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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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halte ich für unwahrscheinlich.« Daisy stieß ein leises Kichern aus.
    »Warten Sie. Sie erzählte immer wieder, ihre Mutter sei eine Schauspielerin und ständig auf Tournee. Es war immerhin originell, finden Sie nicht? Die meiste Zeit erzählte sie von ihrem verschwundenen Vater. Ja, das war es. Ein reicher Vater, überflüssig zu sagen, der sie wegen irgendeines Unsinns nicht zu sich nehmen konnte. Er war von vorn bis hinten erfunden, das muss ich Ihnen wohl kaum sagen! Eine andere Geschichte lautete, dass sie eines Tages ein Vermögen erben würde! Ebenfalls von vorn bis hinten erfunden. Ihr Vater lebte in einem vornehmen Haus, und sie besuchte ihn regelmäßig. Das arme kleine Ding. So eine erbarmenswerte Geschichte! Oh, und eines Tages würde er kommen und sie für immer zu sich nehmen und mit ihr weggehen. Eine der Lieblingsfantasien unglücklicher Kinder. Ihr Vater würde niemals kommen. Natürlich nicht. Er konnte gar nicht. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, dass sie existierte. Ich wage zu behaupten, dass er bloß eine Kneipenbekanntschaft ihrer Mutter war und wahr scheinlich nicht mehr als eine Nacht mit ihr verbracht hat!« Die alte Dame setzte sich kerzengerade auf.
    »Ich erinnere mich an dies, kurz bevor Kimberley weggelaufen ist. Nein, sie ist nicht weggelaufen, nicht wahr? Das wissen wir jetzt. Also kurz vor ihrem Verschwinden. Ich traf Kimberley in der Stadt. Sie blieb stehen und wollte sich unterhalten. Sie fragte mich, ob ich etwas über ihre Mutter wüsste. Ich gewann den Eindruck, dass sie sich in den Kopf gesetzt hatte, sie zu finden. Ich konnte ihr nicht weiterhelfen, und ich hoffte inständig, dass sie der Sache nicht weiter nachgehen würde. Als ich hörte, dass Joan ihr Verschwinden gemeldet hatte, nahm ich an, dass Kimberley sich aufgemacht hatte, um Susan zu suchen. Es tat mir sehr Leid. Ich hoffte, dass ihre Suche erfolglos bleiben würde. Sie wäre bestimmt nicht willkommen gewesen.« Daisy seufzte.
    »Kimberley war von Natur aus gutmütig. Susan, ihre Mutter, war eine Schlampe, weiter nichts. Eine hinterlistige, verschlagene kleine Kratzbürste mit einem Hang zur Bosheit. Harsche Worte vielleicht, aber wahr.« Eine Pause entstand, während Daisy ihren Erinnerungen nachhing. Dann fügte sie hinzu:
    »Sie hat als Kellnerin gearbeitet.«
    »Das war Kimberley, nicht Susan«, berichtigte Meredith.
    »Kimberley war die Kellnerin.«
    »Das weiß ich selbst«, entgegnete die alte Dame.
    »Das habe ich doch gesagt.« Sie runzelte die Stirn.
    »Oder nicht?«
    »Daisy«, begann Meredith, »die Polizei würde all das bestimmt gerne erfahren. Mein Freund ist Polizist. Darf ich es ihm erzählen?«
    »Selbstverständlich, meine Liebe!« Daisy hob warnend einen krummen Finger.
    »Aber sagen Sie ihm lieber gleich, dass ich nichts Hilfreiches zu seiner Morduntersuchung beitragen kann! Ich hoffe, dass die Polizei herausfindet, was mit Kimberley geschehen ist! Nun denn«, sagte sie schließlich und streckte die Hand nach einer in der Nähe stehenden Klingel aus.
    »Das ist mehr als genug zu diesem traurigen Thema. Ich werde um ein wenig Tee für uns bitten, und dann müssen Sie mir von sich selbst erzählen! James Holland hat gesagt, Sie wären weit in der Welt herumgereist. Ich muss alles über Ihre Abenteuer erfahren!«
    KAPITEL 8

    »ICH WAR heute Nachmittag in Westerfield«, berichtete Meredith, als sie am Sams tagabend über die schmale Straße fuhren. Es war angenehm mild. Die nasse Landschaft leuchtete in den zarten Farben einer tief stehenden Sonne. Der viele Regen hatte das Wachstum der Pflanzen angeregt. Die Hecken waren saftig grün und hatten die Straßenränder vor den Unkrautvernichtern geschützt, die auf den Feldern ausgebracht worden waren. Die Belohnung waren Banketten voll wilder Gräser und Blumen. Wahrscheinlich wird das Wetter jetzt besser, wo unser Urlaub storniert ist, dachte Meredith säuerlich. So war das Leben.
    »Was hat dich hierher geführt?«, fragte Markby, während er die Fahrt verlangsamte, um einen Reiter zu überholen. Der Mann hob dankend die Hand. War es die Konzentration auf den Wagen, die Markbys Stimme plötzlich einen gespannten Klang verlieh? Oder bildete sie sich alles nur ein? Wenn die Sprache auf Westerfield kam, herrschte zwischen ihnen stets eine gewisse Verlegenheit. Sie musterte ihn mit einem verstohlenen Seitenblick. Er starrte angestrengt auf die Straße. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien:
    »Ich wollte keine alten Erinnerungen aufwärmen!«

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