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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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für Sterbliche wie ihn offen blieb, bereits ein Notsignal gesendet und ein Rekonversionsteam angefordert?
    Dann wich die Dunkelheit zurück, verscheucht von Licht, das wie gelbe Messer durch eine dichte Staubwolke schnitt, und diesen Messern gesellten sich andere Klingen hinzu – die Magisterdrohne schwebte über ihm. Tahlon bemerkte, dass an der einen Seite mehrere lange Schneiden abgebrochen waren; bei anderen zeigten sich Schmelzspuren.
    »Ich konnte nicht alle schützen«, ertönte eine summende Stimme. »Das bedauere ich sehr.«
    Tahlon richtete sich vorsichtig auf, griff dabei auf die Restfunktionen seiner Erweiterungen zu und stellte fest, dass er sich nichts gebrochen hatte. Seine Verletzungen beschränkten sich auf einige Hautabschürfungen und blaue Flecken vom Aufprall.
    Die Staubwolke setzte sich allmählich, und sein Blick strich über Trümmer und fand einen seltsam unversehrten Kopf mit blau angelaufenen Kiemen am blutigen Halsstumpf. Der Körper – beziehungsweise das, was von ihm übrig war – lag zwischen den Trümmern verstreut.
    »Ranidi …«, brachte Tahlon hervor.
    In der Ferne erklangen Sirenen, und ihr Geheul kam näher.
    »Ich habe Hilfe angefordert«, sagte die schwebende Drohne. »Aber ich fürchte, Rekonversionen sind nicht möglich.«
    Nein, dachte Tahlon, als er die Knochensplitter und Fleischfetzen sah. Dies waren keine Verletzungen, sondern Zerstörung . Für Ranidi gab es keine Möglichkeit, ins Leben zurückzukehren.
    Dann begriff er, dass die Drohne nicht nur seinen Assistenten meinte, sondern auch alle anderen, die sich außerhalb ihres Schutzfeldes befunden hatten. Zwischen den zerschmetterten weißen Gebäuden gab es dunkelrote Flecken und Spritzer, auch vor den Resten der pulverisierten Mauer. Nur zwei Schemen wankten durch die Rauch- und Staubschwaden, zwei Sicherheitsbeauftragte von der Concordia , die sich bestürzt umsahen. Zwischen zwei großen Trümmerstücken stand schief und wie eingezwängt das Stützgerüst, und der Mann darin hustete. Der Mörder hatte überlebt. Dass die Drohne ihn mit ihrem Schirmfeld geschützt hatte, während die anderen sterben mussten, erschien Tahlon als empörende Ungerechtigkeit. Dann fiel ihm ein, dass die Magisterdrohne vermutlich gar keine Wahl gehabt hatte, denn die Reichweite ihres Schirmfelds war begrenzt.
    Tahlon drehte sich um. »Was ist mit El'Jarod und seinen Begleitern?«
    Jaes Drohne stieg etwas weiter auf. Es war ihr Licht gewesen, dass die dichte Staubwolke durchdrungen hatte, und jetzt tastete es dorthin, wo der Transferitorpavillon gestanden hatte. »Die Druckwelle hat ihn getötet, und bei Unsterblichen ist keine Rekonversion möglich. Ein mehr als zweitausend Jahre langes Leben wurde endgültig ausgelöscht.«
    Mehrere Atmosphärenspringer landeten, und Nothelfer sprangen heraus.
    »Was ist mit den anderen?«, fragte Tahlon.
    »Einige von ihnen können vielleicht rekonvertiert werden.«
    Die beiden überlebenden Sicherheitsbeauftragten kamen näher, und Tahlon sah den Schock in ihren Gesichtern. Sie verdankten es nur einem Zufall – ihrer Nähe zur Drohne während der Explosion –, dass sie noch am Leben waren. Tahlon hob den Blick, erfasste das ganze Ausmaß der Zerstörung und gelangte zu dem Schluss, dass es nicht nur eine Explosion gewesen war. Die ganze Anlage des Schreins war betroffen; es stand kein einziges Gebäude mehr.
    »Wo befindet sich El'Hantor?«, stieß er hervor.
    »Sein letzter bekannter Aufenthaltsort ist das Zentrum des Schreins, die Memoria.«
    »Bitte bringen Sie uns dorthin, Jae«, sagte Tahlon. »So schnell wie möglich.«

 
60
     
    Aus einer Höhe von einigen Dutzend Metern waren deutlich die tiefen Explosionskrater zu sehen, die Zentren der Vernichtung, und Tahlon erkannte sofort: Was auch immer die Ursache der Detonation gewesen war – sie hatte den ganzen Schrein zerstören sollen.
    »Raten Sie mal, wer dahintersteckt, Präfekt«, krächzte Esebian.
    Tahlon brauchte nicht zu raten. »El'Farah und El'Coradi.«
    »Wahrscheinlich in Zusammenarbeit mit El'Kalentar. Was es auch immer mit Fouracre auf sich hat: Wir sollen nichts davon erfahren.«
    Während sie im Gravitationsfeld der Drohne über die Trümmer des Schreins hinwegschwebten – grauer Staub lag wie ein Leichentuch auf den geborstenen Gebäuden –, wurde es schnell dunkler. Die Drohne schickte einige mobile Lampen voraus und leuchtete mit Scheinwerfern. Finger aus Licht strichen über die Reste stolzer Gebäude.
    »Meine

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