Keltengrab: Thriller (German Edition)
vergewisserte mich, dass Hut und Handschuhe in den Taschen steckten, und legte ihn mir über den Arm.
Als ich die Haustür öffnete, sauste Boo, den Schwanz senkrecht nach oben gerichtet, an meinem Bein vorbei und verschwand in den warmen Tiefen des Hauses. Für einen Moment überlegte ich, es ihm gleichzutun.
Obwohl die Straße kaum vom Schnee überpudert war, hatte der Nachtfrost sie trügerisch gemacht. Und da meine Fahrt größtenteils über kurvenreiche ländliche Nebenstrecken führte, würde ich anstelle der normalen dreißig Minuten doppelt so lange brauchen.
Wenigstens war Mona nicht dem Wetter ausgesetzt. Ich hoffte, Sherry würde früh mit der Arbeit beginnen, so dass ich sie spätestens bis Mittag zu sehen bekam.
Ich schaltete das Radio ein, um die Siebenuhrnachrichten und den Wetterbericht zu erwischen. Nichts von den Topmeldungen interessierte mich besonders, deshalb stellte ich leiser und wartete bis zur Wettervorhersage, um dann wieder lauter zu machen. Anscheinend stand Tauwetter bevor, keine Gefahr von Schnee, außer in höheren Lagen. Ich ließ das Radio an, während eine Frau einen Überblick über die Morgenzeitungen gab, eine Auswahl an Schlagzeilen und ungewöhnlichen Geschichten. Ich wollte eben den Sender wechseln, um ein wenig Musik zu hören, als die Frau sagte: »Und zu guter Letzt – eine mumifizierte Leiche, die man am Boyne gefunden hat, könnte die Pläne zum Bau eines Hotels verzögern. Wird dies etwa ein Fall von ›Die Mumie – ein Fluch für die Wirtschaft‹?«
Mona schien in den Nachrichten unter der Rubrik »Kurioses« abgehandelt zu werden. Zu meiner Überraschung verkündete die Sprecherin dann aber, es werde in der nächsten Stunde mehr zu dem Fund in Newgrange geben.
Ich schaltete rasch auf einen Lokalsender. Ein vorgefertigter Beitrag über Newgrange war eben zu Ende gegangen, und der Studiosprecher kündigte ein Live-Interview am Telefon an. »… habe ich nun den Geschäftsmann Frank Traynor in der Leitung, auf dessen Grundstück die Leiche gefunden wurde …«
Ich traute meinen Ohren nicht. »Was!?« , schrie ich das Radio an, dann drehte ich lauter, damit ich ja nichts überhörte, was Traynor sagte.
Er säuselte sich durch das Interview. Ja, in der Tat ein faszinierender Fund. Natürlich sei man erleichtert, dass es sich nicht um einen Mordfall handelte. Die Moorleiche sei weggebracht worden. Sie könnte irgendwann als Ausstellungsstück im Besucherzentrum enden.
»Oder vielleicht sogar in Ihrem neuen Hotel, Frank«, fiel der Interviewer ein.
Traynor kicherte. »Gar keine schlechte Idee.«
»Jedenfalls viel Glück damit. Eröffnung ist Ende nächsten Jahres, soviel ich weiß.«
»Vorausgesetzt, wir werden jetzt in dieser Phase nicht aufgehalten. Und wie Sie wissen, herrscht großer Bedarf in dieser Gegend.«
»In der Tat. Aber es wird natürlich Leute geben, die Einwände erheben – wegen der Nähe zu einem Weltkulturerbe und so.«
»Allerdings – diese Gutmenschen, die jedem Bauvorhaben Steine in den Weg legen. Ich kann jedenfalls allen, die sich darüber Sorgen machen, nur versichern, dass dieses Hotel die Landschaft nicht beeinträchtigen wird. Nicht mehr, als es das Besucherzentrum ein Stück weiter tut.«
»Nun, das ist ja beruhigend. Danke, Mr. Traynor, und einen schönen Tag noch.«
Das widerliche Interview war vorüber. Ich bemerkte, dass meine Knöchel am Lenkrad weiß hervortraten.
In der Hoffnung auf eine ausgewogenere Herangehensweise schaltete ich zurück zu dem staatlichen Sender und dessen Bericht. Ich wäre nie darauf gekommen, was ich als Nächstes zu hören bekam.
7
»… und Muriel Blunden vom Nationalmuseum ist zu einem Gespräch über diese neueste Entdeckung bei uns im Studio.«
Ich hatte die Einführung zu dem Interview verpasst, deshalb kam Muriels Name wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg.
»Bevor ich Sie nach der Bedeutung des Fundes frage«, fuhr der Interviewer fort und meißelte jedes Wort mit seiner geschliffenen Stimme heraus, »könnten Sie uns vielleicht ein wenig von diesen so genannten Moorleichen erzählen, wie oft sie gefunden werden und woher sie kommen.«
Sie hatten einen Interviewpartner ohne direkten Kontakt zu dem Fund aufgeboten. War es Faulheit? Oder wurden sie manipuliert?
Blunden wartete mit den gängigen Informationen auf und erwähnte nebenbei einige der Ausstellungsstücke im Museum selbst, vom Gallagh-Mann, gefunden 1821, bis zur
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