Ketten der Lust - Erotischer Roman
einmal jemanden geliebt. Sein Name war Ben. Er war … er war so gut zu mir. Er ging so sorgsam mit mir um wie niemand sonst, von meiner Großmutter abgesehen. So, wie ich es nie von einem anderen Menschen erwartet hätte.«
»Das klingt, als ob er ein netter Mann wäre.«
»Er war es.« Sie sah ihn vor sich, seine lockigen braunen Haare, die blauen Augen, seine große, schlaksige Gestalt. Er hatte große Hände, lange, schlanke Finger, wie Jagger. »Er ist der Grund, warum ich … er hat mich mit meinem Fetisch in Berührung gebracht. Mit ihm war es wunderschön, weißt du?«
Jagger strich ihr übers Gesicht. »Ja, ich kann es mir vorstellen.«
»Ich war früh mit der High School fertig. Ich kam mit den anderen Kindern nicht zurecht, nachdem ich praktisch mit meiner Mutter auf der Straße gelebt hatte. Deshalb machte ich mit sechzehn mit staatlicher Sondergenehmigung Examen und begann noch im selben Jahr mit dem College. Dort habe ich Ben kennengelernt. Er war achtzehn. Mein erster richtiger Freund. Er war der netteste Mensch, den ich je gekannt habe. Wir sind lange miteinander ausgegangen, bevor er mich zum ersten Mal geküsst hat. Er sagte immer, ich sei noch zu jung. Und er wollte nicht mit mir schlafen. Aber wir … Gott, ich weiß gar nicht, ob du das überhaupt hören willst.«
»Ich will alles hören, was du mir erzählst. Du musst es mir erzählen, damit du es endlich los wirst. Ich glaube, du hast eine ganze Menge Mist in dir angesammelt.«
»Okay, okay.« Sie ergriff sein Handgelenk und hielt sich daran fest. »Ben war … er war kreativ und dachte sich Wege aus, um mich zu befriedigen, ohne diese Grenze zu überschreiten. Eines Abends kam er mit einer Dose Sprühsahne an. Du weißt schon, dieses Instantzeug, was man so aufsprüht. Und er sprühte es mir auf die Brüste. Und dann … dann leckte er es mir von der Haut … Gott, so wie du es manchmal machst, Jagger. An jenem Abend hatte ich meinen ersten Orgasmus. Verstehst du? Jener Abend hat Essen für mich total sexualisiert. Und ich habe Jahre verbracht, Fetische zu studieren und dahinterzukommen. Mit ihm konnte ich es nämlich nicht mehr weiter erforschen. Und bis ich dich kennenlernte, habe ich es auch mit niemand anderem ausprobiert.«
»Was ist passiert? Habt ihr euch getrennt?«
Sie begann zu zittern. »Nein. Er … ein paar Tage später hatte er einen Unfall. Er hatte ein Motorrad. Ich habe ihn ständig ermahnt, seinen Helm zu tragen, aber er hasste das Ding. Er sagte immer, das nähme ihm das Gefühl von Freiheit. Ja … und dann hatte er einen Unfall.« Sie schwieg einen Moment lang und holte tief Luft. Dann fuhr sie fort: »Und er … er ist gestorben, Jagger.«
Sie sah ihre Großmutter vor sich, wie sie mit diesem Ausdruck im Gesicht in der Tür gestanden hatte. Sie hatte gespürt, dass etwas Schreckliches passiert sein musste, und hatte ihre Großmutter angefleht, es ihr nicht zu sagen. Aber natürlich hatte sie es sagen müssen. In der Erinnerung krampfte sich ihr Herz zusammen, aber in Jaggers Armen beruhigte sie sich.
»Jesus, Mia Rose. Es tut mir so leid, Baby. Es tut mir so leid, dass du so viel durchgemacht hast.«
»Das Schlimmste daran ist, dass er selber schuld war. Wenn er doch nur den verdammten Helm getragen hätte. Aber er hat ihn nicht aufgesetzt.«
»Das Schlimmste daran ist, dass du all die Jahre mit diesem Verlust leben musstest«, sagte Jagger ruhig.
»Ja, vielleicht.«
Unten auf der Straße rumpelte ein Bus vorbei, und sie blickte zum Fenster. Draußen warf der Mond sein silbriges Licht über den bewölkten Himmel. Und sie dachte nicht zum ersten Mal, wie klein und unbedeutend der Mensch angesichts der Weite des Universums war. Und doch fühlte sie sich zum ersten Mal sicher. Sicher bei Jagger, in seinem Zuhause, in seinen Armen.
»Ich bin mir im Klaren darüber, wie sehr mich mein seltsames Leben beschädigt hat, aber bis jetzt habe ich das einfach nur akzeptiert. Meine Mutter war drogenabhängig. Wir haben jahrelang im Auto gelebt. Hatten oft Hunger. Und dann hat sie mich verlassen. Mein Vater hatte mich schon verlassen, bevor ich überhaupt geboren war. Ich weiß, wie sehr mich das beschädigt hat. Warum habe ich also auf einmal das Bedürfnis, tiefer zu gehen? Ich versichere dir, ich will es eigentlich nicht, aber es ist beinahe, als würde ich gezwungen. Und ich glaube, es hat etwas mit dir zu tun.
Mir ist gerade klar geworden, dass ich meinen Fetisch deshalb noch nicht genauer angeschaut habe, weil er
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