilt waren, auch die um die Handgelenke und die auf seinem Herzen.
    Die Amsel wollte es auch nicht.
    Herr Matthew lachte. So befreit und laut hatte Magdalene ihn nie lachen hören. »Da lernt ein Mann von klein auf, er könne das Herz einer Dame nicht gewinnen, ohne sein Leben für ihre Farben zu riskieren – und was tun meine Damen? Sie verbieten es mir.«
    »Das mag daran liegen, dass wir keine Damen sind«, konterte die Amsel, zwinkerte Magdalene zu und tippte Herrn Matthew auf den Mund. »Und Farben haben wir auch nicht. Ich bin die braune Amsel von Carisbrooke, und sie ist die schwarze Mag aus den Alpen. Wir sind handfest und brauchen unsere Männer lebend.«
    Magdalene musste kichern, aber einer der Fremden horchte auf. »Ihr kommt aus Carisbrooke? Von Gräfin Isabels Burg?«
    Das Gesicht der Amsel verschloss sich. »Ich bin dort aufgewachsen.«
    »Dann seid Ihr mit ihr verwandt?« Auf einmal erschien Magdalene der Fremde nicht länger freundlich, sondern lauernd. »Aber heißt es nicht, sie habe keine überlebenden Verwandten und keinen Erben als ihren Schwiegersohn?«
    Während die Amsel nach einer Antwort suchte, wanderte der Blick des Mannes an ihrer Gestalt hinauf und hinab. Magdalene hatte solche Blicke von Fremden bereits früher bemerkt: Wer der Amsel begegnete, hielt sie für ein Mädchen von vornehmster Abkunft, und erst wenn er ihrer verschlissenen Kleidung ansichtig wurde, begann er, sich zu wundern.
    Wie aus dem Boden gewachsen stand auf einmal Herr Matthew neben der Amsel und legte besitzergreifend den Arm um sie. »Wenn Ihr mit uns essen wollt und Euch mit Hering und Brot zufriedengebt, seid unsere Gäste. Meiner Dame lasst Ihr jedoch ihren Frieden, oder wir halten das Turnier hier und jetzt und ohne Schranken.«
    »Nichts für ungut!«, rief der Fremde, der die Fragen gestellt hatte, und hob die Hände. »Ich wollte die Knospe unterm Eis nicht in Schrecken versetzen, sondern lediglich in allen Ehren meine Neugier befriedigen.«
    Herr Matthew schwieg, sandte ihm aber einen Blick, der ihm ohne Rüstungsplatte vermutlich die Brust durchbohrt hätte. Dann führte er die Amsel davon.
    Sie richteten sich gemeinsam ein Essen, zu dem die Gäste einen erlegten Marder beisteuerten. Von dem ohnehin zähen Fleisch rührte Herr Matthew nichts an. Hinterher schlugen sie ihr Nachtlager auf, und in der ersten Morgenfrühe hörte Magdalene die Amsel mit Herrn Matthew flüstern. Sie hatten sich aus dem Zelt in die bitterkalte Finsternis geschlichen und saßen aneinandergeschmiegt unter einer einzigen Decke. Die Amsel lachte und neckte ihn, und er versuchte ein wenig gekränkt, sich zu verteidigen.
    »Was habe ich nur früher ohne meinen edlen Ritter getan, wenn mir ein gefährlicher Fremder eine Frage stellte?«
    »Machst du dich über mich lustig?«
    »Aber nicht doch, Mylord. Dass mein Drachentöter mich mit klirrendem Schwert vor wüsten Fragen schützt, ist schließlich eine ernste Angelegenheit.«
    »Du findest also, ich habe mich lächerlich benommen?«
    »Ein bisschen.« Sie lachte, und Magdalene hörte, wie sie ihn küsste. »Jetzt zieh kein solches Gesicht, davon wird mir ja das Herz zu Butter. Leicht hast du es ja wirklich nicht, mein armer Liebling, mit deiner albernen Gans, die deinen Heldenmut nicht zu schätzen weiß.«
    »Du bist meine Amsel. Keine Gans.« Ein Scharren verriet Magdalene, dass er sie noch enger an sich zog, und dann war eine Zeit lang nichts zu hören als Geräusche der Zärtlichkeit, kleine Küsse und Taubenlaute, Rascheln von Kleidung, geflüsterte Koseworte. »Aber trotzdem …«, murmelte er irgendwann.
    »Trotzdem was?«
    »Trotzdem wäre es nicht allzu übel, zumindest ab und an etwas tun zu können, das dir imponiert.«
    »Das steht dir frei, mein Bester. Nur finde ich eben nichts sonderlich Imposantes daran, wenn du über Schranken hinweg einen anderen Ritter verdrischst oder dich von ihm verdreschen lässt.«
    »An einem Ritter, der sich verdreschen lässt, findet niemand etwas Imposantes.«
    »Nein? Arme verdroschene Ritter. Ich würde dir zumindest milde die Leviten lesen und dir anschließend

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