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Keltengrab: Thriller (German Edition)

Keltengrab: Thriller (German Edition)

Titel: Keltengrab: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Einschnitt. Vom Hinterkopf zu den Schultern erstreckte sich ein weiterer Hautlappen, der den Kopf am Rumpf verankerte.
    Ich blickte weg, meine Augen suchten nach etwas anderem, dem sie sich vorübergehend widmen konnten. Ich schaute zu dem zweiten Tisch hinüber und bemerkte nun, dass verschiedenes Zubehör an beiden fehlte, darunter die Wasserhähne und Anschlüsse, mit denen man Leichen abspritzen konnte, wobei die leichte Neigung der Tische den Ablauf der Flüssigkeiten in das Becken am Ende erleichterte; die Rohre unter dem Becken waren inzwischen verrostet und löchrig.
    In der staubigen Spüle neben mir hatte Sherry einen Karton mit OP-Handschuhen und eine Rolle Klebeband hinterlassen. Ich beschäftigte mich damit, ein Paar Handschuhe anzuziehen. Ich glaubte zwar nicht, dass ich sie benutzen würde, aber so vergingen noch ein paar Sekunden, ehe ich den Blick widerstrebend zu dem Objekt auf dem Tisch zurückwandern ließ.
    Zwei Armstummel ragten aus den Schultern, jeweils mit einer Knospe Fleisch an der Spitze, und aus den Hüften wuchsen nicht zwei, sondern vier gleichermaßen kurze Beine in verschiedenen Winkeln. Alle diese Fortsätze mussten sich in einer Reihe befunden haben, als der Körper zusammengerollt war, aber Sherry hatte die Glieder auseinander gespreizt und mit Klebeband am Tisch befestigt, womit er sichtbar machte, dass die vier Beine unterhalb des freiliegenden Schambeins in einem wirren Knoten miteinander verbunden waren, in dem ich die weiblichen Genitalien zu erkennen glaubte.
    Es war, als hätte jemand verschiedene Teile anatomischer Wachsmodelle von Kindern genommen und sie zusammengesetzt, ohne zu wissen, was wohin gehört.
    Mir war klar, dass ich ein schwer missgebildetes menschliches Baby vor mir hatte. Und ich war verblüfft, wie gut erhalten es war. Ich hatte von den mumifizierenden Eigenschaften von Adipocire – wörtlich Fettwachs – gehört, aber ich hätte es mir niemals so wirkungsvoll vorgestellt. Auch hatte ich den ranzigen Geruch nicht erwartet, der mir vom Tisch entgegenströmte, so dass ich mich wegdrehen musste. Genau in diesem Augenblick kam Sherry, ein wenig außer Atem, zurück ins Leichenschauhaus.
    »Ah, Illaun … tut mir Leid … Ein Coroner von hier versucht den Dienstweg zu verkürzen, weil ich zufällig gerade in Drogheda bin … Sie haben gerade eine Männerleiche gefunden, unklare Umstände … Er wollte, dass ich sofort mit ihm zum Tatort fahre, der alte Faulpelz … Ich sagte, ich komme später nach.« Er nahm ein Paar OP-Handschuhe aus dem Karton und zog sie über. »Ich sehe, Ihre Neugier hat schon gesiegt.«
    »Eigentlich nicht.« Ich hielt mir die Nase zu. »Ich habe es aus Versehen abgedeckt.«
    »Ich hätte Sie warnen sollen«, sagte er. »Es muss ein Schock gewesen sein.«
    »Nein, schon gut. Ich hatte nur keinen Geruch erwartet, das ist alles.«
    Sherry näherte sich dem Autopsietisch. »Ja, es ist faszinierend. Hat alles mit dem Prozess der Verseifung zu tun.«
    »Dass der Körper zu Adipocire wird, meinen Sie.«
    »Ich vergesse ständig, dass Sie ja auch ein bisschen forensische Wissenschaft hinter sich haben.« Sherry benahm sich wie ein Snob, aber es war mir egal. Ein Jahr Studium der forensischen Archäologie in Vorbereitung auf meinen Doktor qualifizierte mich noch nicht zum Pathologen.
    »Das heißt nicht, dass ich die chemischen Zusammenhänge dabei gänzlich verstehe.«
    »Die versteht keiner.«
    Mir fiel etwas aus meiner Studienzeit ein. »Neugeborene sind gute Kandidaten dafür, oder?«
    »Ja, weil es praktisch keine Bakterien in den Eingeweiden gibt, die den Verwesungsprozess in Gang setzen.«
    »Wieso hat es ein zusätzliches Paar Beine?«
    »Das zweite Paar ist von einem unentwickelten Fötus, manchmal als parasitärer Zwilling bezeichnet.«
    »Wie es sie früher in Freakshows gab.«
    »Ja, falls sie überlebten, was selten vorkam. Häufiger endeten sie in den Gläsern von Teratologen – Anatomen und Kuriositätensammlern, die sich auf ›Wunder der Natur‹ spezialisierten, kurz auf Monster. Und dabei sollten wir es für den Augenblick belassen.« Sherry zog seine Handschuhe aus und stieß dabei an den Körper des Säuglings, der einen Moment lang heftig zitterte.
    Und in diesem Augenblick fiel mir ein, wo ich ein Geschöpf wie das auf dem Autopsietisch gesehen hatte. Es war vor einigen Monaten in einem Museum in Florenz gewesen, in Stein gemeißelt. Auf den ersten Blick konnte man es für ein Krustentier halten, aber tatsächlich war

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