Kalter Amok
gelbes Foto. Dann kehrte er zu dem roten zurück, atmete schwer, und sein Bauch preßte sich gegen die Schreibtischkante.
»Stuart«, sagte er nach längerem Schweigen, »vielleicht hast du da etwas, was dir weiterhilft. Ja.« Er rieb den fetten Daumen gegen eines der Fotos, als könnte er damit den Farbeffekt des Filters fortwischen, der das Erkennen der Details erschwerte. »Ja, das wäre möglich. Ich glaube nämlich, die Möbel sind von derselben Farbe wie der jeweilige Filter.«
Haydon und Hirsch betrachteten die Fotos, während Mooney erklärend fortfuhr. »Auf den roten Fotos ist die nackte Haut rosa, genau wie es sein soll, wenn man weiße Haut mit einem Rotfilter fotografiert. Aber die Möbel erscheinen in gleichmäßigem, dunklerem Rot. Wenn das ein gewöhnlicher Raum wäre, müßten Teile der Möbel dunkler und andere heller erscheinen, je nachdem, welche Farbe sich mit dem Rot des Filters mischte. Klar? Das gilt auch für die anderen. Hier zum Beispiel sind die Körper gelb, aber die Möbel schimmern gleichmäßig in dunklerem Gold; hier sind die Körper blau, und die Möbel, ja, der ganze Raum erscheinen in gleichförmig dunklerem Blau.«
»Das stimmt«, sagte Hirsch und deutete damit an, daß er Mooneys Folgerung kapiert hatte. »Wenn alles in dem Raum weiß gewesen wäre, würde es im Farbton ungefähr den Körpern entsprechen. Aber die Räume und die Möbel sind gleichmäßig dunkler.«
»Genau«, sagte Mooney. »Also haben wir hier einen roten Raum, hier einen blauen und hier einen gelben, und alle wurden mit den entsprechenden Filtern fotografiert.«
»Oder mit dem entsprechenden Licht beleuchtet und ohne Filter fotografiert«, ergänzte Haydon.
»Ich weiß nicht, ob das diesen Effekt hervorrufen würde.« Mooney betrachtete wieder die Fotos.
»Ich werde es bei Murray im Labor herausfinden. Wir brauchen ohnehin Vergrößerungen.«
»Moment mal«, sagte Hirsch. »Es ist derselbe Raum. Die Möbel sind identisch, sie stehen gleich, es sind dieselben Bilder an den Wänden, dieselben Kommoden, Kleiderschranktüren, alles.«
Wieder beugten sich die drei Kriminalbeamten über das Album, gaben sich die Lupe weiter und betrachteten nacheinander die Fotos. Schließlich richtete sich Haydon auf und warf die Lupe auf das Album.
»Es sind drei verschiedene Räume«, sagte er.
»Quatsch«, erwiderte Mooney zweifelnd.
»Schaut sie doch an.« Haydon zeigte mit dem Bleistift auf eine Kommode im roten Zimmer, Die Spitze wies auf den Griff der mittleren Schublade. »Die Griffe sind so geschwungen, daß man die Finger durchstecken kann.« Jetzt zeigte die Bleistiftspitze auf eine andere Schublade. »Hier ist es dasselbe, wie auch auf allen anderen roten Fotos, aber nicht auf den blauen und den gelben.« Er zeigte auf einen Wecker zwischen den Schnapsflaschen auf dem Nachttisch. »Das hier ist so ein altmodischer, den man aufziehen muß, mit der Klingel obendrauf. Schaut euch die in den anderen Räumen an. Das sind elektrische Uhren. Dann hier: Der Nachttisch im blauen Zimmer ist niedriger als das Bett. Bei den beiden anderen Zimmern ist er ein wenig höher.«
»Aber sie sollten identisch erscheinen«, sagte Hirsch.
Haydon nickte. »Wir haben jemanden unter uns, der schnell begreift.«
Mooney stieß ein zustimmendes Grunzen aus. »Und die Möbel sind nicht billig, das steht fest.«
Haydon stand auf und überließ die Fotos Mooney und Hirsch, die versuchten, einander auszustechen beim Entdecken zusätzlicher Diskrepanzen in den verschiedenen Räumen. Haydon dachte einen Augenblick lang nach, dann nahm er das Adreßbuch und blätterte es durch. Es enthielt nur Vornamen, und alle Telefonnummern hatten auswärtige Vorwahlen. In dem Buch stand nicht eine einzige Nummer aus Houston.
»Leo, wo hast du das gefunden?« fragte er.
Hirsch blickte auf. »In einem Fach hinter einem Haufen von Kleidern in ihrem Schlafzimmerschrank. Das heißt, ich nehme an, es war ihr Schlafzimmer. Es gab noch zwei andere, aber sie sahen nicht so aus, als ob sie ständig bewohnt würden.«
»War es nicht abgesperrt?«
»Was – das Fach? Klar. Ich mußte hinaus zum Wagen und mir ein Brecheisen holen.«
»Ist das alles, was in dem Fach war?«
»Nein. Ich habe hier noch einen zweiten Karton mit Bankauszügen, Einkaufsquittungen und so weiter.«
»Ich glaube nicht, daß wir schon alles haben.« Haydon warf das Adreßbuch auf den Schreibtisch, und Mooney nahm es in die Hand. Er brauchte nicht lange, um zu verstehen, was Haydon
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