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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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fragte sich, ob dies ein Traum war, hervorgerufen von einer mangelhaft absorbierten Distortion. Aber die eigenen Gedanken erschienen ihm klar, und er sah sogar die Transitgeister, von denen interstellare Reisende manchmal erzählten: diffuse Erscheinungen, die am Säulentunnel in der Mitte des Zylinders entlangglitten; Phantome mit Armen und Beinen, mit Gesichtern, in denen Augen glühten. Lichter blitzten hier und dort auf, tanzten über die Wände. Eins verharrte kurz vor Esebians Gesicht und leuchtete so hell, dass er die Augen zukniff. Als er sie wieder öffnete, stand Ayanne vor ihm, sah ihn traurig an und sagte: »Es ist deine Schuld.«
    Esebian wich einen Schritt zurück, aber er konnte seiner Vergangenheit nicht entkommen. Sie holte aus und schlug ihm mitten ins Gesicht.

 
25
     
    Dies ist das Haus, in dem Frieden und Glück wohnen sollten, aber stattdessen haben sich dort Kummer und Leid niedergelassen. Dies ist der Abend, an dem der Schnee sanft und leise fällt und auf alles eine weiße Decke legt, nicht nur auf die Gipfel der nahen Berge und die Koniferen an den Hängen und im Tal, nicht nur auf die Häuser aus Variform-Teilen oder echtem Holz, sondern auch auf die Herzen und Seelen der hier lebenden Menschen. Von hier aus ist es nicht weit bis zu den Dunklen Welten am Rand des Vorhangs, den man manchmal am Himmel sehen kann, als ein langes Band in blassem Rosa und wildem Violett, hinter dem sich die Alte Erde um ihre Sonne dreht. Aber an diesem Abend ziehen Wolken über den Himmel, schneebeladen, und sie schlucken das Licht der Sterne und des Vorhangs, trennen Dannacker vom Rest des Universums.
    Dies ist der Abend, der Esebians Leben für immer verändern wird. Er ist noch jung, gerade mal dreißig Echtjahre, und er heißt Winford …
    Der Arzt wollte warten, bis sich der vom Atmosphärenspringer aufgewirbelte Schnee wieder legte, aber Winford war auf seiner Seite bereits hinausgesprungen, lief um die kleine Maschine herum, riss die Tür auf und zerrte den Mann in die kalte Nacht. »Kommen Sie! Jede Sekunde ist kostbar!«
    Sie liefen zum Haus, das auf einer kleinen Anhöhe stand, gesäumt von Koniferen und von hellem Lampenschein der Dunkelheit entrissen. Ayanne hatte die Tür bereits geöffnet, und ein Teil der Sorge in ihrem Gesicht wich Hoffnung, als sie den Arzt sah. Winford stürmte an ihr vorbei und zog den Mann hinter sich her. Vorbei am Kamin, in dem ein echtes Feuer brannte, die schmale Treppe hoch, dann das erste Zimmer auf der linken Seite. Ein großes Zimmer in fröhlichen Farben, mit buntem Variform-Spielzeug und veränderlichen Bildern an Wänden und Decke.
    »Dort sind sie«, stieß Winford hervor und deutete auf die beiden Betten. »Bitte helfen Sie ihnen.«
    Der Arzt zog die Jacke aus, öffnete seine Instrumententasche und machte sich an die Arbeit. Er verzichtete auf die Frage, warum Winford und Ayanne nicht den Notdienst des medizinischen Zentrums Bussani verständigt hatten, das nur zweihundert Kilometer entfernt und mit professionellen Geräten ausgestattet war – er kannte die Antwort. Wie viele andere, die mit Auroras Hilfe hierher nach Dannacker gekommen waren, konnten Ayanne und Winford kein Medizentrum aufsuchen, weil man bei den dortigen Untersuchungen sofort den genetischen Korrekturen auf die Spur gekommen wäre. Mit dem Ergebnis einer untilgbaren Chromosomenmarkierung und einer Meldung an die Magister, was jede Chance auf Kandidatenstatus und Unsterblichkeit zunichte machte.
    Dies sind eineiige Zwillinge, vier Echtjahre alt, Darrell und Tanya. Sie sind in den Gemischten Gebieten geboren, wie ihre Eltern, aber sie tragen nicht mehr den Makel in sich. Ein Korrektor hat ihn aus ihren Genen entfernt, ebenso aus denen von Ayanne und Winford. Deshalb kommen viele nach Dannacker. Um jemand anders zu werden. Um einen neuen Weg zu beginnen, von dem sie hoffen, dass er sie eines Tages zu den Hohen Welten bringt. Hier gibt es Leute, die vor den Regeln die Augen verschließen, und nicht alle von ihnen denken dabei an das Wohl derer, die sich voller Hoffnung an sie wenden …
    Winford stand hinter dem Arzt – dem man vertrauen durfte, wie er von anderen gehört hatte –, als er die Zwillinge untersuchte. Nervös und voller Sorge blickte er ihm über die Schulter, bis sich der Mann zu ihm umdrehte und sagte: »Bitte warten Sie unten. Sie können hier ohnehin nichts tun.«
    Winford nickte, warf einen letzten Blick auf seinen Sohn und seine Tochter – wie blass sie waren, wie

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