Kammerflimmern
Vater es hätte tun müssen.
Er war bereits reich, das kurze Codewort war die Bestätigung dafür, dass alles unter Dach und Fach war.
Die europäische Verkaufsoption, die er im März erworben hatte, gut getarnt durch Helfershelfer, hatte das Schlussdatum noch nicht erreicht. Was sie betraf, hielt er noch nichts für selbstverständlich.
Das Shorting dagegen war ein Erfolg gewesen. Durch drei Strohmänner und ein raffiniertes Manöver hatte er Mercury-Medical-Aktien zu einem Wert von 240 Millionen Kronen geliehen. Er hatte sechs Millionen für die Leihgabe bezahlt und die Aktien sofort verkauft. An diesem Tag hatten seine Kontaktleute eine entsprechende Anzahl Aktien gekauft, um sie ihren rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben, genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Aktie um zwanzig Prozent gefallen war. Die Differenz zwischen Verkauf und Kauf belief sich auf 48 Millionen Kronen, und auch nach Abzug der sechs Millionen, die er für Leihen und Hilfe bezahlt hatte, besaß er mehr Geld, als er sich je erträumt hatte.
Er hatte nur auf Verkaufsoptionen setzen wollen, auf Puts, aber die Versuchung war zu groß geworden, als Erik Berntsen gestorben war: Das Virus funktionierte.
Sara Zuckerman hatte den ICD erhalten, wie es geplant war.
Dr. Zuckerman war eifrig, tüchtig und besaß einen fachlichen Stolz, der sie unfähig machte, andere ihre Angelegenheiten für sie klären zu lassen. Sie war wegen ihrer Alleingänge berüchtigt: Sogar an der Cleveland Clinic hatte sie als junge Ärztin zwei Konfrontationen mit der Krankenhausleitung durchgestanden, ehe sie in den Rängen aufgestiegen war und machen konnte, was sie wollte. Wenn das Virus nicht von ihr entdeckt würde, wäre es unmöglich, die Folgen zu berechnen. Irgendjemand würde natürlich früher oder später Alarm schlagen. Zum Glück war das nicht zu vermeiden, wenn FUCK YOU in der Spalte für die Personalien leuchtete. Dennoch konnte niemand sicher wissen, wie mit der Sache umgegangen werden würde.
Es konnte lange dauern. Es konnte entsetzlich lange dauern, und der Fall konnte mit dem üblichen grauen Nebel aus Schweigepflicht, Bürokratie und Korpsgeist umhüllt werden, der sich so oft um begangene Fehlgriffe legte.
Sara Zuckerman dagegen gab ihm die benötigten Wahrscheinlichkeiten.
Die Versuchung wurde zu groß, er hatte geshortet, und jetzt hatte er gewonnen.
Und noch immer stand the put aus.
»Ich fahre nach Denver«, sagte Otto Schultz plötzlich. »Da werden alle sein, und es ist besser, den Stier bei den Hörnern zu packen.«
»Ich bleibe zu Hause, es wäre nicht richtig, jetzt wegzufahren, wo ...«
»Alles klar. Keep me posted.«
Der Bildschirm flimmerte und wurde dunkel.
»Flower«, dachte Morten Mundal.
Was für ein alberner Code.
Was für ein wahnwitziger Tag.
16.10 Uhr
Flughafen Gardermoen, nördlich von Oslo
»Herrgott, was für ein Verkehr«, sagte Sara, als Ola verbotenerweise am Straßenrand vor dem Flughafengebäude hielt. »Gut, dass du darauf bestanden hast, einen Zeitpuffer zu haben.«
»Zeit ist etwas, wovon wir ausnahmsweise jede Menge haben«, sagte er. »Und wenn du die Bahn genommen hättest, wärst du schon vor einer Stunde hier gewesen.«
»Kann die Bahn nicht leiden«, sagte sie kurz. »Du bist ein Engel, dass du mich gefahren hast. Deine Musikauswahl ist ein wenig einseitig, aber ansonsten vielen Dank.«
Ola hatte nur CDs von Elvis Presley im Auto.
»Und jetzt versprich mir, dir nicht so große Sorgen zu machen. Sowie ich wieder zu Hause bin, werde ich Ordnung schaffen. Verlass dich auf die gute alte Sara, Ola.«
Sie öffnete den Sicherheitsgurt, beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange. »Und du hast es ja selbst gesagt: Im GRUS sind wir jetzt Helden.«
Er lächelte widerwillig.
Am Vormittag war er im Krankenhaus gewesen, um seine Turnschuhe zu holen. Er hatte für die wenigen Meter vom Foyer bis zu seinem Büro eine halbe Stunde gebraucht, alle hatten mit ihm reden wollen. Die Leute waren neugierig, alle, die er traf, klopften ihm auf die Schulter und lächelten ihn strahlend an. Petter Bråten hatte ihn zu seinem Büro begleitet und erzählt, dass nur Lars Kvamme und zwei weitere Oberärzte von der Medizinischen Abteilung sich über die Beurlaubungen zu freuen schienen.
»Ein gesichertes Einkommen wäre mir lieber als ein Heldenstatus«, sagte er.
»Sei nicht so negativ.«
»Du hast gut reden. Du schwimmst in Geld und ...«
»Ich schwimme in Geld?«
Ihre Stimme hatte jetzt eine dunkle
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