Kammerflimmern
wir eine Verbesserung erfinden, können Patienten in der ganzen Welt die Neuentwicklung in ihre phantastischen implantierten Herzstarter von Mercury Medical herunterladen.
Er ertappte sich dabei, dass er laut redete, als er auf dem Bildschirm auf das Icon für neue Software klickte. »Kein Grund zur Besorgnis.«
Warning: Do you want to transfer this file to ICD?
Die Frage stand in fetter gelber Schrift quer über dem gesamten Schirm.
»Ja«, flüsterte er und drückte auf Yes .
Das Summen im Raum wurde lauter.
David Crow hatte also vor vier Jahren ein Programm entwickelt, das sich auf einen Mercury Deimos überführen ließ. Ein Programm, von dem Peter nichts wusste. Ein Programm, das nirgendwo registriert war.
Peter programmierte den Simulator ein weiteres Mal. Der Bildschirm zeigte, worum er gebeten worden war, eine normale Sinuskurve mit normaler Frequenz.
Für genau dreißig Sekunden.
Peter brach der kalte Schweiß aus.
Der ICD fing an, das Herz zu stimulieren. Obwohl der Simulator die Rolle eines gesunden Menschenherzens perfekt spielte, mit normalem Puls und Sinusrhythmus, sandte der kleine Herzstarter elektrische Impulse in einem Rhythmus von 350 pro Sekunde aus.
Kein Herz konnte das ertragen.
Der Simulator auch nicht.
Er fing an zu flimmern.
»Shit«, fauchte Peter Adams. »Fucking shit!«
Er machte einen unsicheren Schritt zurück, hielt seinen Blick aber weiterhin auf den Bildschirm gerichtet. Der ICD fing plötzlich an, seine Pflicht zu tun, als versuchte er schuldbewusst, Ordnung zu schaffen.
Dreimal verpasste er dem Pseudoherzen einen kräftigen Stoß.
Drei kräftige Stöße hintereinander.
Das half nichts. Der Bildschirm zeigte eine horizontale ununterbrochene Linie.
Der imaginäre Patient war tot.
Fünf Stunden später, als sich die Zentrale wieder mit den eifrigsten Frühaufstehern füllte, hatte Peter Adams durchschaut, was David in den langen Nächten allein im Labor produziert hatte. Vermutlich hatte das alles ein Jux sein sollen, dachte er. Ein Spaß. ktmfsetup.exe war nur ein witziges kleines Programm, ein Spiel, um Simulatoren zu killen. Eine absurde Idee, auf die nur David Crow hatte kommen können.
Als Peter endlich das Datenzäpfchen aus seinem eigenen Laptop ziehen und in die Tasche stecken konnte, wurde ihm plötzlich klar, dass der Name des Programms kein Zufall war.
ktmfsetup.exe.
»K-t-m-f«, buchstabierte er, als er im Labor das Licht löschte, die Tür hinter sich zuzog und sie abschloss.
KTMF.
Er erstarrte.
»Kill those motherfuckers.«
Das war der letzte Satz, den Peter Adams von David gehört hatte, als der brillante Knabe gefeuert worden war, den Scheck an sich gerissen und danach die Beine in die Hand genommen hatte.
Sie hätten sich nie auf einen Mann wie David Crow verlassen dürfen. Er, Peter, war verantwortlich dafür, dass sie es getan hatten, trotz allem, was dagegen sprach.
Er war schuld.
5.56 p.m.
Mercury Medical Zentrale, Manhattan, NYC
Otto Schultz war niemals blass. Er war auch nicht vulgär gebräunt, was seiner Ansicht nach ein Hinweis auf zu viel Freizeit und Trägheit und damit ein Stigma gewesen wäre. Sportlich frisch, dachte er zufrieden, wenn er sich morgens rasierte und sein Spiegelbild musterte. Seine Hautfarbe sprach von langen Samstagen auf der Golfbahn und Segeltörns am Sonntag, wenn der Wind es zuließ. Im Winterhalbjahr musste er ab und zu auf das Solarium zurückgreifen, aber das wusste nicht einmal Suzanne.
Sein durchtrainierter kräftiger Körper, die konservative Kleidung und der graue Haarkranz um den glatten Schädel sendeten dasselbe Signal aus wie der gesunde Teint. Otto Schultz war ein Mann mit großer Kraft und absoluter Kontrolle über sich und andere.
Jetzt, nach drei Viertelstunden des Gesprächs, das er Peter Adams endlich bewilligt hatte, war Otto Schultz in sich zusammengesunken. Sein Bauch hing mehr als sonst, und die Falten zwischen Nasenflügeln und Mund waren jetzt so tief, dass sie ihn alt aussehen ließen. Sogar schwach, dachte Peter überrascht und spielte mit dem Gedanken, dem Mann ein Glas Wasser anzubieten.
»So ist es also«, sagte Peter. »Ich habe die ganze Nacht und noch den halben Tag mit diesem Programm verbracht, und es gibt keinen Zweifel.«
Otto Schultz kniff sich in die Nasenwurzel und schloss die Augen, wie um klarzustellen, dass er nachdachte. »Es ist vier Jahre her, dass wir den Idioten gefeuert haben«, sagte er endlich und zog an seinem Schlipsknoten, ehe er aufstand und
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