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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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meinen schlicht weggeworfen habe.«
    »Dann sind vielleicht Sie diejenige, die zu sehr auf ihre Schönheit vertraut.« Er legte das Buch hin. »Wollen wir jetzt in den Salon zurückkehren, Lady Beatrix?«
    Sie setzte die Füße auf den Boden und erhob sich. Er sah von seiner Höhe auf sie herunter, und Bea spürte, wie ihre Wangen warm wurden. »Würde ich Esme nicht kennen, dann hätte ich mich gewiss in Sie verliebt, Lady Beatrix.«
    »Ich tauge nicht für einen Mann, dem sein Ruf über alles geht«, entgegnete sie und wandte sich zur Tür.
    Eine große Hand nahm die ihre und zog sie unter seinen Arm. »Aber lange hätten Sie nicht gebraucht, um mich von der Wertlosigkeit des guten Rufes zu überzeugen. Esme hat es nicht einmal versucht, und ich war willens, sämtlichen Anstand über Bord zu werfen, kaum dass ich sie kennengelernt hatte.«
    Sie warf ihm einen fragenden Blick zu, während sie den Korridor hinunterschritten.
    »Damals war sie verheiratet.«
    »Jetzt ist sie es nicht mehr.«
    »Und genau darin liegt das Problem. Ich bin nämlich der festen Meinung, dass Esme mich heiraten soll und niemand anderen.« Er sah sie an. »Ich sage Ihnen dies nur, weil ich nicht möchte, dass Sie sich Sorgen machen, falls ich Ihren geliebten Fairfax-Lacy beseitigen muss.«
    »Beseitigen?«, rief Bea heftig. »Was in aller Welt meinen Sie denn damit, Sir?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich glaube zwar nicht, dass es zu Gewalttätigkeiten kommt. Aber niemand außer mir wird Esme heiraten.«

24
    Am Sterbebett wird Walzer getanzt
    Wenn die eigene Frau im Sterben liegt, fällt es schwer, sich nicht schuldig zu fühlen.
Nein, es ist sogar verdammt unmöglich, sich nicht schuldig zu fühlen,
dachte Rees. Immerhin war er schon jahrelang ihr Mann – fünf oder sechs Jahre, schätzte er. Er hatte Helene von der Schulbank weg geheiratet. Sie waren beide viel zu jung für die Ehe gewesen. Und doch war der Fehlschlag nicht allein seine Schuld, auch wenn sie es steif und fest behauptete.
    Dennoch konnte er sich nicht vorstellen, dass sie plötzlich nicht mehr da wäre. Dass sie ihm keine nörgelnden Briefe mehr schickte oder ihren Abscheu kundtat, wenn sie einander zufällig begegneten. Dass sie ihm keine beißenden Kritiken mehr schickte, wenn er eine neue Komposition herausbrachte, in denen sie den Finger genau auf die Schwachstellen legte und das Gelungene mit keinem Wort erwähnte.
    Verdammt, es war doch nicht möglich, dass sie einfach so sterben sollte!
    Erst vor wenigen Monaten war Rees bei Lady Rawlings gewesen. Damals war Helene ihm kerngesund vorgekommen. Ein bisschen zu dünn vielleicht. Aber sie war ja immer schon schlank gewesen. Nicht wie Lina, die einen üppigen, kurvenreichen Körper besaß. Rees runzelte die Stirn. Es war bestimmt nicht anständig, an die Geliebte zu denken, während er auf dem Weg zum Sterbebett seiner Ehefrau war.
    Erleichterung durchströmte ihn, als die Kutsche endlich vor Shantill House hielt. Nicht, dass er seine Frau liebte – beileibe nicht. Derartige Gefühle hatten in seiner Ehe für ihn keinen Platz. Es war lediglich naturbedingte Sorge, die seine Brust wie eine eiserne Klammer umspannte. Er ballte die Fäuste, hätte vor Wut jemanden anbrüllen können. Wen? Helene etwa, weil sie krank geworden war? Nicht doch!
    Er musste ruhig und gefasst auftreten und ihr etwas Liebevolles sagen. Weil sie im Sterben lag. Weil seine scharfzüngige, frigide kleine Frau im Sterben lag.
    Eigentlich hätte er erleichtert sein müssen. Stattdessen saß ihm ein Kloß im Hals, und er musste sich beim Aussteigen an der Kutschentür festhalten, weil ihm für einen Moment die Knie weich wurden.
    Aus dem missbilligenden Blick des Butlers – Slope, hieß er nicht so? – schloss Rees, dass es ein Fehler gewesen war, sich vor Fahrtantritt nicht umzuziehen. Verlegen fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und zerzauste sie damit nur noch mehr. »Ich will zu meiner Frau«, sagte er schroff, drängte sich an Slope vorbei und stürmte die Treppe hinauf. Er wusste, welches Zimmer Helene bewohnte, wenn sie bei Esme war. Selbstverständlich suchte er sie nie in ihrem Schlafzimmer auf, aber er hatte sich gemerkt, wo es war.
    Von unten hörte er Slope rufen. Rees blieb stehen und funkelte den Butler wütend an. »Was ist denn, Mann?«
    »Die Gräfin hält sich nicht in ihrem Zimmer auf. Sie finden sie im Rosensalon.«
    Rees stutzte. Ein merkwürdiger Ort für eine Sterbende, aber stand es ihm zu, darüber zu urteilen?

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