Kasey Michaels
Hände nieder, deren
Knöchel weiß hervortraten.
„Unsere
Bekanntschaft ist noch frisch, Lydia“, sagte Justin endlich, „und doch
kennen Sie mich vielleicht besser als die meisten meiner sonstigen Bekannten.
Das ist ziemlich zermürbend. Ah, und da kommt er, der Duke of Ashurst.“ Er
erhob sich und grüßte auch Rafe mit einer eleganten, nur ganz leicht übertriebenen
Verneigung. „Ich fühle mich geehrt, Euer Gnaden, dass Sie sich herablassen,
mich zu empfangen, obwohl ich wagte, unangemeldet vorzusprechen.“
Rafe sah
Lydia an und lächelte. „Was sagst du, Schwester? Soll ich mit ihm reden, oder
soll ich ihn vor die Tür werfen lassen, weil er ein solcher Esel ist?“
Dann streckte er dem Baron die Hand entgegen. „Gott, wie lange ist es her,
Justin? Aber man sieht es dir nicht an.“
„Dank
meinem Schneider“, erklärte Justin, während er Rafe die Hand schüttelte.
„Ich bin sein Produkt. Wie geht es dir, alter Junge?“
Lydia
schaute zwischen den beiden Männern hin und her. „Ihr kennt euch? Natürlich
kennt ihr euch! Wie dumm von mir!“
„London ist
zwar groß, nicht aber der ton, Lydia. Während meiner ersten und einzigen
Saison, ehe ich Offizier wurde, verkehrten Justin und ich so ziemlich in dem
gleichen Kreis.“
„Wir
lernten uns in einer Spielhölle am Picadilly kennen, soweit ich mich
erinnere“, erzählte Justin. „Du wolltest gerade den Mann, der die Bank
hielt, des Falschspiels bezichtigen, und ich hielt dich davon ab, Rafe.“
„Was mir
vermutlich ein paar gebrochene Knochen ersparte. Ich hatte nicht bemerkt, dass
im Hintergrund zwei bullige Kerle lauerten, die sich jeden, der Ärger machte,
vornahmen. Seitdem spiele ich nicht mehr, außer mit meiner Gattin, und das auch
nur zu winzigen Einsätzen, und zugegeben, sie gewinnt fast immer.“
„Ah, deine
Gattin. Tanner sagt, dass sie dir bald einen Erben schenken wird. Meine
Glückwünsche.“
„Danke. Und
‚bald' ist genau das passende Wort, wie ich vorhin erfuhr. Kaum dass Lydia
morgen in der Kutsche nach Malvern sitzt, werden wir nach Ashurst Hall
aufbrechen.“
„Ja, auch
das hörte ich schon. Übrigens werde ich zu der Gesellschaft gehören, weswegen
ich überhaupt hier bin. Nicht, dass ich nicht entzückt wäre, dein Gesicht
wieder einmal zu sehen! Aber wenn du einen Augenblick Zeit für mich hättest,
Rafe? Ich würde gern unter vier Augen mit dir sprechen.“
Lydia war
nun doch überzeugt, dass der Baron sein Bestes gab, sie an der Nase
herumzuführen. Als der Butler eintrat und den Duke of Malvern meldete, wandte
sie sich rasch um.
Tanner
betrat den Salon lächelnd und mit der lässigen Haltung eines ständigen
Besuchers, blieb aber dann wie angewurzelt stehen und musterte seinen Freund
verblüfft. „Justin?“
„Tanner?“,
entgegnete Justin ebenso fragend und nur mit einem winzigen Anflug von Spott
im Tonfall.
„Rafe ...
Lydia“, grüßte Tanner, während er näher trat. „Ich wollte Lydia in die
Stadt begleiten. Ich möchte ihr einen besonderen Laden zeigen.“
„Einen
Laden? Du willst sie zu einem Laden führen, Tanner? Immer auf Abenteuer
aus, was? Meine Güte, nachgerade extravagant!
Wie aufregend“ Justin hob die Hand an den Mund und tat, als ob er gähnte.
Lydia biss
sich auf die Zunge, um nicht zu kichern, doch Rafe schien es zu merken,, denn
er blinzelte ihr verstohlen zu.
Tanner
überhörte den Sarkasmus. „Vor knapp einer Stunde warst du noch bei mir, Justin,
da hast du nichts von einem geplanten Besuch hier erwähnt.“
„Ach, ich
wette, doch! Du musst es vergessen haben. Aber das frische Pflaster auf deiner
Wange sieht richtig verwegen aus.“ An Lydia gewendet fragte er: „Finden
Sie nicht auch, dass unser Freund verwegen aussieht?“
„Meiner
Ansicht nach sieht er aus, als wollte er dich
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