Ketaria - Die Liebe des Verfluchten (German Edition)
aufs Handgelenk gedrückt hatte. Seine Worte hatten sie aus ihrer Versunkenheit gerissen. Im Gegensatz zu sonst hatte er unsicher geklungen. Auch nach ihrer Antwort sah er sie noch sehr skeptisch und fragend an. Sie erklärte: „Tut mir leid, ich wollte dich nicht verunsichern. Ich hatte nur nicht gedacht, dass du in solchen Sachen so anders aussehen würdest. Aber es steht dir.“ Seine Unsicherheit verschwand und wurde durch ein leichtes Lächeln abgelöst.
Er neckte sie: „Dann gefalle ich dir also?“ Dabei sah er sie fast anzüglich an. Ihr begann schon wieder der Kopf zu schwirren. Wie konnte dieser Mann nur immer so schnell seine Stimmungen wechseln? Eben hatte er noch wie ein unsicherer Junge gewirkt, der in ihr das Bedürfnis ihn zu beruhigen geweckt hatte und von einem Moment auf den anderen war er plötzlich ein sinnlicher Mann, der sie herausforderte, aber dieses Spiel war ihr viel zu kompliziert.
Sie erwiderte kühl: „Ich sagte ja gerade, dass du toll aussiehst. Komm lass uns gehen.“
Ricardos Unsicherheit hatte vor allem daher gerührt, dass er nicht sicher gewesen war, wie er auf sie wirken würde. Aber die Art wie ihr Puls bei seiner Neckerei hochgeschnellt war, sagte ihm mehr als deutlich, wie sehr er ihr so gefiel. Er unterdrückte ein Schmunzeln. Seine Aufmachung war ihm nicht so fremd, wie sie dachte. Bevor er zum Vampir geworden war, hatte er oft geheime Streifzüge durch Ketaria unternommen. Dabei war er stets ähnlich gekleidet gewesen, um seine Herkunft als Mitglied von Sandros Hofstaat zu verbergen.
Seine Zelle war, seit er Sandro von dem Erfolg bei ihrem Versuch berichtet hatte, nicht mehr verschlossen. Er drückte die Gitter auf, trat zu ihr, bot ihr den Arm und fragte galant: „Darf ich bitten?“ Lucia sah unsicher auf seinen Arm. Er fügte hinzu: „Du wolltest, dass wir unauffällig wirken. Am besten erreichen wir das, wenn wir so tun, als ob wir ein Pärchen wären, das durch die Stadt flaniert.“ Er wahrte seine gelassene Maske, aber innerlich war er angespannt. Würde sie darauf eingehen?
Lucia überlegte kurz und stimmte ihm dann zu: „Das klingt vernünftig. Wo willst du denn hingehen?“
„Ich war seit Jahrhunderten nicht mehr in der Stadt, bis auf meinen Weg in diese Zelle. Führ mich doch einfach ein wenig herum.“
Zuerst waren sie durch die Hintertür aus dem Palast geschlüpft, dann hatte Lucia ihn zum Marktplatz geführt. Beruhigt hatte er den langen Dolch an ihrem Gürtel zur Kenntnis genommen. Er kannte ihn von Raphael, der hatte ihn anfangs immer am Gürtel getragen, wenn er an Ricardos Zelle gekommen war. Die Klinge war mit einem üblen Feuerzauber belegt, damit würde sie ihn zur Räson bringen können, falls er doch die Kontrolle verlieren sollte. Allerdings hatte er erstaunt feststellen müssen, dass ihn all die Menschen nicht halb so sehr in Versuchung führten, wie er gedacht hatte. Er konnte zwar ihr Blut riechen und es roch auch ganz lecker, aber die Bestie war satt und gierte nicht mehr danach. Aber vor allem lenkte Lucias süßer verlockender Duft ihn ohnehin zu sehr ab, als dass er sich von etwas anderem hätte verlocken lassen. Auch sie hatte heute andere Kleidung gewählt. Im Gegensatz zu ihrer üblichen schlichten Robe trug sie heute eine weiße Bluse und einen Rock, der an der Taille eng begann und nach unten immer weiter wurde, bis er verführerisch um ihre schlanken Knöchel schwang. Ihre blonden Haare trug sie zum ersten Mal offen. Sie ergossen sich in einer vollen seidigen Kaskade bis zu ihren Hüften. Er brauchte all seine Selbstbeherrschung, um nicht seine Hände darin zu vergraben. Mehr als nur ein bewundernder Blick folgte ihr. Aber zu seiner Erleichterung war ihre Aufmerksamkeit völlig auf ihn gerichtet. Gerade jetzt deutete sie auf einen kleinen Stand ganz am Rand des Marktplatzes und sagte lächelnd: „Das ist der Kuchenstand. Die alte Frau, der er gehört, macht die besten Apfelkuchen in ganz Ehrental.“ Dabei seufzte sie so genüsslich auf, als ob sie einen davon schon in ihrem Mund hätte. Hier draußen, ohne ständig ihre Pflichten im Auge zu haben, war sie noch reizender. Er fragte lachend: „Willst du einen haben?“
Sie wehrte ab: „Ich kann mir doch nicht den Bauch vollschlagen, während du nur zusiehst.“
Er erwiderte trocken: „Da ich nicht will, dass du neben mir verhungerst, solltest du es dir angewöhnen. Ich hatte nämlich die Hoffnung, dass dies nicht unser letzter Ausflug in die Stadt sein wird.“ Sie wand
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