Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition)
nicht so weit gehen, zu behaupten, sie wäre ein Engel gewesen. Manchmal konnte sie eine echte Nervensäge sein.
Was für ein Mädchen aber nicht besonders ungewöhnlich ist.
Sie blieb acht Tage und Nächte lang bei uns und während der ganzen Zeit sind ihr nicht ein einziges Mal Hörner oder ein Schwanz gewachsen und sie hat uns weder das Blut ausgesaugt noch ist von einer Sekunde auf die andere eine haarige Schnauze entstanden, mit der sie uns die Kehle herausgerissen hätte. Nicht mal bei Vollmond.
In der ersten Stadt, die wir erreichten, kauften wir ihr eine Menge Sachen, darunter auch neue Klamotten, einen Rucksack und einen Schlafsack. Sie hat alles mitgenommen, als wir sie schließlich an der Half Moon Bay absetzten. Aber den Schlafsack hat sie nie benutzt, als sie noch bei uns gewesen ist.
Sie hat in unseren geschlafen. Immer abwechselnd.
Jemand hat mal gesagt, dass jede gute Tat irgendwann bestraft wird. Wer immer das gesagt hat, muss völlig durchgeknallt sein.
WUNSCHKNOCHEN
»Tolle Flitterwochen«, schimpfte Diane und stellte sich an den Rand des Wanderwegs. Sie ließ sich auf den großen Felsbrocken sinken, damit dieser ihr die Last des schweren Rucksacks abnahm.
Scott, der schon ein wenig weiter gekommen war, blieb stehen und drehte sich zu ihr um. »Was stimmt jetzt schon wieder nicht?«
»Was stimmt denn überhaupt?«
Er kam auf sie zu und schüttelte den Kopf. Diane wusste, dass sein Rucksack noch mehr wog als ihrer, aber er schien noch genauso voller Tatendrang zu stecken wie morgens bei ihrem Aufbruch.
Sie nahm Mütze und Sonnenbrille ab, kniff die Augen gegen das grelle Sonnenlicht zusammen, knüpfte ihr Halstuch auf und wischte sich das verschwitzte Gesicht ab.
»Wir sollten besser weitergehen«, mahnte Scott. »Es sind nur noch ein paar Stunden, bis die Sonne untergeht.«
»Warum campen wir nicht einfach hier?«
»Du machst wohl Witze.«
»Ich mein’s ernst. Ich bin total erledigt.«
»Hier gibt’s kein Wasser, das ist schon mal das Erste.«
»Tja, ich beweg mich auf jeden Fall keinen Zentimeter mehr weiter.«
»Herrgott noch mal …«
»Wir haben genug Wasser für eine Nacht.«
»Auf der anderen Seite vom Pass ist ein See.«
»Na schön. Dann geh du doch zum See. Ich bleib hier.«
»Diannnnne.«
»Nee ehrlich. Meine Blasen haben schon Blasen. Jeder einzelne Knochen in meinem Körper tut weh. Und außerdem hab ich Kopfschmerzen.«
»Aber der Platz hier ist Scheiße.«
» Ich wollte vorhin am Bach zelten, schon vergessen? Aber nein. ›Oh, wir schaffen es locker über den Pass‹«, äffte sie ihn nach. »›Dir läuft ja noch nicht mal richtig der Schweiß, Liebling.‹ Willst du mal richtigen Schweiß sehen?« Sie hob ihr rotes Halstuch vor Scott in die Höhe, knüllte es mit einer Hand zusammen und presste. Schweiß triefte heraus, landete zwischen ihren Stiefeln und malte dunkle Flecken auf den staubigen Weg.
»Stell dir doch nur mal vor, wie schön es am See sein wird«, versuchte es Scott erneut. »Die Seen hier oben sind Gletscherseen. Eiskalt. Du kannst baden gehen, während ich das Zelt aufbaue.«
»Ich rühr mich nicht von der Stelle.«
»Na schön. Wie du willst.« Er drehte sich um und wanderte davon. Seine Stiefel wirbelten blasse Staubwolken hinter ihm auf. Die Ausrüstung an seinem Rucksack klapperte und schepperte.
Er wird mich nicht wirklich hier zurücklassen!, beruhigte Diane sich selbst.
Das Halstuch fühlte sich ein wenig kühler an, als sie es wieder um ihren nass geschwitzten Hals band. Sie schlüpfte aus den Trageriemen des Rucksacks, vergewisserte sich, dass er sicher auf dem Felsen stand, und stand auf. Ihre Füße kamen ihr verkrampft vor und brannten fürchterlich. Aber sie genoss das Gefühl, ohne das zusätzliche Gewicht aufrecht stehen zu können. Die sanfte Brise kühlte ihren erhitzten Rücken.
Scott wanderte unverdrossen weiter.
»Ich weiß, dass du nur bluffst«, rief sie ihm hinterher.
Er tat, als habe er sie nicht gehört.
Er folgte einer Biegung des Wanderwegs und verschwand hinter einer Ansammlung großer Granitbrocken.
Er wird dort anhalten und auf mich warten, dachte Diane. Aber da kann er lange warten!
Stöhnend rieb sie sich den schmerzenden Nacken. Sie lüftete das durchnässte T-Shirt vom Rücken und schüttelte es auf. Dann schob sie eine Hand hinten in die Jeans und zupfte das durchgeweichte Höschen zwischen den Pobacken heraus.
»Scott?«, rief sie.
Er gab keine Antwort.
»Hör auf mit diesen Spielchen, okay?
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