Kennen Wir Uns Nicht?
Mann, der ein Paket zu einem Taxi schleppt, und eine Frau, die mit ihrer Hundeleine ringt. Dann zücke ich mein Handy und schreibe Fi eine SMS. Ich muss unbedingt mit ihr über das alles reden. Ich werde sie bitten, später vorbeizukommen. Wir können es uns auf dem Sofa gemütlich machen, und sie kann mich auf den neuesten Stand bringen - angefangen bei Eric. Während ich die Tasten drücke, muss ich lächeln, so sehr freue ich mich darauf.
Hi! Bin wieder da - ruf mich an! Kann es kaum erwarten, Dich zu sehen!!! Lxxxx
Dieselbe Nachricht schicke ich an Carolyn und Debs. Dann stecke ich das Handy weg und tanze über den glänzenden Holzfußboden. Ich habe mir alle Mühe gegeben, vor Eric die Fassung zu bewahren, doch da ich nun allein bin, bricht das Hochgefühl aus mir hervor. Ich hätte nie geglaubt, dass ich jemals auch nur in der Nähe von so etwas wohnen würde.
Plötzlich fange ich an zu kichern. Ich meine: Das ist doch irre. Ich. In diesem Haus!
Wieder tanze ich über das Parkett, drehe mich mit ausgestreckten Armen herum und lache wie irre. Ich, Lexi Smart, wohne hier in diesem hypermodernen, ferngesteuerten Palast!
Ich meine: Lexi Gardiner.
Dieser Gedanke bringt mich nur noch mehr zum Lachen. Als ich aufgewacht bin, kannte ich ja nicht mal meinen Namen. Es hätte auch Pickelpo sein können. Was hätte ich dann gesagt? »Tut mir leid, Eric. Du scheinst ein netter Kerl zu sein, aber ich werde nie und nimmer ...«
Schepper. Das Klirren von Glas reißt mich aus meinen Gedanken. Entsetzt höre ich auf, herumzuwirbeln. Irgendwie bin ich versehentlich mit der Hand an einem gläsernen Leoparden hängen geblieben, der auf einem kleinen Regal durch die Luft sprang. Jetzt liegt er zerbrochen am Boden.
Ich habe ein unbezahlbares Kunstwerk ruiniert, und dabei bin ich noch keine drei Minuten hier.
Scheiße.
Zögernd bücke ich mich und betaste vorsichtig das Hinterteil. Es hat eine scharfe Kante, und am Boden liegen ein paar Splitter. Das Ding kann man bestimmt nicht wieder kleben.
Vor Schreck wird mir ganz heiß. Was mach ich denn jetzt? Was ist, wenn es zehntausend Pfund gekostet hat, genau wie das Sofa? Was ist, wenn es ein Familienerbstück von Eric ist? Was habe ich mir nur dabei gedacht, so herumzutoben?
Behutsam hebe ich das eine Stück auf, dann das andere. Ich muss nur noch die Splitter zusammenfegen und dann ...
Ein elektronisches Piepen ertönt, und mein Kopf zuckt hoch. Der riesige Bildschirm leuchtet plötzlich blau, und darauf steht eine Nachricht, in grünen Buchstaben.
HI LEXI - WIE GEHT‘S?
Mist! Er kann mich sehen. Er beobachtet mich. Ich bin hier bei Big Brother!
Entsetzt springe ich auf und schiebe die beiden Leopardenhälften unter ein Sofakissen.
»Hi«, sage ich zu dem blauen Bildschirm gewandt, mit klopfendem Herzen. »Das wollte ich nicht! Es war ein Versehen ...«
Stille. Auf dem Bildschirm tut sich nichts. Keine Reaktion.
»Eric?«, versuche ich es noch mal.
Es kommt keine Antwort.
Okay ... vielleicht kann er mich doch nicht sehen. Wahrscheinlich hat er das vom Auto aus geschrieben. Bedächtig bewege ich mich auf den Bildschirm zu und finde an der Wand eine Tastatur mit einer winzig kleinen, silbernen Maus an der Seite. Ich klicke auf »Antworten« und tippe langsam: »GUT DANKE!«
Ich könnte es dabei belassen. Ich könnte ja versuchen, den Leoparden zu kleben ... oder ihn irgendwie zu ersetzen ...
Nein. Blödsinn. Ich kann doch nicht jetzt schon meinem Mann etwas verheimlichen. Am Anfang unserer nagelneuen Ehe! Ich muss tapfer sein und gestehen. »HABE AUS VERSEHEN GLASLEOPARDEN ZERBROCHEN«, tippe ich. »TUT MIR FURCHTBAR LEID. HOFFE, ER IST NICHT UNERSETZLICH.«
Ich drücke »Senden« und laufe hin und her, während ich auf Antwort warte und mir immer wieder sage, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Ich meine, schließlich weiß ich ja gar nicht, ob es wirklich ein unbezahlbares Kunstwerk ist, oder? Vielleicht hat er es bei einer Tombola gewonnen. Vielleicht ist es meins, und Eric konnte es sowieso noch nie leiden. Wie soll ich das wissen?
Wie soll ich überhaupt irgendwas wissen?
Ich sinke auf einen Stuhl, schlagartig überwältigt davon, wie wenig ich über mein eigenes Leben weiß. Wenn ich gewusst hätte, dass ich mein Gedächtnis verliere, hätte ich mir wenigstens einen kleinen Brief geschrieben. Mir ein paar Tipps gegeben. Pass auf den Glasleoparden auf. Der kostet ein Vermögen. PS: Du magst Spinnen.
Der Bildschirm piept. Ich halte die Luft an und schaue
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