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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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mich, Mrs Yount, meine persönliche Garantie – zwölftausend.«
    »Sind da auch diese Dingsda, diese elektrischen Sachen mit drin?«
    »Die Verkabelung. Ja, da ist alles mit drin, was wir besprochen haben.«
    Arabella hatte vor, einige Veränderungen in ihrem Ankleidezimmer und in Joshuas Zimmer vorzunehmen. Die Beleuchtung in ihrem Ankleidezimmer war nicht zufriedenstellend. Arabella fand, dass die hellen Lampen an den Spiegeln dort bewirkten, dass ihr Gesicht ganz abgeflacht aussah und sie dadurch einem Eskimo ähnelte.
    »Ich sollte das wahrscheinlich mit Roger besprechen. Aber ich habe keine Lust dazu. Also gut. Wann, hatten Sie gesagt, können Sie anfangen?«
    Zbigniew hatte sich mit den Eigenheiten seiner britischen Kundschaft gründlich auseinandergesetzt. Er wusste, dass die Handwerker in diesem Land einen ganz bestimmten Ruf hatten: Sie waren teuer und faul, sie waren nie da, wenn man sie brauchte, sie machten sich im Haus breit und verhielten sich, als gehöre es während der Arbeitszeit ihnen, und am Ende ließen sie ihre Arbeit halb fertig zurück und verschwanden, um einen anderen Job zu erledigen, so dass sich der letzte Arbeitsabschnitt über Monate hinzog. Er hatte sich von Anfang an vorgenommen, immer das genaue Gegenteil davon zu tun und nie auch nur ein Jota von dieser Firmenpolitik abzuweichen. Also sagte er, obwohl er bereits einige Termine in seinem Kalender stehen hatte: »Nächste Woche.«
    »Fantastisch«, sagte Arabella und strich sich die Haare hinters Ohr. »Wunderbar! Das ist wirklich klasse!«
    Arabella hatte die Angewohnheit, die Dinge zu übertreiben. Sie hatte diese Angewohnheit so verinnerlicht, dass sie oft selbst nicht mehr genau wusste, wann sie nun über eine Sache nur leicht erfreut oder tatsächlich von ihr begeistert war. Das war genauso wie beim »Greshamschen Gesetz«: Die billige Währung – die Übertreibung – vertrieb allmählich die wertvolle Währung – die wahren Gefühle. Aber in diesem Fall freute sie sich wirklich. Siewollte die Umbauten in ihrem Zimmer unbedingt, und sie wollte sie so bald wie möglich. Und sie war froh, dass Bogdan dafür Zeit hatte, denn – von allen Übertreibungen mal ganz abgesehen – sie mochte Bogdan und vertraute ihm.
    »Ich sollte jetzt besser gehen«, sagte Zbigniew/Bogdan. Er nahm den Notizblock und den Stift und steckte sie in seine Tasche. »Bis nächste Woche?«
    »Vielen, vielen Dank! Ja, bis nächste Woche. In aller Herrgottsfrühe. Wunderbar! Vielen Dank, Bogdan!«
    Er hängte sich die Tasche über die Schulter und ging auf die Straße hinaus. Draußen regnete es, und es war kalt, aber längst nicht so schlimm wie in Polen. Einige der Häuser waren weihnachtlich geschmückt. In ein paar von ihnen hatte Zbigniew während des vergangenen Jahres einige Arbeiten gemacht. Er ging gerne an Orten vorbei, wo er etwas gemacht hatte. Er vergaß kein einziges Arbeitsprojekt: Da vorne hatte er das Badezimmer umgebaut, und da drüben war der Dachgeschossausbau gewesen, wo die Leute trotz aller seiner Versuche, sie davon abzubringen, unbedingt eine Dusche installiert haben wollten, weshalb sie Kabel bis nach ganz oben legen mussten, um Strom für den Boiler zu haben. Die Erinnerung an die Arbeit in diesen Häusern steckte eher in seinen Muskeln als in seinem Kopf. Sie war ein ganz und gar körperliches Gefühl. Er konnte sie in seinen Knochen spüren, die Mühe, die Anstrengung, die müden Finger und den schmerzenden Rücken am Ende des Tages. Aber es war kein unangenehmes Gefühl. Von echter Arbeit fühlte man sich hinterher nie schlechter.
    Sein erster Job in London war in einem Arbeitstrupp gewesen, in der Mackell Road, einer Nachbarstraße. Jemand hatte sie an Nummer 54 in dieser Straße weiterempfohlen, und sein alter Kumpel Piotr hatte ihm den Job überlassen. Dafür war Zbigniew ihm auf ewig dankbar. Damals hatte er auch den Spitznamen bekommen, den man ihm hier in London gab. Zu der Truppe hatte ein Bogdan gehört, und der Mann in der Pepys Road hatte die Namenverwechselt. Zbigniew machte sich nie die Mühe, ihn zu korrigieren. Er mochte es irgendwie, Bogdan genannt zu werden. Es erinnerte ihn daran, dass er nicht wirklich nach London gehörte, dass sein Leben hier ein zeitlich begrenztes Zwischenspiel war. Er war hier, um zu arbeiten und Geld zu verdienen und dann zu seinem eigentlichen Leben in Polen zurückzukehren. Zbigniew hatte keine Ahnung, ob er das in einem Jahr oder in fünf oder zehn Jahren schaffen würde, aber er

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