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Kann denn Fado fade sein?

Kann denn Fado fade sein?

Titel: Kann denn Fado fade sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Zacker
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Ingenieur« ( senhor engenheiro ) eher weniger – und wenn, dann aus dem Skiurlaub in Österreich. Hier wie dort legt jeder großen Wert darauf, entsprechend angeredet zu werden. Senhores doutores gibt es in Portugal übrigens zuhauf. Das liegt aber nicht daran, dass hier jeder promoviert, sondern dass man sich bereits nach dem Staatsexamen ( licenciatura ) so nennen darf.
    Nur am Telefon sind die Portugiesen alle gleich: Sie melden sich lediglich mit estou oder estou sim (ausgesprochen »schto« oder gar nur »to« – Sie erinnern sich: das Anfangs-E!). Das heißt lediglich »ich bin es« beziehungsweise »ich bin es – ja?«. Wer es dann ist – das muss man dann selbst herausfinden!
    Wirklich monatelang bin ich der festen Überzeugung gewesen, dass António sich am Telefon mit der Kurzform seines Namens meldet. Die heißt nämlich ebenfalls »Tó« und wird genauso ausgesprochen wie das estou . Ich merke erst, dass es sich um das portugiesische »ich bin’s« handelt, als der Techniker von der PTelecomsich bei seinem Kontrollanruf eben mit diesem estou meldet. Der Himmel bewahrt mich davor, diesen Herrn in einen Smalltalk zu verwickeln und darauf hinzuweisen, dass er ja wohl den gleichen Vornamen trägt wie »mein« António …
    Portugiesen gelten wirklich als ganz besonders höflich. Zumindest die im Zentrum und im Süden des Landes. Seine Landsleute im Norden allerdings, so sagt António und manch anderer, der nicht von da kommt, seien ruppiger und neigten zu rüdem Sprachgebrauch. Den verstehe ich glücklicherweise allerdings nur rudimentär. Beim Fußball jedoch sind alle Portugiesen außer Rand und Band – ob im Norden oder Süden, ob auf dem Land oder in der Stadt. Ohne Ausnahme.
    Kleine Notiz am Rande
    Mit meinem Liebsten gehe ich ganz am Anfang mal ins Estádio da Luz – das Stadion des Lichts. Allzu hell leuchtete es da allerdings nicht: Erstens spielte »sein« Verein an diesem Tag nicht besonders gut; zweitens führte das dazu, wie ich mit leichter Verspätung, dann aber mit umso mehr Vergnügen feststellte, dass António die Situation höchst peinlich wurde. Rund um uns sitzen nämlich fanatische Benfiquistas (also Anhänger des SL Benfica, dem das Estádio da Luz gehört). Von denen wird die gegnerische Mannschaft, der FC Porto, der Intimfeind Benficas, aufs Wüsteste beschimpft. Ein paar Ausdrücke verstehe sogar ich: Filho da puta , also Hurensohn, ist noch eines der harmloseren Schimpfworte. António beschwört mich, so etwas bitte niemals im Privaten zu gebrauchen. Nicht mal beim Autofahren.
    Wenn man ein paar Brocken Portugiesisch kann, hat man die besten Chancen, wirklich gut bei seinem Gegenüber »anzukommen«. Ich merke das daran, dass ich beim Treffen mit wildfremden Menschen, ob Männlein oder Weiblein, nach den ersten paar Worten auf Tuchfühlung gehen muss. Oder besser darf? Egal: Es ist schon ein wenig befremdend, selbst wenn man aus der Bussi-Bussi-Hauptstadt München kommt, dass einen sowohl Chefs (in dem Fall der von António) als auch Makler (bei unserer Wohnungssuche) oder Bankangestellte (nach Einrichtung des Kontos und Abschluss einer Versicherung) beim zweiten Treffen nicht mit Handschlag, sondern mit Küsschen begrüßen. Oder sie warten gar nicht mal das zweite Treffen ab – wie unsere Maklerin –, sondern küssen schon bei der Verabschiedung nach dem ersten Treffen.
    Beim förmlichen »Sie« dagegen bleibt man – merkwürdigerweise und für mich sehr ungewohnt – lange: Ich kenne jetzt, nach fast acht Jahren im Lande, etliche Portugiesen, denen ich herzlich verbunden bin – trotzdem siezen wir uns. Auch untereinander neigen die Portugiesen nicht sofort zum »Du«. Es gibt Nachbarn, die sprechen sich zwar mit Vornamen an; aber sie sagen nach zwanzig Jahren enger Nachbarschaft, mit gemeinsamen sardinhadas und anderen kulinarisch-festlichen Vergnügen, immer noch »Sie« zueinander. Da lauert für mich so mancher Fettnapf. Vor allem auch deshalb, weil ich ja mit meinem Liebsten Englisch spreche und wir Deutschen das »you« ja gern mit »Du« gleichsetzen.
    Ebenfalls immer wieder erstaunlich für mich: Selbst innerhalb der Familie siezt man sich oft. António etwa sagt »Sie« zu seiner Mutter, Dona Deolinda findet das völlig normal. Und ich lerne, auch im Unterricht von Dona Carmo: Man zeigt Respekt und Ehrerbietung durch das »Sie«. Man zeigt das aber auch, indem man ältere Damen nicht lediglich mit Dona anspricht, sondern sie mit Senhora Dona tituliert.
    Meine

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