Kein Entkommen
nickte. »Aber wie. Nur die Kleine guckte ein bisschen seltsam aus der Wäsche.«
»Skeptisch?«
»Ja. Einen Augenblick lang habe ich gedacht, ich hätte das Blatt überreizt.«
»Keine Sorge.« Oscar Fine warf einen Blick auf seine Uhr. »Kurz vor zwei.«
Banura grinste. »Showtime.«
43
Das Telefon klingelte, während ich noch auf der Treppe hockte und immer tiefer in meinem Selbstmitleid versank. Ich wusste einfach nicht mehr weiter, nachdem ich das ganze Haus auf den Kopf gestellt und nichts gefunden hatte.
Ich rappelte mich auf und marschierte in die Küche.
»Hallo?« Ich warf einen Blick auf das Display, doch der Anrufer hatte seine Nummer unterdrückt.
»Fahr zur Hölle, Dreckskerl!«, sagte eine Frauenstimme.
»Wer spricht da?«
»Wir wollen keine Mörder in unserer Nachbarschaft«, zischte die Frau. »Wir wissen, wo wir dich finden, du verdammtes Schwein!«
»Das trifft sich gut. Sie haben Ihre Nummer nämlich nicht richtig unterdrückt. Ich rufe gleich mal bei der Auskunft an, welcher Name dazugehört.«
»Was?« Dann wurde abrupt aufgelegt.
Es sah ganz so aus, als hätte ich jemanden ins Grübeln gebracht.
Ich hatte gerade erst aufgelegt, als es erneut klingelte. Vielleicht hatte die anonyme Anruferin gemerkt, dass ich nur bluffte. Diesmal aber war eine Nummer auf dem Display, auch wenn ich sie nicht kannte.
»Mr Harwood?«
»Am Apparat«, sagte ich.
»Hier spricht Annette Kitchner von Good Morning Albany . Wir würden Sie gern für unsere Sendung interviewen und Ihnen Gelegenheit geben, Ihre aktuelle Lage zu schildern.«
»Was meinen Sie genau?«, fragte ich.
»Nun ja, das wäre doch Ihre Chance, sich zu den Anschuldigungen gegen Sie zu äußern.«
»Da wissen Sie offenbar mehr als ich«, gab ich zurück. »Ich wüsste jedenfalls nicht, dass offiziell etwas gegen mich vorliegt.«
Plötzlich meinte ich Natalie Bondurants warnende Stimme zu hören: Leg auf, du Idiot.
Und genau das tat ich dann auch.
Ich machte eine weitere Runde durchs Haus, stieg über herausgerissene Dielen und auf dem Boden liegende Kissen, während ich mich fragte, was um alles in der Welt in mich gefahren war. Anderthalb Stunden lang hatte ich völlig die Kontrolle über mich verloren.
Plötzlich hörte ich jemanden an der Haustür, die ich hinter mir abgeschlossen hatte, als ich nach Hause gekommen war.
»David?«, rief eine Männerstimme.
Es war mein Vater.
Ich entriegelte die Tür und öffnete sie. Dads Augen weiteten sich, als er hinter mich spähte.
»Was ist denn hier passiert?«, platzte er heraus, während er über die Schwelle trat. »Hast du die Polizei informiert?«
»Schon okay, Dad.«
»Okay? Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?«
»Sieht so aus, Dad. Das war ich selbst.«
Mit offenem Mund starrte er mich an. »Was ist bloß los mit dir?«
Ich führte ihn in die Küche. »Kann ich dir irgendwas anbieten?«
Er ließ den Blick durch die verwüstete Küche schweifen. »Das wird eine Menge Geld kosten«, sagte er. »Und deine Versicherung zahlt keinen Cent, wenn du den Schaden selbst angerichtet hast. Bist du verrückt geworden?«
Ich öffnete den Kühlschrank. »Willst du eine Dose Bier?«
Erst schüttelte Dad den Kopf, dann streckte er die Hand aus. »Vielleicht kann ich ja doch einen Schluck brauchen.« Er nahm das Bier entgegen, riss die Lasche auf und nahm einen Schluck. »Ich trinke es aber nur halb aus, wenn’s dir nichts ausmacht.«
Ich nahm eine zweite Bierdose heraus und öffnete sie. Ich nahm einen langen Schluck und sah meinen Vater an. »Tja, sieht so aus, als wären mal wieder ein paar Schönheitsreparaturen notwendig.«
Er schien nicht in der Laune für Witze zu sein. Aber das lag vielleicht auch daran, dass es kein besonders guter war.
»Warum hast du das getan?«, fragte er.
»Ich dachte, Jan hätte vielleicht irgendwo etwas versteckt. Ich kann dir das jetzt nicht genauer erklären.«
»Du lieber Himmel«, sagte Dad. »Aber was wolltest du denn finden?«
»Keine Ahnung«, erwiderte ich. »Ich weiß es nicht.«
Abermals klingelte das Telefon. Ich warf einen Blick auf das Display, erkannte die Nummer aber nicht.
Nach dem dritten Klingeln runzelte Dad die Stirn. »Willst du nicht endlich drangehen?« Als ich immer noch keine Anstalten machte, den Hörer abzuheben, sagte er: »Und wenn es Jan ist?«
Ich nahm ab, auch wenn ich keineswegs Jan, sondern einen weiteren anonymen Anrufer erwartete. »Hallo?«
Die Stimme am anderen Ende erkannte ich sofort.
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