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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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hörte plötzlich auf.
    »Was machen Sie hier?«, ertönte eine Stimme hinter Esebian, und er erkannte sie sofort. Noch bevor er sich umdrehte, wusste er, wer dort in der Tür stand: El'Kalentar.
    Der Unsterbliche mit dem roten Eidechsenimplantat in der Stirn hielt eine Waffe in der Hand, hob sie und schoss.

 
66
     
    Es blieb Esebian keine Zeit zu einer Reaktion. Ein Projektil raste an ihm vorbei, schlug mit einem dumpfen Knall in die Drohne und explodierte in ihrem Innern. Der ovale, metallene Leib des Magistergesandten erbebte, und knisternde Entladungen tanzten kurz über die Hülle. Dann lag die Drohne still da.
    »Ich wusste, dass man Ihnen nicht trauen kann, Esebian «, zischte der Unsterbliche und kam näher.
    »Warten Sie! Ich …«
    »Was wollen Sie? Antworten haben Sie bekommen, von El'Farah. Sie glaubt noch immer, dass wir Erlauchten eine große Familie sein sollen. Aber Sie gehören nicht zu uns. Jemand wie Sie hätte nicht zu einem Unsterblichen werden dürfen. Diesen Fehler werde ich korrigieren.«
    »Jemand wie ich? Sie waren es doch, der mich zu dem gemacht hat, der ich bin!«
    »Sie passen nicht mehr in die Gleichungen.« El'Kalentar kam noch etwas näher, und der Lauf seiner Waffe zeigte auf Esebians Brust. Das kupferrote Eidechsenwesen in seiner Stirn hob den Kopf und zischte leise. »Sie haben Ihren Zweck erfüllt.«
    »Und Sie?«, fragte Esebian, während er nach einem Ausweg suchte. »Sie hätten sterben sollen, nicht wahr? Die Berechnungen verlangten Ihren Tod, aber Sie wollten sich nicht selbst opfern.«
    Das Gesicht des Unsterblichen blieb unbewegt. »El'Farah hat Ihnen also auch das erzählt. Nun, es spielt ohnehin keine Rolle.«
    »Mit Ihren Gleichungen kann nicht viel los sein, wenn Sie nicht wussten, was mir der Große Synchronisator im Labyrinth von Lahor gezeigt hat. Ohne einen Gedächtnisscan hätten Sie es nie erfahren.« Esebians Zunge und Lippen bewegten sich wie von allein. Sein Blick huschte kurz zur Drohne, aber von ihr konnte er keine Hilfe erwarten. El'Kalentar brauchte nur den Zeigefinger ein wenig zu krümmen, dann war seine Unsterblichkeit zu Ende. »Wie können Ihre Berechnungen genau sein, wenn Sie von ihnen nicht einmal auf etwas so Großartiges wie die Schöpfungsmaschine der Incera hingewiesen worden sind? Sie haben einen Fehler gemacht, El'Kalentar. Er besteht darin, dass Sie noch leben. Sie wollten den Tod überlisten, ein zweites Mal, aber in Wirklichkeit haben Sie sich damit selbst überlistet und Ihre Berechnungen zunichte gemacht. Ihre sorgfältigen Vorbereitungen über Jahrtausende hinweg, die Manipulation meines Lebens … Alles umsonst, weil Sie nicht bereit waren, sich zu opfern. Das Bild von der Zukunft, das Ihnen Ihre Berechnungen gezeigt haben … Es existiert nicht mehr. Die Wellen des Steins, den Sie ins Wasser geworfen haben, führen plötzlich in eine andere Richtung, und wer weiß, wo sie das Ufer erreichen? Von jetzt an ist alles möglich.«
    Plötzlich fiel ihm etwas ein.
    »Der Incera-Spezialist, zu dem ich vielleicht geworden wäre, wenn Sie mein Leben nicht ruiniert hätten, hat Sie auf die Spur eines weiteren Geheimnisses jenes alten Volkes gebracht, vielleicht sogar ihres größten. Aber ich habe noch eine Incera-Überraschung für Sie, ein Artefakt, das Sie interessieren dürfte.« Esebian griff in die Tasche seiner Hose und holte das grauschwarze Kästchen hervor.
    »Was ist das?«, fragte El'Kalentar.
    »Es stammt aus dem Labyrinth von Lahor. Vielleicht ist es Teil des Großen Synchronisators oder gar der Schöpfungsmaschine. Vielleicht war es ›Schicksal‹, dass ich es jetzt hier in den Händen halte.« Esebian drehte das kleine Objekt und strich mit den Fingern über die Sensormulden neben dem Indikator.
    Für einen Moment zeigte sich Interesse im Gesicht des Unsterblichen, doch es verschwand sofort wieder. »Und wenn schon.« Sein Zeigefinger bewegte sich am Auslöser der Waffe.
    Esebian öffnete die Möbiusschleife, doch es kam nichts heraus. Stattdessen zog ihn etwas hinein.
     
     
    Eine Frau hockt in der Ecke, die Hände im zerzausten Haar, und wimmert leise. Sie ist kaum mehr als ein Schatten, unerreicht vom Licht der Flamme des Lebens, die über dem langen Tisch leuchtet, mit blauem Kern und gelber Aura. Esebian kennt diesen Ort, aber bisher hat er ihn für eine Metapher gehalten, für ein Bild seines Unterbewusstseins. Er geht am Tisch entlang, langsam, obwohl er weiß, dass an einem anderen Ort die Zeit drängt. Dort haben sie

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