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KISSED

KISSED

Titel: KISSED Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ALEX FLINN
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als alles, was ich kenne. Das träume ich nicht. Ich greife in die Tasche meiner Jeans. Die Ohrstöpsel, die Victoriana mir gegeben hat, sind auchda. Sie sind real. Ich stecke sie mir in die Ohren, aber natürlich kann ich sie an niemandem ausprobieren.
    Dann ziehe ich den Umhang enger um mich.
    »Ich wünschte, ich wäre im Hotel.«
    Und dann bin ich dort. Ich blinzle. Die stille Lobby blendet mich. Der Nachtportier ist an seinem Pult eingeschlafen, seine Hand liegt noch auf der Maus. Auf dem Bildschirm ist eine Seite zu sehen, die dem Management nicht besonders gefallen würde. Der Springbrunnen ist abgestellt, und die Schwäne sind in ihrem Haus.
    Ich schleiche zum Papageienkäfig hinüber und ziehe das Segeltuch weg, mit dem er bedeckt ist. Wenn der Umhang funktioniert, dann vielleicht auch …
    »Hallo?«, flüstere ich.
    Ich muss es ein paarmal versuchen, bis der Vogel aufwacht, aber schließlich wiederholt er: »Hallo?«
    »Ähm …« Mir fehlen die Worte. »Was treibste denn so, Alter?«
    Nichts.
    »Hallo?«
    »Hallo?«, wiederholt der Papagei.
    Keine Antwort auf meine Frage. Ich fummle an meinem Ohrstöpsel herum, dann versuche ich es noch mal.
    »Hey, wenn du nicht willst, dass ich dich belästige, dann lass ich es eben. Lass mich nur wissen, ob du mich verstehst.«
    »Jetzt schaut euch das mal an!«, sagt eine Stimme irgendwo im Raum. »Der Junge da versucht, sich mit diesem Doofi von Vogel zu unterhalten.«
    Ich zucke zurück, es ist mir peinlich, dabei erwischt zu werden. »Hey, ich hab doch nur …« Ich sehe mich um. Niemand da. Ich schaue wieder den Papagei an.
    » OORK !«, krächzt er.
    Nein. Er war es nicht. Aber wenn nicht er, wer dann? Der Empfangsmitarbeiter? Der schnarcht noch. Sonst ist niemand da. Es sei denn …
    Ich ziehe die Abdeckung wieder über den Käfig, dann gehe ich in Richtung Springbrunnen, von wo die Stimme gekommen ist. Ein Schwan steht dort und hält seinen mit Schwimmhäuten ausgestatteten Fuß ins Wasser. Als ich nahe genug an ihm dran bin, sehe ich mich noch einmal um. Dann flüstere ich: »Hast du mit mir gesprochen?«
    Der Schwan hebt seinen Fuß so an seine Brust, dass ich mir gut vorstellen kann, wie er »Ich?« sagt. Zumindest könnte ich das, wenn ich verrückt wäre. Was ich womöglich bin.
    »Ja, du. Oder siehst du hier sonst noch jemanden?«
    »Du scheinst es ja vorzuziehen, dich mit diesem himmelblauen Doofkopp zu unterhalten«, sagt er, dann dreht er sich um.
    Es funktioniert. Es funktioniert! Wenigstens glaube ich, dass es funktioniert. Ich habe noch nie zuvor einen Schwan sprechen hören, und jetzt ist auch noch einer sauer auf mich.
    »Tut mir leid«, sage ich zu dem sich entfernenden Rücken des Schwans, »aber jeder weiß doch, dass Papageien diejenigen sind, die sprechen können. Ich meine, normalerweise.«
    Der Vogel dreht sich wieder um. »Papageien ahmen hauptsächlich nach, sie wiederholen, was sie schon tausend Mal gehört haben. Die einzigen Tiere, die wirklich sprechen können, sind die, die früher einmal Menschen waren.«
    »Du warst also früher ein Mensch?« Genau wie Victoriana gesagt hat.
    »Offensichtlich.«
    »Und du wurdest … jemand hat dich in einen Schwan verwandelt?«
    Der Vogel zieht die Federn über seinen schwarzen Knopfaugen nach oben.
    »Okay, wurdest du. Aber ich habe dich nie zuvor sprechen hören, und ich bin schon mein ganzes Leben lang in diesem Hotel.«
    »Vielleicht«, sagt der Vogel, »hast du nicht richtig hingehört.«
    Das ist unglaublich. »Dann gibt es also noch mehr Tiere, die wie du sind, noch andere, die sprechen können?«
    »Mehr, als du glaubst.«
    »Und reden sie miteinander?« Eine Idee nimmt langsam Gestalt an. »Könntest du mir helfen? Kennst du noch andere sprechende Tiere? Weißt du, wo man mehr von ihnen finden kann, gibt es so etwas wie ein Netzwerk?«
    Der Vogel sagt nichts, geht weg und kommt einen Moment später wieder zurück, gefolgt von fünf weiteren Schwänen. »Meine Geschwister«, sagt er, »Harry, Truman, Jimmy, Mallory und Margarita.«
    Die Schwäne ignorieren mich, unterhalten sich miteinander.
    »Stimmt das?«, fragt einer.
    »Kann er uns wirklich hören?«, fragt ein anderer.
    »Ja, von wegen«, sagt ein dritter. »Ernest nimmt uns doch dauernd auf die Schippe.«
    »Frag ihn«, sagt der Schwan, mit dem ich geredet habe und der, wie ich annehme, Ernest heißt.
    Schließlich wendet sich ein anderer Schwan an mich. »Ich weiß, du kannst mich nicht verstehen, aber ich bin Mallory.«
    »Hi.«

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