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Keltengrab: Thriller (German Edition)

Keltengrab: Thriller (German Edition)

Titel: Keltengrab: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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untersuchen zu lassen. Allerdings werde ich sie noch für Sie röntgen lassen.«
    »Danke.«
    Eine blecherne Version von Mike Oldfields Tubular Bells begann irgendwo im Leichenschauhaus zu spielen. Wir sahen uns gegenseitig verwundert an. Dann begriff Sherry, was es war. »Verdammt«, sagte er, »das ist mein Handy.« Er zog das zusammengerollte Kuvert aus der Manteltasche und fischte das Telefon darunter hervor. »Ja?«
    Während er zuhörte, musste ich insgeheim lächeln. War es Zufall oder Absicht, dass Malcolm Musik aus dem Film Der Exorzist als Klingelton hatte?
    Ich begann in Gedanken aufzulisten, was wir von Mona nicht hatten oder wussten: Wir hatten keine Ahnung, wie sie in Wirklichkeit aussah; keine Zähne; kein Zeugnis von ihrem letzten Mahl, verdaut oder nicht; keine Kleidung, Körperverzierung oder Schmuck. Und die Frage war, für welche weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen würde das Nationalmuseum bezahlen? C-14-Altersbestimmung? Möglich. Computertomografie? Unwahrscheinlich. Nach Muriel Blundens Haltung zu urteilen, würde es schon ein harter Kampf werden, Monas Alter richtig feststellen zu lassen.
    Sherry druckste am Telefon herum. »Ich kann jetzt nicht … Habe gerade jemanden hier … Muss Schluss machen … Ja, also gut, ich bin in fünf Minuten da.« Er schaltete aus und sagte: »Ich muss mal eben zur Anmeldung im Hauptgebäude. Dauert nur ein paar Minuten. Macht es Ihnen etwas aus, hier zu warten? Wir gehen die andere Autopsie durch, wenn ich zurück bin.«
    »Kein Problem. Ich wollte ohnehin noch ein paar Skizzen zeichnen.«
    Sherry steckte das Kuvert und sein Telefon in verschiedene Taschen und ging. Mein Handy zeigte 18.10 Uhr an, als ich Keelan anrief und die Nachricht hinterließ, es sei Zeit für die beiden, nach Hause zu gehen, falls sie es nicht schon getan hatten. Mitarbeiter des WET luden inzwischen wohl den eingesackten Torf und andere Proben in einen Lkw – mit Ausnahme des Lederriemens, den ich in der beschrifteten Tüte bei der Leiche lassen würde.
    Ich ging um den Autopsietisch herum und wählte einen Blickwinkel auf Mona, bei dem ich das Mal von dem Band und die Position beider Arme erfasste. Die lederartige Haut trocknete bereits aus, und eine Stelle auf ihrer Schulter hatte sich farblich aufgehellt – ein Effekt, der die Poren deutlich sichtbar machte, wie die Einstiche bei einer Tätowierung.
    Als ich ihr Gesicht zeichnete, sah ich, dass die Nase perfekt konserviert war. Und sie war zierlich, was ich im ersten Schreck über den Anblick ihrer verstümmelten Züge gar nicht wahrgenommen hatte. Es setzte in gewisser Weise einen Gegenpunkt zu der Brutalität, mit der man sie bestraft hatte, dass ihre zarte Schönheit trotz aller Anstrengungen ihrer Gegner noch immer erkennbar war.
    Dabei fiel mir ein, dass Sherry gar nichts darüber gesagt hatte, ob es Abwehrspuren an ihren Armen gab, was darauf hindeuten würde, dass sie versucht hatte, sich zu schützen. Ich untersuchte zuerst den ausgestreckten Arm, dann den angewinkelten, konnte jedoch nichts erkennen. Erst jetzt fiel mir richtig auf, dass die Hand auf der Brust zu einer Faust geballt war. Ich bückte mich und untersuchte die geschlossenen Finger aus jedem möglichen Winkel. Hielt sie etwas in der Hand?
    Mein Herz schlug heftig, als ich noch tiefer ging, mich gegen den Tisch drückte und versuchte, gegen das Licht durch die Lücken zu spähen, doch vergeblich. Ich wühlte in meiner Jackentasche, fand mein Federmesser, klappte es auf und schob die stumpfe Seite der Klinge vorsichtig zwischen zwei von ihren Fingern hindurch. Sie kratzte an irgendetwas.
    Als ich wieder aufstand, streifte ich das Tuch auf dem zweiten Autopsietisch hinter mir und fegte es zu Boden. Ich drehte mich um und wollte es aufheben, und dabei kam ich nicht umhin zu sehen, was darunter gelegen hatte.

11
     
    Eines Tages hatte Finian Shaw im Unterricht die Frage gestellt: Welche eine Handlung unterscheidet die Menschen von allen anderen Lebewesen? Er bat uns, die Antwort aufzuschreiben, und sammelte die Blätter anschließend ein. Da wir uns darüber im Klaren waren, dass er die Frage sorgfältig formuliert hatte, bemühten wir uns zu ergründen, was er mit Handlung meinte, und antworteten »Schreiben«, »ein Musikinstrument spielen« oder gar »Werkzeuge herstellen«. Doch kein einziger Schüler war auf die Antwort gekommen, die er gesucht hatte, und er hatte auch nicht damit gerechnet.
    »Die Antwort«, sagte er, »lautet: Wir sind die einzigen

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