Keine Lady ohne Tadel
ein verhungerndes Tier auf ihn stürzen sollte. Doch sie rührte sich nicht von der Stelle. Ihr Herz klopfte wild. Aber war es nicht genau das, was sie gewollt hatte?
»Verstehst du, ich brauche sie genauso, wie sie mich haben will«, fuhr Stephen fort. Seine Stimme hatte den samtigen Ton verloren, den er so gut einzusetzen wusste, und klang beinahe krächzend. »Und sie soll mir so viel geben, wie sie will. Es ist mir gleich. Ich werde keine Forderungen mehr stellen.«
Bea vermochte ihm nicht in die Augen zu sehen. Verlegen nestelte sie an ihrem Sonnenschirm herum und neigte ihn so tief, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte. »Ich habe den Entschluss gefasst, in mein Elternhaus heimzukehren«, murmelte sie fast unhörbar. Er sagte nichts dazu. Alles, was sie hörte, war ihr eigener Herzschlag und das Getrappel der Ziege, die zur anderen Seite der Weide hinüberwechselte.
»Ist es also zu spät?«, hörte sie ihn fragen. Und seine Stimme klang so trostlos, dass es ihr in der Seele wehtat.
Bea klappte ihren Schirm sorgfältig zu.
Stephen würde immer ein Patriziergesicht haben. Das Gesicht eines englischen Gentleman mit langem Kinn und schmalen Wangen. Lachfältchen um die Augen. Ein hochgewachsener, muskulöser Körper. Er würde immer eine gute Figur machen. Sie erhob ihre Augen zu ihm und schenkte ihm den glühendsten Blick aus ihrem Repertoire.
Er stieß einen heiseren Freudenschrei aus und riss sie so ungestüm in seine Arme, dass der Schirm davonflog.
»Wirst du es tun, Bea, wirst du mich …« Seine Worte ertranken in einem Kuss. Nach einer Weile löste er sich von ihr, doch nur so weit, dass ihre Lippen einander immer noch berührten. »Wirst du mich verführen, Bea? Oder wirst du mir erlauben, dich zu verführen?«
Sie drängte sich an ihn, wollte ihn küssen, doch er beherrschte sich noch.
»Bitte!« Das Drängen in seiner Stimme! »Ich war so ein Idiot, dich abzuweisen. Jetzt werde ich alles nehmen, jede Brosame, die du mir hinwirfst. Natürlich willst du mich nicht umwerben oder heiraten. Aber ich will nehmen, was du mir gibst, Bea. Bitte gib es mir.«
Sie schloss die Augen. Einer der stolzesten Gentlemen des Königreiches lag ihr zu Füßen. »So habe ich das doch nicht gemeint«, flüsterte sie und umklammerte seine Schultern mit aller Kraft. »Ich würde dich schon heiraten …«
»Still!«, mahnte er und streifte mit seinen Lippen die ihren. »Ich weiß, dass du mich nicht heiraten willst. Ich war so eingebildet zu glauben, ich würde für dich in Betracht kommen. Aber nun ist es mir gleich, Bea. Ich … ich möchte nur verführt werden.«
Später würde sie dieses Knäuel von Missverständnissen entwirren. Jetzt aber löste sie ihre Arme von seinem Hals und warf ihm das träge Lächeln einer Kleopatra zu. »Was ist, wenn ich dich zu Dingen verleite, die so gar nicht
gentlemanlike
sind?«
»Das hast du bereits getan«, sagte er. »Denn noch nie habe ich eine junge, unverheiratete Frau gebeten, mich zu verführen.«
»Nun, wenn das so ist …« Sie lachte gurrend. Dann lehnte sie sich an den Baum, sah ihm tief in die Augen und hob ganz langsam ihren gerüschten Unterrock hoch. Darunter trug sie hauchzarte Seidenstrümpfe mit eingewebtem Muster. Die Beine hatte sie an den Knöcheln übereinandergeschlagen. Sie zog ihre Röcke bis über die Knie, damit Stephen ihre blassblauen Strümpfe, die etwas dunkleren Strumpfhalter und einen Streifen ihrer weißen Schenkel bewundern konnte.
Sie sah ihn schlucken. »Bea, was machst du da?« Das Krächzen seiner Stimme war wie eine Warnung.
»Ich verführe dich.« Ihr Lächeln blendete ihn förmlich. Er konnte die Augen nicht von ihren Beinen abwenden.
»Was ist, wenn jemand kommt?«
»Niemand benutzt diesen Weg«, erwiderte sie glückselig. »Er führt nirgendwohin, nur zu der Ziegenweide. Und du und ich sind die Einzigen, die sich jemals für die Ziege interessiert haben.«
Und voller Selbstgewissheit löste sie ihre Beine voneinander und zog die Knie an. Ihre Röcke rutschten auf die Oberschenkel hoch.
»Und wo steckt die verdammte Ziege?«
»Auf der anderen Seite der Weide.« Noch ein wenig höher die Knie, gleichzeitig rutschten ihre Röcke höher und enthüllten weiche, milchweiße Schenkel.
»Wenn ich dich berühre, Bea, dann gibt es kein Halten mehr«, warnte Stephen und sah ihr in die Augen.
Ihr Herz machte einen Satz. »Ich will nicht, dass es ein Halten gibt. Nicht mit dir.«
Er schloss seine Hände um ihre zarten Knöchel. »Das
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