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Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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tippen.
    »Das glaubt uns echt keiner.«
    »Keine Sorge, wir haben alle Kamerabilder von Anfang an mitgeschnitten. Bereit? Operation Paparazzo läuft!«
    Tobi bewegt die Joysticks. Der Quadrokopter kommt von der Seite ins Bild geschwebt. Der Opa bemerkt nichts und tippt weiter. Arne lässt den Quadrokopter ein paar Sekunden über seinem Kopf schweben.
    »Schade, dass der Lautsprecher nicht mehr montiert ist. Ich würde jetzt gerne einfach Buh! machen.«
    Auf dem zweiten Laptopbildschirm sind inzwischen die braun-orange gemusterten Vorhänge des Zimmers zu sehen. Anscheinend ist das das Bild der Quadrokopterkamera. Ich weiß nicht, was Reto Diana über die Aktion hier erzählt hat, aber sie scheint sich über nichts zu wundern. Tobi funkelt angriffslustig mit den Augen.
    »Okay, Bügeleisenmann, dann justier mal deinen Herzschrittmacher.«
    Sssummm. Der Quadrokopter beschreibt einen eleganten Halbkreis und bleibt direkt vor der Nase des Mannes in der Luft stehen. Der Opa schaut kurz hoch, dann wieder kurz auf die Schreibmaschine, als brauchte sein Hirn etwas Zeit, um die Information zu verarbeiten. Eine halbe Sekunde später springt er dann aber so heftig auf, dass sein Stuhl umkracht und der Kopfhörer von seinem Kopf fliegt. Die Quadrokopterkamera zeigt sein schreckverzerrtes Gesicht in Nahaufnahme. Die DDR-Brille hängt schief auf seiner schrumpeligen Nase.
    »So, jetzt wieder etwas Abstand gewinnen… fein, und jetzt – Gefechtsalarm.«
    Der Quadrokopter beginnt eine Blitzlichtsalve auf den Stasi-Opa abzuschießen, als wäre er David Beckham, der betrunken im Schottenrock ohne Unterhose vor einem Luxushotel aus dem Auto steigt. Zuerst reißt der Mann geblendet die Arme hoch, dann versucht er, den Quadrokopter zu fangen, was ihm aber nicht gelingt, weil Tobi immer wieder geschickt nach oben ausweicht. Wir können uns vor Lachen kaum noch auf den Beinen halten. Nach einiger Zeit gibt der Opa seine Fangversuche auf und versucht stattdessen verzweifelt, seine Abhöranlage mit Tischdecken, Kissen, Aktenordnern zu bedecken, um sie vor den vermeintlichen Fotos zu schützen. Dabei verliert er seine Brille und tapst schließlich nur noch hilflos herum.
    »Also, ich glaube, er hat jetzt genug.«
    »Ach komm, bisschen noch.«
    »Nein, hör auf.«
    »Na gut.«
    »Jetzt werdet ihr sehen, warum es so wichtig war, dass wir die Aktion um Punkt vier gestartet haben.«
    »Warum denn?«
    »Na, weil unser verehrter Herr Stasimann dann immer lüftet.«
    Die hässlichen Vorhänge rücken immer näher auf dem Monitor. Der Roboterarm kommt ins Bild und zieht einen davon geschickt zur Seite. Der Quadrokopter schlüpft nach draußen. Jetzt sehen wir unseren Hof und unser Küchenfenster auf dem Monitor.
    »Dreh das Ding noch mal um, ich will noch ein letztes Mal sein Gesicht sehen.«
    »Okay… huch!«
    Der Stasimann hat seine Brille wieder auf. Und er steht bedrohlich dicht und hat eine Stange in der Hand.
    »Zieh ihn hoch! Schnell!«
    »Er will nicht! Da stimmt was nicht!«
    Arne stürzt zum Fenster steckt seinen Kopf raus.
    »Ach, du Scheiße!«
    »Was?«
    »Er hat einen Käscher!«
    Einen Sekundenbruchteil später drängeln wir uns alle am Fenster. Tatsächlich. Der Opa hat irgendwo aus dem Nichts einen riesigen Fischkäscher mit Teleskopstange hervorgezaubert und ihn über Tobis und Arnes Flugspielzeug gestülpt.
    »Pfiffig ist er ja. Muss man ihm lassen.«
    »Senkrecht nach unten, Tobi! Und dann seitwärts weg!«
    Einer der vier Rotoren verfängt sich im Käschernetz. Der Quadrokopter neigt sich manövrierunfähig zur Seite. Der Stasi-Opa zieht währenddessen unerbittlich seinen Fang zu sich heran.
    »Das darf nicht wahr sein!«
    »Der soll den nicht kriegen. Alle, nur der nicht!«
    »Rotoren aus!«
    Tobi drückt eine Taste. Die Rotorblätter stehen still. Noch bevor der Opa merkt, was los ist, fällt der Quadrokopter aus dem Käscher heraus nach unten.
    »Rotoren wieder an! Mach hin!«
    Der Quadrokopter fällt schneller und schneller. Die Rotoren beginnen sich zu drehen, aber eine Zeitlang sieht es nicht so aus, als ob sie den begonnenen Sturzflug noch stoppen können. Diana kreischt auf. Erst knapp über dem Boden kommt das Ding zum Stillstand und fliegt langsam wieder nach oben. Der Stasi-Opa streckt noch einmal seinen Käscher aus, aber er hat keine Chance. Der Quadrokopter dreht eine Ehrenrunde über den Hof und landet unter großem Jubel auf unserem Küchenfensterbrett. Wir werfen dem kreidebleichen Senior so lange Kusshände

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