Kellerwelt
aus dem
Hosenbund. Noch im gleichen Moment richtete er die Waffe auf den Neandertaler,
stützte sie mit der linken Hand ab und betätigte den Abzug. Einmal, dann noch
einmal. Bereits der erste Schuss schaltete sein Gehör aus. Den zweiten Schuss
nahm er nur als ein Zucken der Pistole in seiner Hand wahr. Aus dem Augenwinkel
sah er die Patronenhülsen davonfliegen.
Bereits unmittelbar nach dem
ersten Schuss durchlief den Menschenfresser ein Zittern. Nach dem zweiten
Schuss sackte der Mann zusammen wie eine Marionette mit durchschnittenen Fäden.
Damit war der Weg wieder frei.
Er kümmerte sich nicht um
die Kannibalen, die hinter ihm herannahten, sondern setzte die Flucht nach
vorne fort. Dabei ließ er die Geräusche seiner Verfolger rasch hinter sich. Der
Schusswaffeneinsatz hatte die Meute offenbar eingeschüchtert und ihren
Vormarsch gebremst. Als er schließlich einem weiteren Kannibalen begegnete,
schrie dieser überrascht auf und zog sich sofort in einen Raum zurück, um ihn
passieren zu lassen.
Er konnte sich ein Grinsen
nicht verkneifen. So wurde man also vom Gejagten zum Jäger. Hätte er etwas mehr
Munition gehabt, dann hätte er diese Rolle zu gerne ein wenig ausgebaut. Doch
er musste von hier verschwinden. Auch wenn die Kannibalen keine nennenswerte
Gefahr mehr darstellten - er musste weg.
Schließlich tat sich in der
Wand zu seiner Rechten ein schmaler Durchgang auf. Dahinter führten
Treppenstufen nach unten, geradewegs in die Dunkelheit.
Er zögerte. Eigentlich hatte
er einen Weg nach oben gesucht. Stattdessen ging es nun noch weiter hinab. Doch
ihm blieb kaum eine Wahl. Die Menschenfresser überwanden ihren Schock
allmählich und formierten sich wieder zum Angriff. Er konnte ihr Flüstern und
ihr Scharren hören. Besser, er verschwand von hier, bevor sie ihn in einen
Kampf verwickelten und er am Ende noch erwischt wurde. Außerdem würde ihn dort
unten wohl kaum etwas Schlimmeres als die Menschenfresser erwarten. Er
schlüpfte in den Durchgang.
Die Stufen schienen nass zu
sein. Er musste höllisch aufpassen, um nicht auszurutschen. Weiter unten schien
es ein wenig Licht zu geben. Zumindest nahm er einen fahlen Schimmer wahr. Und
es gab dort unten irgendetwas, das einen entsetzlichen Gestank verströmte.
Zumindest hörte er aber von unten keine Stimmen und keine Bewegungen. Er hörte
lediglich das Plätschern von Wasser.
Und dann rutschte er doch
noch aus, klatschte auf den Hosenboden und schlitterte auf seinen vier
Buchstaben die Treppenstufen hinab.
Kein Durchgang für Entsorger
Weiter. Und immer weiter.
Er wollte sich nicht
umsehen. Er wollte einfach nur die Augen auf den Boden richten, damit ihm der
Anblick dieser Verwüstung erspart blieb. Doch irgendetwas zwang ihn, sich
umzuschauen und diese Bilder in sich aufzunehmen. Und das machte ihn
stinksauer.
Er kochte ohnehin vor Zorn.
Was auch immer hatte schiefgehen können – es war schiefgegangen. Mit dem
Download hatte es angefangen. Irgendetwas hatte nicht korrekt funktioniert. Das
Flackern des Sichtgerätes hatte ihm Schmerzen bereitet und ihn zu Boden
geschickt. So weit, so gut. Doch als er wieder zu sich gekommen war, hatte er
sich kein bisschen erleuchtet gefühlt.
Eine ansehnliche Menge Blut
war aus seiner Nase gesickert und hatte auf dem Boden eine Pfütze gebildet.
Dabei war er lange genug bewusstlos gewesen, um das Blut zu einer zähen
Schmiere eintrocknen zu lassen. Das war länger, als er es sich hätte erlauben
können.
Außerdem dröhnte sein Kopf
und sein linkes Auge schmerzte. Mit seinem Gesichtsfeld stimmte auch etwas
nicht. Zu allem Übel fühlte sich sein gesamter Körper an, als habe er
Zementsäcke geschleppt, ohne sich zuvor aufzuwärmen.
Dies alles deutete auf
Schwäche hin – und Schwäche gehörte nicht gerade zu den Eigenschaften, die
einen guten Entsorger ausmachten. Ein guter Entsorger erfüllte seine Aufgaben.
Er verfolgte und stellte seine Zielperson. Doch er heulte nicht wegen eines
Downloads herum wie ein kleines Mädchen.
Und was hatte er getan? Er
hatte sich von einem Download außer Gefecht setzen lassen und den Boden mit
seinem Blut besudelt. Und nun schlurfte er durch das Reich der Knochenkauer,
als gehöre er selbst zu diesen abgewichsten Kreaturen. Unterdessen hatte seine
Zielperson mehr Zeit als genug gehabt, um sich von ihm abzusetzen. Für ihn gab
es nur einen Trost: Es würde diesem Unrat nicht gelingen, aus dem Reich der
Knochenkauer zu entkommen. Dies war nur mit dem Wissen eines
Weitere Kostenlose Bücher