Kaltgestellt
starrte Tweed an und hatte Mühe, ihre Worte zu artikulieren.
»Wann hört dieser Horror denn endlich auf?«, fragte sie. »Wenn wir mit den Amerikanern fertig sind«, sagte Tweed. »Gehen wir lieber wieder zurück ins Hotel. Mir ist so kalt, daß ich mich schon fast wie ein Schneemann fühle.« Sie waren am Ende der Seitenstraße angelangt, als Marler eine Hand hob. Dann zischte er den anderen leise zu: »Die Männer mit den Regenschirmen sind wieder da. Runter auf den Boden!«
Um die Ecke kamen vier Regenschirme, die so eng aneinander gehalten wurden, daß sie die Menschen darunter verbargen. Einen Augenblick lang war Paula wie hypnotisiert von dem seltsamen Anblick dieser dunklen Halbkugeln, die wie eine Phalanx auf sie zukamen. Dann warf sie sich flach aufs Straßenpflaster, wo bereits ihre drei Gefährten lagen. Fasziniert und entsetzt zugleich, beobachtete Paula, wie sich die Schirme in einer Art makabrem Ballett fast gleichzeitig hoben und den Blick auf die Männer darunter freigaben. Die vier trugen dunkle Mäntel und hielten die Schirme in der linken Hand, während sie mit der rechten in Leinentaschen griffen, die der von Marler zum Verwechseln ähnlich sahen. Als die Hände mit erstaunlicher Geschwindigkeit wieder aus den Taschen herauskamen, war in jeder eine Maschinenpistole. Die Läufe der Waffen richteten sich mit genau synchronen, einstudiert wirkenden Bewegungen auf die vier ausgestreckt am Boden liegenden Ziele. Paula griff nach ihrer Browning, aber sie wußte, daß es zu spät war. Was nun folgte, erlebte sie wie in Zeitlupe. Bereits beim Hinwerfen hatte Marler eine Hand in seinen Leinensack gesteckt und eine Handgranate herausgeholt.
»Der Trick funktioniert nicht mehr«, zischte Newman ihm zu. »Das sind dieselben Typen wie das letzte Mal.« Paula spannte alle Muskeln an. Sie wartete auf den Feuerstoß aus den Maschinenpistolen und darauf, daß die Kugeln in ihren Körper schlugen. Marler warf die Granate in einem flachen Bogen mitten zwischen die Männer unter den Regenschirmen. Ein greller Lichtblitz flammte auf, gefolgt von einer lauten Detonation. Zwei der Angreifer taumelten nach rückwärts und fielen mit einem dumpfen Schlag auf das Pflaster. Ein anderer machte ein paar Schritte in die Straße hinein, bevor er ebenfalls zusammenbrach, während der vierte mit dem Rücken an einer Hausmauer nach unten rutschte. Paula hatte durch den Boden die Vibrationen der Explosion gespürt und gesehen, wie die Splitter der Granate kleine Stücke aus den Mauern der umstehenden Häuser gerissen hatten. Drei der Regenschirme lagen zerfetzt zwischen den regungslosen Körpern der Angreifer. Der Mann, der an der Hausmauer zusammengesackt war, hatte noch einen Feuerstoß aus seiner Maschinenpistole abgegeben, aber weil der Lauf nach oben gerichtet gewesen war, hatte er damit nur das Glas einer Straßenlaterne getroffen, dessen Splitter jetzt zwischen den Toten lagen. »Los, verschwinden wir von hier!«, sagte Tweed und sprang auf. Dabei kam er auf dem Glatteis so ins Rutschen, daß es ihn um ein Haar wieder hingeworfen hätte.
»Das Polizeipräsidium ist hier ganz in der Nähe. Auch wenn die Häuser den Knall gedämpft haben, möchte ich kein Risiko eingehen. Wir gehen auf der anderen Straßenseite zurück.« Mit Paula an seiner Seite überquerte er die Straße. Marler und Newman folgten ihnen.
»Von wegen Trickgranate«, sagte Marler zu seinem Kollegen. »Das war die volle Packung. Auf mich kann man sich verlassen.«
»Sie haben uns allen den Arsch gerettet«, sagte Newman bewegt. Paula hielt sich an Tweeds Arm fest und deutete hinüber auf die andere Straßenseite, wo der vierte Schläger zusammengebrochen war. Sein Schirm, der als einziger heil geblieben war, lag auf der hingestreckten Leiche und verdeckte sie halb. Für Paula sah es fast so aus, als hätte sich jemand unter seinem Regenschirm schlafen gelegt. »Was für ein groteskes Bild«, flüsterte sie, während sie mit einem Schaudern die Blutspritzer auf einem Schaufenster hinter dem Mann betrachtete. Auf der kalten Scheibe waren sie sofort gefroren und sahen jetzt wie die Finger einer dunkelroten Hand aus. Tweed zog Paula sanft weiter in Richtung Hotel. Kurz davor blieben sie stehen und klopften sich den Schnee von den Mänteln, bevor sie die warme Halle betraten.
»Himmlisch«, sagte Paula leise. Der Portier kam hinter der Empfangstheke hervor und holte ihnen den Lift, der zum Glück auch gleich kam. Als sie alle zusammen in seinem Zimmer
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