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Kaltblütig

Titel: Kaltblütig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
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ganzen Friedhof zu hören.«
    Tausend Leute! Perry war beeindruckt. Er fragte sich, wie viel das Begräbnis wohl gekostet hatte. Geld beschäftigte ihn sehr, wenn auch nicht mehr so über alle Maßen wie noch am Morgen dieses Tages – eines Tages, den er »blank wie ’ne Eisenbahn« begonnen hatte. Seither hatte die Lage sich gebessert; Dick sei Dank besaßen Dick und er jetzt »eine hübsche Stange Geld« – genug, um nach Mexiko zu kommen.
     
    Dick! Aalglatt und gerissen. Ja, das musste man ihm lassen. Gott, es war unglaublich, wie er die Leute »übers Ohr hauen« konnte. Zum Beispiel den Verkäufer in dem Bekleidungsgeschäft in Kansas City, Missouri, das Dick für ihren ersten »Fischzug« auserkoren hatte. Perry hatte noch nie jemandem einen »faulen« Scheck »untergejubelt«. Er war nervös, aber Dick sagte: »Stell dich daneben. Lach nicht, und zerbrich dir nicht den Kopf darüber, was ich sage. Lass es einfach auf dich zukommen und folge deiner Nase.« Wie es schien, hatte Dick den perfekten Riecher für ihr Vorhaben. Er stürmte in den Laden, stellte Perry dem Verkäufer atemlos als »Freund und baldigen Heiratskandidaten« vor und fuhr fort: »Ich bin sein Trauzeuge. Und helfe ihm dabei, sich die nötigen Klamotten zu besorgen. Seine – haha – Aussteuer, wenn man – haha – so will.« Der Angestellte »schluckte« das, und nachdem sich Perry seiner Jeans entledigt hatte, probierte er einen gedeckten Anzug an, den der Verkäufer »für eine zwanglose Hochzeitsfeier ideal« fand. Mit einem Blick auf die sonderbaren Körperproportionen – den zu groß geratenen Rumpf und die zu kurz geratenen Beine – des Kunden setzte er hinzu: »Ich fürchte nur, wir haben nichts, was Ihnen ohne Änderungen passen wird.« Ach, sagte Dick, das sei kein Problem, es bleibe noch genügend Zeit – die Hochzeit sei erst »morgen in einer Woche«.
    Und so wählten sie eine Reihe knalliger Hosen und Jacketts, die für die von Dick beschworenen »Flitterwochen in Florida« geradezu »wie geschaffen« waren.
    »Kennen Sie das Eden Roc?«, fragte Dick den Verkäufer.
    »In Miami Beach? Das Zimmer ist schon reserviert. Ein Geschenk von ihren Eltern – zwei Wochen, vierzig Dollar die Nacht. Was sagt man dazu? Ein potthässlicher Zwerg wie der treibt’s mit ’ner Wahnsinnsbraut, die nicht nur pralle Kurven, sondern auch ein pralles Konto hat.
    Während gut aussehende Männer wie Sie und ich …« Der Verkäufer präsentierte ihnen die Rechnung. Dick griff in seine Gesäßtasche, runzelte die Stirn, schnippte mit den Fingern und sagte: »Mist! Ich hab mein Portemonnaie vergessen.« Was sein Partner für ein so durchsichtiges Manöver hielt, dass nicht einmal »der dümmste Nigger« darauf hereingefallen wäre. Der Verkäufer war da anscheinend anderer Ansicht, denn er zückte einen Scheck und zahlte, als Dick einen Betrag einsetzte, der achtzig Dollar über der Rechnungssumme lag, die Differenz anstandslos aus.
    Draußen sagte Dick: »Also, wenn du nächste Woche heiratest, dann brauchst du doch auch einen Ring.« Sie stiegen in Dicks altersschwachen Chevrolet und hielten kurz darauf vor einem Schmuckgeschäft namens Best Jewelry. Nachdem sie dort per Scheck einen diamantbesetzten Verlobungsring und einen ebensolchen Ehering erstanden hatten, fuhren sie weiter zu einer Pfandleihe, um die Sachen so schnell wie möglich wieder loszuwerden. Perry trennte sich nur ungern von ihnen. Die Fantasiebraut hatte es ihm angetan, wenngleich er sie sich ganz anders vorstellte als Dick; sie war weder reich noch schön, sondern vielmehr nett, freundlich und gepflegt, eventuell »eine Studentin«, in jedem Falle aber »der eher intellektuelle Typ« – die Sorte Frau, von der er immer schon geträumt, die er aber nie gefunden hatte.
     
    Wenn man einmal von Cookie absah, der Schwester, die ihn nach seinem Motorradunfall im Krankenhaus gepflegt hatte. Ein prima Mädchen, diese Cookie, und sie hatte ihn gemocht, ihn bedauert und bemuttert, ihn angeregt, »seriöse Literatur« zu lesen – Vom Winde verweht, This Is My Beloved. Es war zu seltsamen, verstohlenen sexuellen Handlungen gekommen, und sie hatten von Liebe und sogar Hochzeit gesprochen, doch als seine Wunden schließlich verheilt waren, hatte er ihr Lebewohl gesagt und ihr zur Erklärung ein Gedicht überreicht, das er angeblich selbst geschrieben hatte:
     
    Es gibt Männer, die finden nirgends ihr Glück
    Und fühlen sich immer getrieben,
    Sie lassen gebrochene Herzen

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