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Kalymnos – Insel deines Schicksals

Kalymnos – Insel deines Schicksals

Titel: Kalymnos – Insel deines Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hampson
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gar nicht seinen zärtlichen und doch fordernden Küssen, mit denen er jetzt ihre Lippen bedeckte.
    Wenn er bloß nicht so verdammt selbstgefällig gewesen wäre! Denn kaum war Julie im Begriff, erneut sämtliche Hemmungen fallen zu lassen, da brachte sie seine Stimme auf den Boden der Tatsachen zurück. „Deine Ausrede mit dem Tee war nicht sehr originell. Willst du mir nicht sagen, warum du vergangene Nacht vor meiner Zimmertür gewartet hast?"
    Warum fragte er überhaupt, wenn er die Antwort schon zu wissen glaubte?
    Selbstzweifel schienen diesem Mann absolut fremd zu sein, und das brachte Julie derart in Rage, dass sie sich zu einer Antwort hinreißen ließ, die sie, kaum war sie ihr über die Lippen gekommen, bitter bereute. „Aus Mitleid."
    Doneus wirkte benommen, als hätte ihm jemand einen Kinnhaken verpasst. „Mitleid?"
    wiederholte er fassungslos. „Das empfindest du für mich?"
    Auch wenn ihr entgangen wäre, dass er unter seiner sonnengebräunten Haut aschfahl geworden war, hätte Julie gewusst, wie sehr sie ihn gekränkt hatte. Er wandte sich von ihr ab und lief ruhelos in dem kleinen Zimmer auf und ab.
    Plötzlich drehte er sich um und warf Julie bitterböse Blicke zu. „Dein Mitleid kannst du dir sparen", herrschte er sie an und verschwand in seinem Zimmer, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
    Julie zitterte am ganzen Körper, so sehr wurde sie von Selbstvorwürfen gequält. „Aber wenn es doch stimmt?" versuchte sie ihr Gewissen zu beruhigen. Ihren Verstand vielleicht, aber ihr Herz konnte sie nicht so einfach täuschen. Und in ihrem Herzen empfand sie nichts als Beschämung darüber, dass sie Doneus das hatte antun können.
    Dabei hatte sie sich doch geschworen, ihn niemals merken zu lassen, wie sehr sie ihn bemitleidete!
    Warum habe ich ihn nicht in dem Glauben gelassen, dass ich mich nach ihm gesehnt habe? warf sie sich vor. Aber nun war es zu spät, und sie konnte nur hoffen, dass Doneus über den Schmerz hinwegkam - auch wenn sie sicher war, dass er ihr nie verzeihen würde.
    Am nächsten Morgen beim Frühstück kam Doneus direkt zur Sache. „Ich verlange augenblicklich eine Antwort", forderte er unerbittlich. „Hast du alles wirklich nur aus Mitleid getan? Dich mit mir unterhalten? Mit mir zusammen lange Spaziergänge unternommen? Mir angeboten, mit deinem Geld das Haus zu renovieren? Und vergangene Nacht - alles nur aus Mitleid?"
    „Du musst mich verstehen, Doneus ...", begann Julie stockend und ein wenig ängstlich. Denn so wütend hatte sie ihn noch nie erlebt. Und wenn sie sich je gefragt hatte, ob dieser Mann auch dunkle Seiten hatte - jetzt wusste sie die Antwort. „Aber als ich gesehen habe, in welch ärmlichen Verhältnissen du lebst..."
    Allein der Gedanke an den Schock, den ihr der erste Eindruck versetzt hatte, ließ sie in Tränen ausbrechen. Von ihren widersprüchlichen Gefühlen für ihren Mann und von seinem gefährlichen Beruf ganz zu schweigen.
    Weil sie außer Stande war, in Worte zu fassen, was in ihr vorging, konnte Doneus ihre Tränen nicht anders als Tränen des Mitleids begreifen. Wutentbrannt sprang er auf, trat neben ihren Stuhl und zwang Julie, aufzustehen und ihn anzusehen.
    „Ich will dein Mitleid nicht, begreifst du das endlich?" Seine Stimme überschlug sich fast, und seinem Gesicht war all seine Wut und Enttäuschung anzusehen. „Wie kann man nur so falsch und verlogen sein? Ich verabscheue dich, Julie. Dabei hatte ich Narr mir eingebildet, ich könnte dir vertrauen. Wie kurz stand ich davor, dir die ganze Wahrheit zu erzählen. Aber jetzt?" Er unterbrach sich und machte eine abfällige Handbewegung.
    „Hiermit entbinde ich dich von deinem Ehrenwort, Julie", sagte er förmlich. „Du kannst nach England zurückkehren, wann immer du willst. Und um es ganz deutlich zu sagen: Je eher du von hier verschwindest, desto besser."
    Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und verließ das Haus, Jason an seiner Seite. Wenige Augenblicke später hörte Julie, wie Doneus die Wagentür mit aller Kraft zuschlug, den Motor des Wagens aufheulen ließ und dann mit quietschenden Reifen davonfuhr.
    Wie versteinert blieb sie am Tisch sitzen. Hatte er wirklich gesagt, sie könne nach Hause fahren? Wann immer sie wolle? Warum hatte er dann aber so hartnäckig darauf bestanden, sie zu heiraten, wenn er sie bei der ersten Gelegenheit wieder davonjagte?
    Hatte sie ihn denn so sehr gekränkt, dass selbst der Wunsch nach Rache und Genugtuung unwichtig wurde? So

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