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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Welten geschickt. Die Erlauchten wissen, dass Sie morgen im TZ von Bonville erscheinen. Ihre neue Identität hat er nicht genannt; wir wollen es den Unsterblichen nicht zu einfach machen.«
    »Und Isaac DelMeo hat genug Meriten für einen Aufstieg angesammelt?«, fragte Esebian.
    »Vor allem deshalb dauerte es so lange, die Datei anzulegen. Erebos musste Meriten in einer Treuhand sammeln, die Überprüfungen durch die Magister standhält. Das System wird streng überwacht, und bisher ist ihm so etwas nur zweimal gelungen. Eine Datei gehört Isaac DelMeo, und die andere einer Nuntius namens Rebecca Jingst, doch jene zweite Datei lässt sich frühestens in fünf Jahren von einer schlafenden in eine aktive verwandeln.«
    Isaac DelMeo, dachte Esebian, und vager Argwohn regte sich in ihm. Jemand, in dessen Rolle er schlüpfen konnte, zweihundertdreiundfünfzig Echtjahre alt und Konsul. Das waren die beiden wichtigsten Punkte; die übrigen Einzelheiten spielten eine untergeordnete Rolle. Aurora verfügte nur über zwei langfristig angelegte Therapiedateien, und eine eignete sich zufälligerweise für ihn? Aber … Erebos hatte die Datei für ihn angepasst, oder? Esebian seufzte innerlich. Ein oder zwei weitere Schritte in diese Richtung, dachte er, und das Misstrauen gewinnt wieder die Oberhand.
    Titus verstand sein Schweigen falsch und schien zu befürchten, dass Esebian erwog, Abstand von dem Plan zu nehmen. »Sie sind der Köder«, wiederholte er. »Aber unsere Augen und Ohren sind die ganze Zeit bei ihnen. Wir haben Kontaktleute im TZ, und Erebos ist da. Er kann Ihnen helfen, wenn … etwas schiefgeht.«
    »Was sollte schiefgehen?«, fragte Esebian ironisch.
    »Ja, was sollte schon schiefgehen?« Titus lächelte, und dadurch wirkte sein Gesicht noch asymmetrischer. »Wenn der Erlauchte, der es auf Sie abgesehen hat, nicht reagiert, werden Sie als Isaac DelMeo einer Therapie unterzogen und steigen zum Residenten auf.«
    »Das hoffen Sie.«
    »Die Datei ist in Ordnung. Wir haben alles überprüft.«
    »Sie geben mir etwas, das Sie über zwanzig Jahre Arbeit gekostet hat«, sagte Esebian, und wieder war das Misstrauen da. »Ich bin ein Köder für die Erlauchten und ein Experiment für Aurora.«
    »Wenn niemand auf den Köder reagiert … Dann sehen wir an Ihnen, ob wir auf diese Weise weiterkommen. Wir reprogrammieren Ihre Erweiterungen und zeichnen alles auf. Die Daten könnten uns dabei helfen, Aufschluss über die einzelnen Phasen der Therapie zu gewinnen.«
    »Sie spekulieren auf den großen Durchbruch«, sagte Esebian, blickte über den See und beobachtete die Lichter auf der fernen Insel. Die Menschen, die dort lebten, sich ganz bewusst dem letztendlich fatalen Parasiten aussetzten und mit der Gewissheit lebten, in absehbarer Zeit zu sterben … Welche Perspektive hatten sie für ihre Existenz? Mit welcher inneren Einstellung dachten sie an den nächsten Tag? »Ihr Ziel besteht darin, selbst zu therapieren.«
    »Unsterblichkeit für alle«, sagte Titus, und bei diesen Worten bekam seine Stimme eine neue Festigkeit. Dies war etwas, an das er glaubte, das ihn antrieb. »Und nicht durch die Gnade der Magister und Erlauchten. Eine Möglichkeit, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.«
    »Und wenn der Erlauchte auf den Köder reagiert? Wenn er versucht, mich umzubringen?«
    »Wir werden Sie natürlich schützen. Erebos übernimmt die Kontrolle über die Sicherheitssysteme des Therapiezentrums. Der Attentäter wird festgesetzt, und Sie erhalten Gelegenheit, von ihm Antworten auf Ihre Fragen zu bekommen.«
    »Und das Chaos wird Sie in die Lage versetzen, den kompletten Inhalt des TZ-Datennetzes zu kopieren.«
    »Mit etwas Glück sind unsere Kontaktleute sogar in der Lage, Therapiegeräte zu transferieren«, sagte Titus und stand auf. »Kehren wir zur Basis zurück. Sie sind geschwächt und sollten schlafen. Der morgige Tag bietet Ihnen eine große Chance.«
    Esebian erhob sich ebenfalls; die Möbiusschleife wog schwer in seiner Tasche. Das Gewicht der zart gebauten Leandra schien an ihm zu zerren. »Sie benutzen mich«, sagte er, blickte über den See und atmete den Parasiten in der ungefilterten Luft noch einmal tief ein. Er konnte Kreativität und Ideen gebrauchen.
    »Wir helfen uns gegenseitig«, erwiderte Titus ohne ein Lächeln und führte Esebian ins Haus zurück, zu dem Transferitor, der dort auf sie wartete.

 
49
     
    Esebians Muskeln fühlten sich steif an, als er in der Biomaske eines Konsuls namens

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