Ketten der Liebe
Sheila, ich bin wirklich ein Spitzbube, aber einer mit einem warmen Herzen. Du scheinst es mir gestohlen zu haben, meine Hübsche. Und ich glaube, ich will es gar nicht zurückhaben.«
»Du hast eine Zunge aus Silber, Alaeddin ben Omar«, antwortete sie mit einem einladenden Lächeln.
Dann beugte sie sich vor, um an einer Rose zu riechen.
Als sie sich wieder aufrichtete, stand er direkt vor ihr. Er streckte seine Hand aus und streichelte ihre Wange. Morags Augen weiteten sich. Nervös trat sie einen Schritt zurück. Seine Berührung war zart gewesen, doch jetzt bebte sie am ganzen Körper. Ihr Herz schlug schneller, als sie in seine schwarzen Augen blickte. Wieder streckte er die Hand aus, aber diesmal, um sie mit seinen Armen zu umfangen.
Fast wäre Morag in Ohnmacht gesunken. Die Schäferjungen auf dem Hügel vor dem Kloster waren nie so kühn gewesen. »Oh«, entfuhr es ihr, als sein Mund den ihren in einem forschenden Kuß berührte. Sie wehrte sich jedoch nicht, noch wich sie ihm aus. Sie war neugierig, was als nächstes passieren würde, und sie fühlte sich sicher bei diesem großen Mann.
Vom Fenster über dem Garten beobachtete Karim al Malina, wie sein erster Maat begann, das junge Mädchen zu verführen. Noch nie hatte er Alaeddin so sanft und geduldig mit einer Frau gesehen. Er vermutete, daß diesmal mehr dahintersteckte als ursprünglich beabsichtigt. Der bewundernde Ausdruck auf Sheilas hübschem Gesicht sprach von mehr als nur einer kurzen, leidenschaftlichen Liebelei.
Als er hörte, wie die Tür hinter ihm sich öffnete, wandte er sich um. Ein Lächeln erhellte sein gutaussehendes Gesicht. »Zaynab«, sagte er. »Hast du gut geschlafen?«
»Ja, das habe ich«, gab sie zu. Tatsächlich hatte sie sich noch nie so erholt gefühlt wie an diesem Morgen, als sie aufwachte und feststellte, daß er schon gegangen war. Sie lächelte ein wenig.
»Wir sollten heute mit unserer Stunde weitermachen«, begann er. »Zieh dich für mich aus. Ich möchte damit beginnen, dir die Kunst der Berührung beizubringen. Die Haut ist ein sehr empfindliches Organ in der Liebeskunst, Zaynab. Es ist wichtig zu lernen, wie man richtig liebkost. Du mußt lernen, dich selbst und auch deinen Herrn so zu berühren, daß die anderen Sinne dabei entflammt werden.«
Regan war etwas verwundert. Er sprach auf ganz alltägliche Art. Sein Tonfall hatte nichts Zwingendes an sich. Langsam legte sie ihre Kleidung ab. Sich zu weigern wäre lächerlich gewesen, das wußte sie.
Er hatte ihr letzte Nacht gezeigt, daß er sofortigen Gehorsam von ihr verlangte. Sie hatte einen Teil des Morgens damit verbracht, das Hemd, das er ihr gestern abend vom Leib gerissen hatte, zu flicken, aber es war ruiniert, und sie schämte sich, Ursache solcher Verschwendung zu sein. Als sie ihr Wams auszog, warf sie ihm unter dem dichten Kranz ihrer goldenen Wimpern einen verstohlenen Blick zu.
Er trug lediglich eine weiße Pluderhose, und im Tageslicht war sein Körper sehr schön. Sie errötete bei dem Gedanken. Konnte man einen Mann für schön halten?
Seine ausdruckslosen Augen beobachteten sie, während sie sich entkleidete. Sie war vollkommen einzigartig, aber seit er beschlossen hatte, dieses Mädchen in der Kunst der Liebe zu unterweisen, war er sich all der Weisheiten, die ihm einmal beigebracht worden waren, wieder bewußt: Das erste, das ihm die Meister der Leidenschaft in Samarkand beigebracht hatten, war, daß man keinesfalls Gefühle für eine Schülerin entwickeln durfte. Man mußte die Frau, die man unterrichtete, vollkommen beherrschen, allerdings durch Sanftmut und nicht durch Härte. Was den Mann anging, der sie unterwies, so mußte er geduldig, gütig und streng sein, aber niemals durfte er seinem Herzen erlauben, die Vorherrschaft über ihn zu erlangen.
»Herr?« Sie war nun völlig nackt.
Er konzentrierte sich wieder auf sie. »Das Liebesspiel«, begann er, »kann jederzeit stattfinden, am Tage und in der Nacht, obwohl es einige gibt, die prüde sind und denken, man kann nur im Dunklen leidenschaftlich sein. Da du dich fürchtest, habe ich beschlossen, deine Stunden bei Tageslicht zu beginnen. So kannst du alles sehen, was passiert, und wirst dadurch deine Angst verlieren. Verstehst du das?« Regan nickte. »Gut«, sagte er. »Nun, bevor wir damit beginnen, dich auf dem Gebiet der Berührung zu schulen, mußt du den Namen akzeptieren, den man dir gegeben hat.
Dein ursprünglicher Name klingt in unseren Ohren fremd. Deshalb kannst du
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