Kaltes Blut
haben?«
»Ich kann meine Frage auch erweitern. Wo waren Sie zwischen Donnerstagmittag und Freitagmorgen um zwei Uhr und in der Nacht von Freitag auf Samstag?«
»Mein Gott, das ist ja nicht zu fassen!«, brüllte er. »Sie glauben ernsthaft, ich hätte …«
»Würden Sie jetzt bitte meine Fragen beantworten? Sie können natürlich auch schweigen, was mir dann allerdings zu denken gäbe. Ich kann Sie auch aufs Präsidium vorladen, wenn Ihnen das lieber ist.«
»Ich war zu Hause, ganz einfach. Hier in diesem Haus. Genügt Ihnen das?«
»Vielleicht, wenn Ihre Frau das bestätigt.«
»Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit, ein Alibi vorweisen zu müssen. Natürlich kann sie es bestätigen! Gehen Sie doch raus und fragen Sie sie!«
»Das heißt, Sie waren am Mittwochabend zu Hause und haben das Haus auch nicht mehr verlassen, wenn ich Sie recht verstehe. Und am Donnerstag waren Sie auch den ganzen Tag hier?«
»Nein, natürlich nicht! Ich muss schließlich arbeiten. Ich bin morgens zur Arbeit gefahren und am späten Nachmittag zurückgekommen. Und am Abend war ich hier. Seit heute habe ich Urlaub, und in zwei Wochen reise ich beruflich für drei Wochen in die Staaten.«
»Danke, Herr Malkow, das genügt«, sagte Hellmer mit stoischer Ruhe. »Ich werde Ihrer Frau jetzt die gleichen Fragen stellen.«
»Warum verdächtigen Sie mich eigentlich?«
»Habe ich gesagt, dass ich Sie verdächtige? Wir überprüfen im Augenblick die Alibis aller Männer, die Selina näher kannten, und Sie gehören dazu.«
»Na fein, dann viel Spaß bei der Suche«, stieß er höhnisch hervor. »Denn fast jeder im Reitsportverein hat Selina gekannt!«
Sie begaben sich wieder ins Wohnzimmer, wo in frostiger Atmosphäre Julia Durant auch Helena Malkow noch einige Fragen stellte. Sie sah erst Hellmer, dann Malkow an, dessen Gesicht wie eine große, vollreife Tomate ausschaute, die gleich zu platzen drohte.
»Frau Malkow, ich habe eben Ihren Mann gefragt, wo er in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag und von Donnerstagmittag bis etwa zwei Uhr am Freitagmorgen war …«
»Das geht zu weit«, brauste Helena Malkow auf. »Wenn Sie den Mörder von Selina suchen, dann bitte nicht hier!«
»Wo war Ihr Mann?«, stellte Hellmer seine Frage noch einmal ungerührt.
»Er war zu Hause, wo sonst! Er hat geschlafen. Wieso fragen Sie eigentlich ausgerechnet uns?«
»Weil wir ausgerechnet jeden fragen und Fragen stellen zu unseremBeruf gehört. Wir sind nun mal neugierig. Wo waren Sie denn in der fraglichen Zeit?«, konnte er sich nicht verkneifen hinzuzufügen.
»Jetzt reicht’s!«, schrie sie ihn an. »Ich war in meinem Bett beziehungsweise auf dem Hof, was sicherlich einige Mitglieder bestätigen können.«
»Wenn das so ist … Einen schönen Tag noch, und sollten wir noch weitere Fragen haben, melden wir uns, ansonsten, hier ist meine Karte, falls Ihnen noch etwas einfällt«, sagte er und legte die Karte auf den Tisch. »Auf Wiedersehen. Machen Sie sich keine Mühe, wir finden allein hinaus.«
»Ich wünsche Ihnen viel Glück bei der Suche nach dem Mörder. Sie haben meine volle Unterstützung!«, rief Malkow ihnen zynisch hinterher.
»Danke. Ach Moment, ich hab doch noch was vergessen. Sie haben doch einen Sohn, Thomas. Wo können wir ihn finden?«
»Er wird heute Abend bei uns sein. Aber wenn Sie ihn auch noch verdächtigen, haben Sie Pech, denn Thomas war an beiden Tagen bei uns!«
»Vielleicht beehren wir Sie dann noch einmal. Doch nur vielleicht.«
»Was für ein Haufen!«, stieß Hellmer hervor, als sie wieder im Auto saßen. »Mit den beiden möchte ich nicht unter einem Dach wohnen. Vor allem mit ihr nicht. Die könntest du mir nackig um den Bauch binden, und bei mir würde sich nichts tun.«
»Wie schätzt du ihn ein?«
»Keine Ahnung. Undurchschaubar, und ein Arschloch wie kaum ein zweites.«
»Undurchschaubar finde ich nicht«, meinte Durant. »Der frisst ihr aus der Hand. Du solltest mal ein Buch über Körpersprache lesen. Ich wette, sie hat zu Hause die Hosen an. Ich kann mich meiner Frau nur anschließen! Zweimal hat er das so oder ähnlich gesagt und gedacht wahrscheinlich die ganze Zeit. Sie denkt, und erhat gefälligst das Gleiche zu denken. Ich möchte nicht wissen, wie sie mit den Mädchen umspringt. Dragonerweib! Und wie sich die Aussagen bezüglich Mischner doch unterscheiden. Die Gerber eher neutral, die Kaufmann lobt ihn in den höchsten Tönen, und die Malkow …« Sie winkte ab und fuhr fort:
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