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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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richtige Atmen zur richtigen Zeit richtig wichtig ist, um ein eventuelles Hyperventilieren so richtig zu verhindern. Denn wenn man hyperventiliert, kann man irgendwann in einen Schockzustand fallen, in dem dann gar nichts mehr geht. Wobei ich mich gerade frage, ob Sibi nicht längst über diesen Punkt hinaus ist. Denn mehr als starr und ängstlich vor sich hin blicken kann sie im Moment nicht.
    » HILF ! MIR !«
    Ach ja, doch. Schreien. Das geht noch.
    Die Dame rechts neben mir (komplett in Weiß gekleidet) nickt mir, das Gesicht halb unter einem Mundschutz versteckt, tröstend und irgendwie beipflichtend zu.
    » ES ! TUT ! SO ! WEH !« Sibi stößt jedes Wort einzeln zwischen ihren Zähnen hervor. Bissig. Laut. Irgendwie krank. Das macht mir Angst. Ist das normal, wenn man …?
    » HOLEN ! SIE ! ES ! VERDAMMT ! NOCH MAL ! ENDLICH ! RAUS !«
    Okay, das ging jetzt nicht an mich, sondern an die Frau in Weiß mit besagtem Mundschutz, die Sibi beruhigend die Oberschenkel tätschelt und mit ihr redet, als wäre sie gerade fünf Jahre alt geworden.
    »Ihre Freundin hat Recht, Frau Schuster. Atmen Sie ganz ruhig! Es ist bald so weit. Nur noch ein paar Minuten, und Ihnen wird es wunderbar gehen! Das ist alles ganz normal. Sie müssen nur ruhig bleiben! Das ist jetzt ganz, ganz wichtig!«
    Fehlt nur noch, dass sie das sagt, was mein Zahnarzt mir als Kind immer in Aussicht stellte, wenn ich mal wieder eine Wahnsinnsangst hatte: »Und nachher darfst du dir einen schönen Armreifen aus der Grabbelkiste aussuchen!« Für einen Moment war die Panik dann wie verflogen, denn ich liebte diese Spielzeugkisten!
    Angst vor dem Zahnarztbesuch habe ich heute allerdings noch, aber ich stehe nicht mehr auf Plastikarmbänder.
    Irgendwie wirkt das, was die weiße Frau zu Sibi sagt, aber so gar nicht beruhigend auf sie. »Ein paar Minuten? Ich will das nicht mehr! Nicht mal mehr eine Nanosekunde! Es soll jetzt vorbei sein! JETZT !! Hören Sie! Ich flehe Sie an!!«
    Meine Freundin blickt abwechselnd zu mir (und erntet einen komplett ratlosen Gesichtsausdruck) und zur weißen Dame (bei der sie sich einen komplett kompetenten Gesichtsausdruck abholt). Ich schaue zuerst Sibi an, dann den kugelrunden Bauch unter ihrem monströsen Busen, und dann wende ich meinen Blick zur white Lady. Ich habe keine Ahnung, wie wir alle drei jemals aus dieser Situation herauskommen sollen. Ich glaube, bei dieser Google-Vorlesung war ich gerade in den Semesterferien, und vor mein inneres Auge schiebt sich der Schriftzug: »Werden Sie es jemals schaffen, aus diesem Schlamassel entfliehen zu können? Schalten Sie auch morgen wieder ein, wenn es heißt: Die Niederkunft der Sibi Schuster! «
    » AAAAAAAAAAAAAAH !!!!« Sibis Schrei katapultiert mich zurück in die schreckliche Realität.
    »Denk an etwas Schönes! An Urlaub. Oder Eiscreme. Oder ein gutes Buch. Oder weißt du noch, als wir damals in Frankreich am Meer …« Weiter komme ich nicht.
    » AAAAAAAAAAAAAAH !!!! ES TUT SO WEH !!! Und du kommst mir hier mit Frankreich! Damit fing die ganze Scheiße doch erst an!«
    Oh. Okay. Ich vergaß, dass wir in besagtem Urlaub Sven und Sebastian kennenlernten. Jene Männer, die wir zwei Jahre später bei einer Doppelhochzeit ehelichten. Und ich gebe zu, Sven ist nicht gerade unschuldig an Sibis Misere.
    »Rein ging es verdammt noch mal einfacher!« Sie atmet tief ein. » UND SCHÖNER !« Sibi schnaubt wie das bekannte Fernseh-Walross Antje. »Hast du ihn inzwischen erreichen können?«, fragt sie mich dann panisch.
    Ich blicke auf mein Handy, welches ich verbotenerweise angeschaltet in meiner Hosentasche trage. Aber das hier ist eine besondere Situation, und die erfordert besondere Erreichbarkeiten.
    Keine SMS , kein Anruf. Sven ist auf einer Dienstreise in München und ahnt nicht einmal, dass Sibi drei Wochen zu früh auf dieser Schlachtbank liegt. Ich hatte ihm mehrfach auf die Mailbox gesprochen, aber der verdammte Kerl meldet sich einfach nicht zurück.
    »Nein, er …«
    »Pressen Frau Schuster, pressen! Das machen Sie wunderbar! Weiter! Nur noch ein mal, dann ist es so weit!« Die weiße Dame läuft auf Hochtouren, während sie zwischen den breit gespreizten Beinen meiner Freundin hockt.
    »Und jetzt hecheln! Jaaaa, toll machen Sie das! Richtig fein! Sie sind so tapfer!«
    Ein rotes Plastikarmband mit bunten Möchtegerndiamanten kommt mir in den Sinn.
    Ganz automatisch presse und hechle ich mit. Moment! Wer kommt denn hier gerade nieder? Ich sollte lieber aufpassen,

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