Kaltduscher
Überbringern und tragen Gonzo in die Küche.
»Komm, setz dich erst mal auf deinen Stuhl.«
»Chranz vorsichtig.«
»Tobi, hol mal ein Bier.«
»Kommt schon.«
»Sooo, schön langsam trinken.«
»Der ist einfach nicht RS2-Zielgruppe.«
»PFUIÄÄCH!«
»Um Himmels willen, schmeckt das Bier nicht, Gonzo?«
»Der muss zum Arzt.«
»I’m just a woman in love…«
Ich nehme das Glas und probiere.
»PFUIÄÄCH!«
»Krach, alles klar?«
»WAS IN DREI TEUFELS NAMEN IST DAS?«
»Pinklbräu Easy.«
»Die süddeutsche Antwort auf Jever Light.«
»Unser dickster Food&Beverage-Kunde im Moment.«
»Dafür seid ihr wiederum genau die Zielgruppe.«
»Spätestens wenn unser Spot läuft, muss es euch schmecken.«
»I’m saiiiiiling, I’m saiiiiiling…«
»Ich seh schon, wird noch ein harter Job.«
Amelie kriegt zu viel.
»Ich glaubs einfach nicht! Gonzo gehts schlecht, und jetzt wird er auch noch als Bier-Versuchstier missbraucht. Ihr seid solche Kasper! Bringt ihn jetzt in sein Bett, ich kümmer mich um ihn.«
Wir gehorchen. Und wenn ich ihren Gesichtsausdruck richtig lese, tun wir gut daran.
»Jauuuuul!«
»Kannst du so lange Lambert nehmen, Krach?«
Sie drückt mir tatsächlich ihren Hund in den Arm.
»Sprich einfach ein wenig mit ihm.«
»I want to know what love iiiiis…«
Amelie macht Gonzos Zimmertür zu. Wir setzen uns wieder in die Küche. Elvin und Adrian sind immer noch da. Aber jetzt kenne ich kein Pardon mehr.
»Ihr habt Nerven! Aus dem unendlichen Kosmos der süddeutschen Biere bringt ihr hier ausgerechnet das einzige an, das nicht schmeckt!«
»Jetzt sag doch nicht so was Böses, Krach.«
»Wahrscheinlich habt ihr Gonzos Trauma damit noch mal verschlimmert!«
»Warte, bis die Imagekampagne startet. Dann schmeckt es ganz anders.«
»Nach Nightlife und Party.«
»Hört genau zu: Was RS2 unter den Radiosendern ist, ist dieses Gesöff unter den Bieren! Ich würde es nicht mal mögen, wenn ich halb verdurstet aus der Sahara gekrochen käme UND ES AUS GISELE BÜNDCHENS BAUCHNABEL SCHLÜRFEN DÜRFTE!«
»Jauuuuuuuuuuuul!«
»Tschuldige, Lambert. Du warst nicht gemeint.«
»Hm, Bauchnabel geht nicht. Zu Schöfferhofer, oder?«
»Aber Gisele Bündchen ist schon mal ein Ansatz.«
»Wir haben auf jeden Fall noch eine Menge zu tun. Bis bald, Freunde. Und danke für das Statement, Krach.«
Am liebsten würde ich den beiden ihr Pinklbräu-Easy-Fass die Treppe hinterherschmeißen, aber ich habe die Hände nicht frei. Als Ersatzhandlung brülle ich meine Mitbewohner an.
»Macht, was ihr wollt, aber ich will die beiden nicht mehr sehen!«
»Tja.«
»Und überhaupt, ab morgen wird Wohnung gesucht. Das gilt für alle. Ich will raus hier. Ist mir inzwischen egal, wo es uns hinverschlägt!«
»Also übrigens, irch habe heute noch eine Offerte in Friedrirchshain gefunden.«
»Oh… also, das habe ich jetzt nicht so wortwörtlich gemeint.«
»So?«
»Weißt du, Reto, Friedrichshain, ich meine, einerseits ja, okay…«
»… aber andererseits auch wieder nein.«
»Verstehst du?«
»Friedrichshain, das ist halt einfach – Friedrichshain.«
»Aha.«
»Jauuuuuul!«
Irgendwie mache ich mich immer lächerlich mit meinen Wutanfällen.
Nachdem Tobi und Reto sich ebenfalls davon überzeugt haben, dass mit Pinklbräu Easy nichts zu reißen ist, gehen sie kurzentschlossen mit unserem Bollerwagen los, um ein neues Augustiner-Fass zu besorgen. Ich bleibe mit Lambert auf dem Schoß sitzen. Er schnuffelt ein wenig herum und lässt sich kraulen wie eine Katze. Seltsam. Das tut mir irgendwie gut. War einfach bisschen viel auf einmal heute. Ich sollte das mal sacken lassen:
A) Ich muss mich damit abfinden, dass ich eine Stimme wie Ernie habeBewältigungsstrategie: Macht nichts. Was soll der falsche Stolz? Immerhin verdiene ich jetzt Geld damit. Davon kann Punk-Erwin mit seiner Curtis-Mayfield-Nummer nur träumen.
B) Francescos Zimmer ist hinüberBewältigungsstrategie: Macht nichts. Ist nicht mein Zimmer, und vielleicht kann ich es auch vermeiden, dass ich derjenige bin, der die Sache Francesco beibringen muss. Außerdem hat es ja auch ein Gutes: Die Ukrainer wissen jetzt für alle Zeiten, dass sie keine Kaminöfen im Ganzen auf die Decke krachen lassen dürfen.
C) Keiner weiß, was an Wohlgemuths angeblichen Russen-Heimsuchungen dran istBewältigungsstrategie: Macht nichts. Abwarten.
D) Keiner weiß, wie wir je wieder an fließendes Wasser
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