Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
Vom Netzwerk:
sein.«
    »Hab ihn heute noch nicht gesehen. Normalerweise kommt er um elf, wenn wir den Laden aufmachen. Er taucht bestimmt noch auf. Spätestens zur Happy Hour. Die Gelegenheit, zwei Drinks zum Preis von einem zu kriegen, lässt er sich nie entgehen.«
    »Wenn er kommt, könnten Sie ihm dann ausrichten, dass er sich bei uns melden soll? Jetzt sind wir zwar unterwegs, aber er kann uns später im Ocean View Motel in Quorum erreichen.« Stacey schrieb die Nummer auf eine Papierserviette, die der Barkeeper auf das Sims mit den Schnapsflaschen hinter sich legte. Ich wartete, während Stacey das Mittagessen (mein zweites, sein drittes) bezahlte, und dann kehrten wir zum Auto zurück.
    Als wir auf dem Highway 78 wieder in nördlicher Richtung fuhren, wies ich ihn auf die verschwommenen Umrisse des Tuley-Belle auf der linken Seite hin. »Sollen wir den Rundgang jetzt machen oder noch einmal herfahren?«
    »Was du heute kannst besorgen …«
    Stacey bog in die asphaltierte vierspurige Einfahrt ein und bemerkte wie ich deren ramponierten Zustand. Wir fuhren die zweieinhalb Kilometer, während sich links und rechts von uns die Wüste ausdehnte. Vor dem Komplex parkten wir und stiegen aus. Es war noch Nachmittag, und die Sonne über uns brannte wie ein erbarmungsloser Strahler und enthüllte jeden Riss und jeden Makel an dem verlassenen Bauwerk. In meiner Erinnerung hatte ich es irgendwie ein bisschen aufgeräumt und den Müll und die Sandhaufen, die nackten Fensterhöhlen und die Rillen auf der ungeteerten Parkfläche ringsum ausgeblendet. Ich nahm eine Bewegung wahr, wandte den Blick und legte eine Hand auf Staceys Arm. Alle beide standen wir regungslos da. Zwei Kojoten kamen angetrottet. Beide waren blassgrau und mager. Sie hatten krumme Beine und waren größer als ein durchschnittlicher Schäferhund, besaßen jedoch die gleichen hervorstehenden Ohren. Der erste Kojote blieb stehen und musterte uns mit einer gewissen lässigen Arroganz. Es waren Wüstenkojoten, kleiner als die Exemplare, die man in Santa Teresa zu sehen bekam. Wenn dort die Dürrejahre kleine Nagetiere und Niederwild dezimiert hatten, hatten sich die Kojotenrudel gezwungen gesehen, aus den Hügeln in bebaute Gegenden herunterzukommen. Ich hatte sie einander rufen hören, schaurige, schrille Schreie, wenn sie ihre Beute in die Enge getrieben hatten und kurz davor waren, sie zu reißen. Zahllose handgeschriebene Schilder hatte ich an Telefonmasten hängen sehen, meist versehen mit Fotos und Telefonnummern, auf denen bekümmert um die Rückgabe »entlaufener« Katzen und kleiner Hunde gefleht wurde. Ich wusste, wo sie waren. Wenn ich im Morgengrauen durch die Stadt fuhr, hatte ich gelegentlich einen einsamen Kojoten mit einem Bündel zwischen den Zähnen über die Straße trotten sehen. Hier draußen in der Wüste, wo die Hitze extrem war und sogar noch weniger Regen fiel, fraßen Kojoten alles: Eidechsen, Insekten, Aas, Schlangen. Der zweite Kojote war weitergetrottet, kehrte aber nun in einem Kreis zum ersten zurück. Dies musste das Weibchen von den beiden sein, da ihre Flanken von einem Wurf Junge gerundet waren. Die beiden Tiere starrten uns mit gespenstischer Intelligenz an. Ich sah ihre kalten gelben Augen und die unergründlichen runden, schwarzen Pupillen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass sie Angst vor uns hatten. Dies war ihr Revier, karg und unzivilisiert, und ihre Überlebenschancen wären hier draußen immer höher als unsere. Stacey klatschte in die Hände, und die beiden zogen im selben gemächlichen Trott weiter in Richtung Straße. Er wandte sich um und sah ihnen nach, genau wie ich, bis sie aus unserem Blickfeld verschwunden waren.
    Der Wind frischte auf. Trotz der Sonne und meiner Bomberjacke merkte ich, wie ich in der Kälte fröstelte. »Lassen Sie uns reingehen, bevor ich noch erfriere.«
    Wir schritten durch die leeren Flure. Mit Stacey in der Nähe war ich bereit, mich weiter hineinzuwagen. Zuerst sahen wir uns gemeinsam um, dann trennten wir uns. Während er die teilweise fertig gestellten Eigentumswohnungen nebenan inspizierte, stolperte ich über eine halb fertige hölzerne Treppe und stieg vorsichtig in den ersten Stock. Dort trat ich an ein breites, rahmenloses Fenster und blickte hinaus: so weit das Auge reichte nur Gestrüpp und vereinzelte Dornbüsche. Und abermals das Geräusch von hektisch flatterndem Plastik. Ich lehnte mich hinaus und spähte nach links. Auf ebener Erde konnte ich eine milchige Ecke der Plastikfolie unter

Weitere Kostenlose Bücher