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Kesseltreiben

Titel: Kesseltreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leenders/Bay/Leenders
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am 14. April. Er klang ganz normal, wie immer …«
    Dann hatte die Mutter gestöhnt: »Ich will ihn sehen, ich will mein Kind sehen.«
    Cox war erleichtert gewesen, dass er das Wort Identifizierung nicht hatte in den Mund nehmen müssen.
    »Ich begleite Sie. Ich muss uns nur kurz telefonisch anmelden. Gehen Sie doch schon einmal hinunter, ich komme sofort.«
    Bonhoeffer war gleich selbst am Apparat gewesen.
    »Hör zu, Arend, ich bin in einer halben Stunde mit Finkensiepers Eltern bei dir.«
    »Gut, ich werde ihn so abdecken, dass man nur die heile Gesichtshälfte sieht.«
    »Und sorge dafür, dass ein Arzt in der Nähe ist.«
    »Ich bin Arzt.«
    »Du weißt schon, was ich meine. Ich furchte, die klappen uns beide zusammen.«
    Und so war es dann auch gekommen.
     
    Als Ackermann anrief, war er gerade wieder aus Emmerich zurück.
    Jupp hatte also tatsächlich zwei Leute ausfindig gemacht, die damals in der Kesseler WG gelebt hatten, die Besitzer des Restaurants »Agave«. Cox kannte das Lokal nur vom Hörensagen – klein, fein und sehr teuer.
     
    Van Appeldorn hatte Karen Möllemann angerufen und ihr von Sabine Maas’ Selbstmord berichtet, damit sie sich ein wenig fassen konnte, bevor sie miteinander redeten. Ihr Mann sei nicht da, hatte sie gesagt, er besuche gerade ein paar Weingüter im Elsass, aber sie sei gern bereit, sich Zeit zu nehmen.
    Eine Köchin hatte er sich anders vorgestellt. Karen Möllemann war schlank, fast schon mager, hatte kurzes blondes Haar und sehr helle Haut.
    »Ich dachte, es ist so warm heute, dass wir uns nach draußen setzen können. Kommen Sie.«
    Sie führte ihn ums Haus herum zu einer Terrasse aus Naturstein. Unter einer alten Buche war ein Tisch gedeckt: Bruschetta, Oliven, geröstetes Körnerbrot mit Ziegenkäse, Krüge mit Saft und Wasser.
    Van Appeldorn fühlte Verärgerung aufsteigen. Er war nicht zu seinem Vergnügen hier, er hatte einen Mord aufzuklären, er wollte wissen, wer Sebastians Vater war, wollte etwas über den Geisteszustand der Maas herausfinden.
    Die Frau schien seine Verstimmung zu spüren.
    »Wenn Sie Appetit haben …«, sagte sie leise.
    Van Appeldorn bemühte sich um ein Lächeln. Es brachte gar nichts, wenn er sie einschüchterte. »Ein Glas Saft wäre wunderbar.«
    Sie sollte möglichst ungezwungen in ihren Erinnerungen kramen, was sie schließlich auch tat.
    »Sabine war ein richtiges Landei, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollte.«
    »Kurz vor Weihnachten 76 sind wir fünf zu ihr auf den Hof gezogen und kamen uns so toll vor – eine Kommune.«
    »Natürlich haben wir alle gekifft! Das waren die Siebziger, was denken Sie denn? Aber Sabine hat sich eigentlich nichts daraus gemacht.«
    »Was die Leute im Dorf uns nicht alles angedichtet haben. Gruppensexorgien! Freie Liebe, dass ich nicht lache. Wir waren so was von brav und bieder, zumindest Sabine und ich. Ich war damals schon fest mit meinem jetzigen Mann zusammen und Sabine mit Kai.«
    »Nein, Kai kann nicht Sebastians Vater sein. Als Sabine schwanger wurde, war er schon tot. Sie hat sich von ihm getrennt, als er anfing zu fixen. Ich glaube, das war im Sommer 78. Er ist dann nach Berlin gegangen und hat sich ein paar Monate später den goldenen Schuss gesetzt. Ich weiß davon nur, weil Kais Familie und meine Eltern Nachbarn sind. Die Stepanskis haben das nicht an die große Glocke gehängt.«
    »Ich glaube, am Anfang war die WG für Sabine so etwas wie ein Familienersatz. Später wurde es dann chaotisch, ständig neue Leute, die man kaum kannte. Sabine war ein Schaf, ließ sich auf der Nase herumtanzen. Aber eines Tages ist es sogar ihr zu viel geworden, und sie hat alle rausgeworfen. Stefan und ich hätten bleiben können, aber uns war inzwischen mehr nach Zweisamkeit, und wir wollten auch beruflich weiterkommen.«
    »Unser Kontakt später war eher lose. Einmal haben mein Mann und ich sie Weihnachten besucht, aber wir hatten nicht viel gemeinsam. Und als sie dann das Kind kriegte … Vielleicht wissen Sie, wie junge Mütter sind. Für Sabine gab es kein anderes Thema mehr. Sie hatte ein Kind, ich hatte keines und wollte auch keines.«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer Sebastians Vater ist. Natürlich habe ich gefragt, aber Sabine sagte nur, das wäre völlig unwichtig, es sei ihr Kind und nur ihres. Da habe ich nicht weiter nachgebohrt, wäre auch zwecklos gewesen, sie konnte nämlich auch stur sein.«
    »Wann ich Sabine das letzte Mal gesehen habe? Das ist sehr lange her. Wir sind noch

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