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Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Titel: Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Anlauff
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besiegten Feind verlassen. Sondern wie jemanden, dem man nicht mehr in die Augen sehen konnte, weil man darin den schwächsten Teil von sich selbst gespiegelt fand. Cäsar, das wusste er, würde ihm von nun an aus dem Weg gehen. Und er würde Cäsar aus dem Weg gehen. Nur um ihm keine Gelegenheit zu geben, über den Vater herauszufinden, was der Vater über den Sohn wusste.
    »Der Mensch vom Balkon war hier«, sagte Bismarck eisig und erhob sich. »Tja, ich dreh dann mal meine Runde.«
    Es sah aus, als ob der Alte Ernst machen wollte. »Er hat sie nicht«, sagte Serrano.
    Bismarck setzte sich wieder. »Natürlich nicht.«
    »Warum, natürlich?«
    »Weil er sie begattet und wieder laufengelassen hätte. Wozu soll er sie einsperren, was soll ihm das nützen? Es wäre doch viel befriedigender, die Freundin seines Rivalen mit dem eigenen Samen im Bauch vor dessen Augen herumspazieren zu lassen.«
    Serrano sah den Alten an, dann senkte er den Blick. Er war der Ältere, Revierkämpfe und Dynastien gingen ihn längst nichts mehr an. In der Nähe des Grabes wehte ein kühlerer Wind, der einen kühleren Kopf machte. Es ärgerte ihn trotzdem, dass er darauf nicht selbst gekommen war. Immerhin, der Kampf hatte, obwohl er Aurelia nicht zurückgebracht hatte, auch sein Gutes. Serranos Stellung war für eine Weile, wenn nicht sogar für immer gesichert.
    »Noch etwas«, sagte Bismarck. »Ich habe nachgedacht, und ich neige dazu, dir recht zu geben. Zweieinhalb Tage Abwesenheit halten sich für eine läufige Katze durchaus im Rahmen, auch drei oder vier. Aber das gilt nicht für Aurelia.«
    Dankbarkeit durchflutete Serrano. Wäre Bismarck nicht seit jeher sein Freund gewesen, in dieser Sekunde wäre er es geworden.
    »Warum nicht?«
    »Ganz einfach, weil sie es nicht nötig hat, Reisen zu unternehmen, um sich schwängern zu lassen. Es gibt nicht mehr viele fruchtbare Kater hier in der Gegend, aber es gibt sie. Und selbst wenn die sich aus Rücksicht auf dich zusammenreißen würden, Aurelia wäre in ihrem Zustand dazu nicht in der Lage. Sie würde im Viertel herumstolzieren wie nur irgendwas. Das geht nicht gegen dich, so ist die Natur.« »Ich weiß«, sagte Serrano. Er bezweifelte, dass er noch vor wenigen Tagen und unter dem Einfluss entsprechender Hormone zu einer irgendwie gearteten Rücksicht bereit gewesen wäre, aber das spielte keine Rolle. Was Bismarck sagte, entsprach seinen eigenen Überlegungen ziemlich genau.
    »Ergo«, fuhr Bismarck fort, »ist sie aus einem anderen Grund verschwunden, oder sie ist krank, oder ...«
    »Sprich weiter.«
    »Sprich du weiter!«
    Serrano war, als ob ein kalter Luftzug über sie hinwegwehte. Vielleicht kam er von dem humpelnden Fremden, der eben mit zwei Mädchen neben dem Flieder stehen blieb. Die Mädchen kannte er. Eins war die Tochter der Frau, die Bismarck allabendlich seinen Hering kredenzte, die andere wohnte im Haus gegenüber, im dritten Stock, und war vielleicht gar keine Geisel, wie Bismarck argwöhnte, sondern die Tochter des Fremden. Haare und Kinn sprachen dafür. Die drei verschwanden im Haus. Bismarck sah ihnen nach.
    »Oder es ist etwas passiert«, sagte Serrano.
    »Wie? Ach ja.« Der Alte sammelte sich.
    »Ich sage dir noch was. Auch wenn ich weiß, dass du es nicht hören willst. Es hat mit dem Fremden zu tun.« Serrano hob enttäuscht den Kopf. Das war Bismarck: In einem Moment klar wie Glas, im nächsten ein schrulliger Alter, der aus einem löchrigen Topf Suppe aus Erinnerungsbrocken, Legenden und Fliederphantasien schöpfte.
    »Ich sehe nicht, was der Fremde mit Aurelia zu schaffen hätte«, sagte er abweisend.
    »Ich auch nicht«, sagte Bismarck. »Nur, dass.«
    »Du magst ihn nicht.«
    »Du etwa?«
    »Ich mag überhaupt keine Menschen.«
    Bismarck schielte ihn von der Seite her an. »Das war mal anders.«
    »Jetzt ist es eben so.«
    »Na gut. Ich werd dich nicht dazu überreden, Menschen zu mögen. Aber auf den da solltest du ein Auge haben.«
    »Warum? Nur weil er auf seinem Balkon herumsteht und komisch läuft?«
    »Weil er ein Fremder ist. Und weil er an dem Tag hier angekommen ist, an dem sich deine Aurelia in Luft aufgelöst hat.«
    »Zufall.«
    Bismarck riss wütend einen Bastfaden aus seiner Matte. »Ich hätte dich nicht für so blöd gehalten, dass du mal ein Sklave des Zufalls wirst. Schon am Freitag habe ich es dir gesagt: Dass dieser Typ Unheil bringt. Für was hältst du das Verschwinden deiner Geliebten? Entschuldige mich, ich verbringe meine Zeit

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