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Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Titel: Kali Darad - Königin der Arena (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Martin
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berührten Murren quittierte und beschämt die Narbe mit der Hand zu verdecken suchte, strich sie diese mit ihrer linken Hand überraschend zärtlich aus seinem Gesicht und fügte sanft hinzu: »Hübsche Narbe.«
    »Ach, findest du?«, schnaubte er und sah mit hartem Mund dabei zu, wie die Harpyie im Wasser dem schmerzlich bekannten Mann mit dem entstellten Gesicht über die versehrte Wange strich; die fingerlangen scharfen Krallen, die von der Seite her in sein Blickfeld ragten, machten ihm keine Angst mehr. Tatsächlich empfand er ihre Berührung sogar als tröstlich – auch wenn das Ungemach über den Anblick dieser Verunstaltung seiner attraktiven Züge deutlich überwog.
    »Oh ja«, nickte sie ernsthaft und strich weiter über seine vernarbte Wange. »Hübsche Narbe. Schöne Narbe. Warum denn nicht?«
    Er atmete tief durch, bevor er antwortete. »Weißt du, Kali, in der Arena sind Narben vielleicht etwas ganz Tolles. Aber außerhalb...«
    »Eure Frauen mögen Kämpfer. Ich habe es oft gesehen. Früher. Viel Jubel für die Männer, die gegeneinander kämpfen – und Narben bekommen.«
    »Also wirklich«, lachte der Barde zynisch. »Sehe ich wirklich wie ein Gladiator aus?«
    Ihre Hand verschwand. Stattdessen erschien ihr Kopf neben seinem und blickte nachdenklich auf sein Spiegelbild herab.
    »Glaube ja«, meinte sie nach einer Weile. »Ich habe einmal einen ähnlichen Mann in der Arena gesehen.«
    Ein wenig geschmeichelt warf er ihr einen Seitenblick zu. »Und? War er gut?«
    Eigentlich erhoffte er irgendetwas nettes, aufmunterndes über einen großen, beliebten Gladiator zu hören, dem die Massen zujubelten, wenn er den Kampfplatz betrat.
    Doch Kali Darad zuckte nur mit den Schultern und meinte trocken: »Ich habe ihn getötet.«
    »Na ganz toll«, seufzte Taros Goll und ließ die Schultern hängen. »Das sind ja schöne Aussichten.«
    Da wandte sie ihm das Gesicht zu und sagte mit ernster Stimme: »Zuhören. Mir. Ich werde dir nie etwas tun, Taros. Niemals. Versprochen.«
    Nun war er es, der ihr Gesicht nach auch nur dem geringsten Anzeichen von Spott absuchte. Und zu seiner großen Überraschung, blieben die Züge der Harpyie hart und streng.
    »Danke«, sagte er ehrlich. Diese Worte von jemandem zu hören, der ihn bei ihrer ersten Begegnung gleich mehrere Male töten, oder einfach nur am Wegesrand krepieren lassen wollte, bedeutete ihm mehr, als er bereit war zuzugeben. Und so entgegnete er leise: »Ich werde dir auch nie etwas zuleide tun. Versprochen.«
    Ein gutes Dutzend Herzschläge verstrich, bis sich Kali Darads ernster Blick zu einem spöttischen Grinsen verzog. »Ich weiß«, meinte sie nur und erhob sich wieder, um zu ihrem Lagerplatz zurückzukehren.
    »Arrogantes Biest«, murmelte er mit einem Schmunzeln in ihren Rücken, bevor er wieder sein Gesicht im Wasser betrachtete. Ich sehe also aus wie ein Gladiator, ja? Er lächelte bitter. Wenn ich diese Meinung doch nur auch teilen könnte. Für sie – frei von Narben wie sie ist – mögen Narben ja etwas Wildes, Kämpferisches darstellen. Doch für mich bleibt eine Narbe das, was eine Narbe nun mal ist: Eine Entstellung, eine Demütigung, die einem das ganze Leben lang erhalten bleibt, bis der Tod einen irgendwann endlich davon erlöst. Seufzend schlug er mit der flachen Hand ins Wasser, dass das entstellte Gesicht darin in tausend Stücke zersprang. Dann folgte er der Harpyie zurück zum Lager und begann schweigend mit dem Zusammenpacken.
     
     
    Den ersten Glockenschlag ihrer Weiterreise durch die kühle, dunstige Morgenluft verbrachten sie schweigend. Beiden hingen die jüngsten Ereignisse noch deutlich nach und ließen sich nur schwer verdauen. Konnte es tatsächlich sein, dass sich ein Mensch und ein Mischling – eine Harpyie – ineinander verliebten? Vor allem Taros Goll hatte an dieser Frage zu knabbern. Er hatte in seinem ganzen Leben noch nie jemanden geliebt. Noch nie war ihm eine Frau näher gestanden, als eine überschaubare Zeit nächtlicher Freuden. So rasch seine Leidenschaft für eine Frau entflammt war, so schnell war sie auch stets wieder in bedeutungsloser Langeweile verraucht. Liebe, Beziehung, Ehe, Sesshaftigkeit. Das alles waren für ihn immer Glieder einer dicken, goldenen Kette gewesen, die ihn seiner Freiheit beraubten und zu einem Dasein in trister Eintönigkeit verdammten, während das Leben an ihm vorüber zog und er nichts weiter tun konnte, als teilnahmslos zuzusehen und hin und wieder den Blick einer hübschen Frau

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