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Kesseltreiben

Titel: Kesseltreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leenders/Bay/Leenders
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von einem Marco Ferreira, der offensichtlich Spaß an der Sache hatte. »Foto 89 zeigt einen Liegestuhl aus unserer Serie ›Happy Hippos‹.«
    Am Ende blieben Foto Nr. 4 und Foto Nr. 56 übrig, bei denen Ferreira sicher ausschließen konnte, dass sie Teile aus Überraschungseiern zeigten.
    Cox nahm die beiden Fotos und ging ins Labor hinüber.
    Van Gemmern stand am Tisch. Er trug eine Lupenbrille und stocherte mit einer langen Pinzette in einem braunen Klumpen herum, der nicht sehr angenehm roch.
    »Was treibst du denn da?«, fragte Cox neugierig.
    »Glaub mir, das willst du gar nicht wissen.« Van Gemmern nahm die Brille ab. »Bist du bei deinen Überraschungseiern fündig geworden?«
    »Ja, tatsächlich. Nur diese beiden Dinger hier müssen etwas anderes sein.«
    »Zeig noch mal her. Das rote hier sieht aus, als wäre es irgendwo abgebrochen.«
    »Ja«, nickte Cox. »Vielleicht von einem Sandförmchen. Siehst du die Wölbung hier?«
    »Hm.« Van Gemmern konzentrierte sich auf das andere Foto, das einen sehr kleinen grauen Kunststoffgegenstand zeigte, rund mit einem Loch in der Mitte und sechs gespreizten Armen. »Das könnte eine Art Spezialdübel sein«, überlegte er. »Da gibt es doch diesen Werkzeugladen in Materborn …«
    »›Van Geldern)«, half Cox ihm aus. Das Geschäft war, seit er mit der Hausrenovierung angefangen hatte, zu seinem zweiten Heim geworden. »Alles Fachleute.«
    »Dann lass mir das Bild mal da. Ich werde später hinfahren.«
     
    Selbst Ackermann fand zunächst keine Worte, als Toppe seinen Bericht über den Prozess gegen Sabine Maas beendet hatte.
    »Und es kommt noch besser.«
    Toppe war zu Boskamps ehemaliger Kanzlei gefahren. Er hatte eigentlich nicht viel Hoffnung gehabt, dass Boskamps Nachfolger die alten Akten seines Vorgängers aufbewahrt hatte – schließlich waren seit dem Prozess dreiundzwanzig Jahre vergangen –, aber er hatte eine Überraschung erlebt. »Die Akte Sabine Maas?« Der Anwalt war ziemlich perplex gewesen. Erst vor vierzehn Tagen war ein junger Kollege, ein Herr Finkensieper aus Düsseldorf, bei ihm gewesen und hatte nach derselben Akte gefragt. Man hatte ihn in den feuchten Keller geschickt, in dem Boskamps Papiere in unordentlichen Stapeln vor sich hin moderten. »Der Kollege hat zwei Tage benötigt, aber er ist tatsächlich fündig geworden.«
    Das war am 18. und 19. April gewesen. »Ich wollte ihm die Akte eigentlich mitgeben, aber als er mir erklärte, dass er ein Wiederaufnahmeverfahren anstrengen will, habe ich doch lieber Kopien gemacht.«
    »Es war Boskamps erster Strafprozess«, erklärte Toppe, »aber das wird ja nur allzu deutlich. Zwei wichtige Dinge habe ich in seinen Anmerkungen gefunden. Erstens: Es war Sabine, die es vehement abgelehnt hat, die Kinder vernehmen zu lassen. Und zweitens steht hier folgender Satz: ›Ich habe Sabine dringend davon abgeraten, die Vergewaltigung im Jahre 1979 ins Feld zu fuhren. Das könnte gerade unter den jetzigen besonderen Umständen als Schutzbehauptung verstanden und gegen sie verwendet werden.«)

Achtzehn
    Es waren vier.
    Als ich wach werde, ist der Erste schon auf mir drauf.
    Ich schreie, sie lachen, sie halten meine Arme fest, umklammern meinen Kopf.
    Der Erste stößt in mich hinein. Ich zerreiße.
    Ich schreie, einer schlägt mir ins Gesicht, er zerfetzt mein Nachthemd, zerquetscht meine Brüste.
    Der Biergestank. Ich kotze.
    Sie stoßen mich alle, immer und immer und immer wieder.
    Ich bin nicht hier.
    Es waren vier. Ich konnte sie nicht sehen, aber ich weiß, wer es war.
    Jeder von ihnen kennt mich seit meiner Geburt.
    Sie lassen mich liegen wie ein halb totes Stück Vieh.
    Sie sind weg. Lassen mich liegen in meiner Kotze und in meinem Blut.
    So viel Blut.
    Die Nachttischlampe funktioniert nicht.
    Zehn Minuten? Zwölf? Zwölftausend fahre.
    Ich lasse mich aus dem Bett fallen, krieche zum Lichtschalter, ziehe mich am Türpfosten hoch. Die Deckenlampe ist auch kaputt.
    Sie haben die Sicherung rausgedreht.
    Mir ist so kalt. Der Sicherungskasten.
    In jedes Zimmer, alle Lichter einschalten, alle.
    Die Türen verriegeln, das Tennentor.
    Ich stinke nach Samen.
    Die Wurzelbürste aus der Spülküche. Die Dusche, kochend heiß. Schrubben, schrubben.
    Der Gestank, Seife und Shampoo. Waschpulver.
    Es waren vier. Ich kenne sie alle.
    Keiner wird mir glauben.

Neunzehn
    »Du meinst also, die Sabine is’ et gar nich’ gewesen?«, fragte Ackermann rau.
    Toppe hob die Schultern. »Zumindest konnte meiner Ansicht

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