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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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kurz zu machen, es könnte sein, dass Mischner einen Freund hatte, mit dem er ein Geheimnis teilte. Sie werden sicher festgestellt haben, dass Mischner ein eher einfacher Mann war, und wir vermuten, dass er die Vergewaltigung nicht begangen hat, sondern für einen andern ins Gefängnis gewandert ist. Die Gründe dafür kennen wir jedoch nicht. Noch nicht zumindest.«
    »Das haut mich um. Wirklich.« Er schloss die Augen, fasste sich an die Stirn und überlegte krampfhaft. »Nein, ich kann Ihnen da leider nicht weiterhelfen, auch wenn ich es gerne täte. Aber mir fällt da seltsamerweise etwas anderes ein … Ich muss nur mal kurz rekonstruieren.«
    Er schloss erneut die Augen, seine Gedanken waren förmlich zu spüren, mit einem Mal stand er auf, ging an den Aktenschrank und suchte etwas. Nach einer Weile gab er die Suche auf und sagte: »Nein, ich finde es nicht, ich muss es wohl aus dem Gedächtnis erzählen. Im Winter 96/97 ist hier schon mal ein Mädchen verschwunden. Entschuldigen Sie, aber ich hab gerade einen Blackout, obwohl ich damals die ganze Sache aufmerksam verfolgt habe. Ich weiß nur, es war unmittelbar vor Heiligabend. Ich weiß das deshalb so genau, weil dieser Winter mir aus zwei Gründen im Gedächtnis haften geblieben ist, zum einen, weil es ein extrem kalter Winter war, und zum andern, weil sich an Heiligabend diese Frau in der evangelischen Kirche in Sindlingen während des Gottesdienstes in die Luft gesprengt hat. Sie haben sicher von dieser Tragödie gehört, wo sie sich in ihrer Verwirrtheit einen Gürtel mit Sprengstoff oder Handgranaten um den Leib gebunden hat und dabei auch einige andere mit in den Tod gerissen hat.« Er fasste sich an die Stirn, sein Blick ging für einen Moment ins Leere, und er fuhr fort: »Jetzt hab ich’s. Kerstin Grumack, so heißt das Mädchen, das verschwunden ist. Es war am 23. Dezember 96, da wurde sie das letzte Mal gesehen. Der Fall ging damals durch sämtliche Medien, Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen, alle haben darüber berichtet, aber von Kerstin fehlt bis heute jede Spur.«
    »Wie alt war Kerstin bei ihrem Verschwinden?« Durant war wie elektrisiert, alles in ihr kribbelte, eine unbeschreibliche Kälte stieg in ihr auf, sie begann innerlich zu zittern.
    »Vierzehn oder fünfzehn … Ich meine, sie war fünfzehn, aber das müssten Sie doch ganz leicht rauskriegen. Allerdings lebt nur noch der Vater, die Mutter ist kurz nach Kerstins Verschwinden gestorben. Er kann Ihnen mit Sicherheit weit mehr Informationen liefern.«
    Julia Durant erinnerte sich an die Worte von Katrin Laube, die ihr gestern gesagt hatte, sie würde es am liebsten so machen wie diese Kerstin vor ein paar Jahren, einfach abhauen. Warum bin ich nicht gleich draufgekommen! Das würde sogar RichtersTheorie untermauern, dass Selinas Mörder nicht zum ersten Mal getötet hat. Kerstin Grumack, ein Mädchen, das einfach spurlos verschwunden ist. Sie ist tot, es kann gar keine andere Erklärung dafür geben.
    »Vierzehn oder fünfzehn«, wiederholte Durant tonlos. »Wurde damals die Gegend nach ihr abgesucht?«
    »Ob die Gegend abgesucht wurde, kann ich nicht beantworten, doch es waren Kollegen von Ihnen hier, die Eltern wurden befragt und so weiter. Aber es hat in der Familie große Probleme gegeben, weshalb man schließlich davon ausgegangen ist, dass Kerstin es nicht mehr ausgehalten und einfach das Weite gesucht hat, obwohl die Eltern beteuert haben, sie hätten sich zum Beispiel nie gestritten. Ganz im Gegenteil, Herr Grumack hat sich aufopferungsvoll um seine Frau gekümmert, die ein schweres Krebsleiden hatte und daran auch gestorben ist. Kerstin hat die Krankheit zwar furchtbar mitgenommen, aber sie wäre nie abgehauen, dazu hat sie ihre Mutter viel zu sehr geliebt, außer sie wäre mit der Situation nicht mehr fertig geworden und konnte es nicht mehr ertragen, ihre Mutter so leiden zu sehen, was nicht meine Worte sind, sondern die einiger schlauer Psychologen. Ich habe damals die ganze Sache sehr aufmerksam verfolgt, schließlich stammte Kerstin aus unserer unmittelbaren Umgebung. Aber wenn ich’s recht überlege, kommen mir jetzt immer mehr Zweifel an der Theorie, dass sie abgehauen sein könnte.«
    »Hat man bei Kerstin den gleichen Aufwand betrieben wie bei Selina? Eine Hundestaffel zum Beispiel?«
    »Das kann ich nicht sagen. Es war zwar viel Polizei vor Ort, aber die Gegend wurde meines Wissens nicht in dem Maß abgesucht, wie man es am Freitag gemacht hat. Es hat an Heiligabend oder

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