Kasey Michaels
warf Tanner das Collier
zu, das der gekonnt auffing. „Hübsche Steinchen, aber aus Glas, tut mir leid.
Dein Cousin, oder was genau er auch für dich ist, muss ein vielbeschäftigter
Mann gewesen sein.“
„Er war ein
Cousin meines Vaters, aber ich kann ja nicht immer ‚entfernter Verwandter‘
sagen“, erklärte Tanner abwesend. Eine ganze Weile fixierte er die Steine,
ehe er das Schmuckstück auf das Löschblatt seines Schreibtischs sinken ließ und
aufstand. „Weißt du, seit dem Tod meines Vaters habe ich dem Schmuck nicht
einen Blick gegönnt, und getragen hat ihn niemand, seit meine Mutter starb.
Aber sie hat außer ‚Malverns Pracht‘ auch kaum einmal ein Teil angelegt. Ganz
vage habe ich manchmal gedacht, dass man die Sammlung vielleicht sicherer
unterbringen sollte, doch da sie all die Jahre wohlbehütet hinter dem Bild
versteckt war ... “
„Wohlbehütet,
außer vor deinem Cousin, nach dem, was Lydia sagte. Wie geht es ihr
übrigens?“
„Wie es
Lydia eben geht. Sie ist gelassen, zumindest äußerlich. Sie hat, glaube ich,
eine Menge erfahren, doch bisher erwähnte sie nur, dass Jasmine ihr
anvertraute, Thomas hätte die meisten Steine der Sammlung ausgetauscht und wäre
möglicherweise deshalb getötet worden. Sie hält es für notwendig, dass Jasmine
selbst mir alles andere erzählt. Sie bemüht sich gerade, sie zu dem Gespräch mit
mir zu überreden.“
„Mit
uns.“
„Nein,
Justin, lieber nicht. Was immer Jasmine mir zu sagen hat, wird sie bestimmt
nicht vor großem Publikum von sich geben.“
„Ah, bin
ich also jetzt zum Publikum verkommen? Das trifft mich bis ins Mark!“ Doch
dann lächelte er. „Aber gut, es ist ja nicht so, als hätte ich nichts zu tun,
oder? Mir scheint, ich muss vorm Dunkelwerden noch einiges in die Wege leiten,
wie Wachen an allen Eingängen aufstellen, da wir nicht wissen, wann unser
Mörder vorsprechen möchte. Geh du zu Lydia. So ruhig sie auch erscheinen mag,
denke ich doch, sie braucht dich.“
„Du musst
dich aber nicht um diese Dinge kümmern, obwohl, wenn ich deine Miene richtig
deute, muss ich annehmen, dass es dir Spaß machen wird.“
„Der Hauch
von Gefahr ... ja, ja, ohne das bin ich nur halb so lebendig, leider.
Vielleicht dachte ich in einem Augenblick des Liebeswahns anders, aber ich
hätte sie nie glücklich gemacht; sie hat den richtigen Mann gewählt.“
Tanner sah
Justin nach, der sich aufmachte, um Lakaien, Stallknechte, Gutsarbeiter und wen
immer er finden konnte, zu mobilisieren, damit sie das ausgedehnte Anwesen in
der Nacht bewachten. Natürlich würde man das auf Dauer nicht aufrechterhalten
können, doch zumindest für die kommende Nacht würde es einige Sicherheit bieten.
Tanner, der
sich fühlte, als wäre er in den letzten paar Stunden um zehn Jahre gealtert,
stand langsam auf und machte sich auf die Suche nach Lydia. Er fand sie
schließlich in den Räumen, die er für sie hatte bereit machen lassen.
Als sie ihn
sah, sagte sie ruhig: „Sarah, du kannst gehen“, und die Zofe knickste und
huschte hinaus. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, da lag Lydia in
seinen Armen und ließ den Kopf an seiner Brust ruhen. Er hielt sie fest an sich
gedrückt und hätte sie am liebsten nie wieder gehen lassen.
Endlich
löste er sich doch von ihr, und sie schaute zu ihm auf, Tränen in ihren schönen
blauen Augen. „Das mit deinem Cousin tut mir so leid, Tanner.“
„Er war ein
Dieb“, erklärte er. Das auszusprechen fiel ihm immer noch schwer, und
schwerer noch, es zu glauben. „Ein Spieler und ein Dieb. Er hat seine eigene
Familie bestohlen. Ich will nicht sagen, dass ich ihn übermäßig gemocht hätte,
aber immerhin
ist er ein Verwandter, und ihn anders zu sehen fällt mir schwer.“ Er schüttelte
den Kopf. „Er war faul und dem Wein zugeneigt, unzufrieden
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