Kasey Michaels
beide allein. Sie werden eine Menge
zu reden haben, und jetzt ist es sowieso zu spät, noch auf Schicklichkeit zu
achten, oder?“
Charlotte
wartete, bis Mrs Buttram gegangen war, dann schloss sie die Tür hinter ihr ab
und drehte den Schlüssel im Schloss. „Wie konntest du, Rafe? Oben hattest du
mir noch versprochen, dass du ...“
„Ich
weiß“, gab er zu und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Wie sollte er
es ihr erklären? „Aber da schienen mir deine Argumente noch vernünftig – ich
meine, dass du dir vorkamst, als wärest du von derselben Sippe gleich zweimal
kompromittiert worden. Also stimmte ich mit dir überein, dass wir in keiner
Zwangslage waren, dass wir weitermachen wie vorher – uns alle Zeit der Welt
gönnen –, aber zum Teufel, mein Kopf schmerzte so höllisch, ich hätte so
ziemlich allem zugestimmt. Aber du hast sie doch gesehen, Charlie! Das Weib
sabberte ja beinahe! Wenn ich nicht das Wort Verlobung gesagt hätte, hätte sie
gekündigt und liefe schon durch Mayfair, um überall zu verkünden, welch ein Sündenpfuhl
dieses Haus hier ist.“
„Nicole und
Lydia!“ Charlotte ließ die Schultern sacken, als sie die Erkenntnis traf.
„Natürlich darf ihnen nicht ein solcher Klatsch anhängen, das konntest du nicht
zulassen, wenn sie doch kommende Saison debütieren sollen.“
Rafe zog
die Brauen zusammen. „Die Zwillinge? Ah, ich sehe, was du meinst. Sicher, es
hätte ihnen den Weg in die Gesellschaft erschweren können. Aber an die beiden
hatte ich nicht gedacht. Ich dachte an dich!“
„An mich?
Um Himmels willen, Rafe, ich bin ein Niemand! Ich war ein Niemand, als ich
debütierte, und bin jetzt nichts Besseres. Ich habe dich nicht gebeten, mich zu
schützen. Und bestimmt bat ich dich nicht, dich für mich zu opfern.“
Da hatte er
es. Nun war wohl Ehrlichkeit angesagt. Auch wenn er sich vermutlich, schätzte
er Charlottes bisherige Reaktion richtig ein, keinen Gefallen damit tat.
„Es ist
kein Opfer. Ich weiß, ich hätte mir keinen schlechteren Zeitpunkt aussuchen
können, aber – ich liebe dich, Charlie. Ehrlich, ich liebe dich.“
Charlotte
schien zwischen Tränen und Zorn zu schwanken. Der Zorn siegte offenbar. „Nein,
Rafe, du hast mich gern, und dafür danke ich dir. Als du den Titel erbtest,
half ich dir, dich zurechtzufinden, dafür bist du mir dankbar. Du willst wiedergutmachen,
was deine Familie mir angetan hat. Und das schätze ich sehr. Möglicherweise
findest du mich auch faszinierend, weil ... ja, weil ich bin, wie ich bin ...
betrachtest mich als Herausforderung für deine Männlichkeit und deine ...
deine ...“
„Überredungskünste?
Verführungskünste?“, warf er hilfreich ein. „Nein, das denke ich nicht.
Ich glaube, es ist viel, viel mehr. Warum kannst du nicht glauben, dass ich
dich liebe könnte?“
„Ah,
da!“ Sie zeigte triumphierend mit dem Finger auf ihn. „Du hast ‚könntest'
gesagt! Du weißt es nämlich nicht, nicht wahr? Nein, sag nichts dazu. Du weißt
es nämlich wirklich nicht. Weißt du, was mit dir los ist, Rafe? Du bist einfach
zu gut! Zu gut! Aber das heißt nicht, dass du die Abscheulichkeiten deines
Onkels und deiner Cousins wiedergutmachen musst. Und ich, ich bin kein armes,
tragisches Opfer, das zu beschützen oder zu retten du dich berufen fühlen
musst. Ich bin ich. Charlotte Seavers, eine erwachsene Frau, und ich musste
schon vor jenem grässlichen Erlebnis in den Ställen lernen, auf mich
aufzupassen. Du kennst mich nicht richtig, Rafe. Du kennst mich nur als deine
Freundin Charlie aus Kindertagen. Auch für Freundschaft gibt es Grenzen. Ich
werde nicht zulassen, dass du dich für diese Freundschaft opferst, um diesen
meinen Ruf zu retten, den andere Männer deiner Familie längst ruiniert
haben.“
Rafe wusste
nicht, was er sagen sollte. Sie hätte ihn
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