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Klar sehen und doch hoffen

Klar sehen und doch hoffen

Titel: Klar sehen und doch hoffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schorlemmer
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ihr schmutziges Handwerk legen, ob im Kongo, im Sudan oder anderen Regionen der Welt?
    Eine der bleibenden Herausforderungen für die westliche Welt wird sein, dass sie auf der Grundlage der Menschenrechte und der Charta der Vereinten Nationen handelt und die Konfrontation mit Russland nicht neu entfacht. Auch deshalb habe ich mich (zusammen mit den Freunden im Willy-Brandt-Kreis) gegen den sogenannten Raketenschirm in Tschechien und Polen ausgesprochen. So unmittelbar vor der Haustür der Russen wird er eine neue Rüstungsspirale auslösen.
    »Krieg«, hatte Johannes Paul II. im Januar 2003 vor dem diplomatischen Korps undiplomatisch gesagt, »ist immer eine Niederlage der Menschheit.« Die Niederlage wenigstens kleiner zu halten bleibt eine Menschheitsaufgabe.

UMKEHR FÜHRT WEITER
DIE ZEIT ZU REDEN IST GEKOMMEN
    In unseren 20 Wittenberger Thesen zum Kirchentag in Halle im Juni 1988 diagnostizierten wir »eine viele Lebensbereiche betreffende Krise« der DDR »mitten in einer Welt, die in eine Krise geraten ist«. Wir verwiesen auf globale wie auf lokale Herausforderungen. Überschwemmungs-, Gift- und Dürrekatastrophen, Hungersnöte, Atomunfälle und Artensterben, Wasserverseuchung oder Luftverschmutzung deuteten wir als »warnende Vorboten einer Lebensbedrohung globalen Ausmaßes«, die uns nötigten, endlich unser »Schweigen aufzugeben und Verschweigen nicht weiter zuzulassen«. Zahlreiche nachdenkliche Menschen in aller Welt suchten, erhofften und forderten eine »grundlegende Wende, ein neues Denken, eine Umkehr zu allem Lebenserhaltenden«. Wir verwiesen auf die »gemeinsame Verantwortung aller Menschen für die Zukunft des Lebens auf diesem Planeten«. Weiter hieß es: »Wo lebensbedrohende, irreversible Prozesse in Gang gesetzt werden, ist ein rechtzeitiges und entschlossenes Umsteuern nötig.« Einige ermutigende Schritte sahen wir in der Friedenpolitik. Wir hofften »auf weitere breite Ent-Rüstung«.
    In unseren Thesen forderten wir die grundsätzliche Bereitschaft zur demokratischen Partizipation und zum produktiven Streit ein, ohne die sich keines der schwerwiegenden Probleme lösen ließe. Wir mahnten die Überwindung von Angst und Verzagtheit, Misstrauen und Erwartungslosigkeit an, um endlich den »Freimut [zu] gewinnen, aus dem wir in kritischer Solidarität auf die Erneuerung unserer Gesellschaft« drängenwollten. Wir klagten über den alles erstickenden Dogmatismus und Bürokratismus und die Behördenwillkür, um gleichzeitig auf die vorhandene Obrigkeitsfurcht, die verbreitete Gleichgültigkeit und Resignation zu verweisen, Faktoren, die unserer Auffassung nach allesamt »dem Sozialismus in seinem Wesen« schadeten. Zugleich forderten wir den Verzicht der »Kommunisten auf das mit Macht ausgeübte Wahrheitsmonopol und auf den prinzipiellen gesellschaftlichen Überlegenheitsanspruch«, die uns vorenthaltene Freiheit der Information, mehr Wahrhaftigkeit, Transparenz und neben einer fehlenden Verwaltungsgerichtsbarkeit auch ein demokratischeres Wahlsystem ein. Weil »das Strafgesetzbuch und der Strafvollzug in vielem dem humanistischen Menschenbild und den Idealen einer neuen Gesellschaft nicht« entsprachen, mahnten wir »eine Revision in Sprache, Inhalt und Praxis« an. Im gesamten »Erziehungskonzept vom Kindergarten bis zur Berufsausbildung und darüber hinaus« sollte »das jetzige System der Wehrerziehung in ein neues System der friedlichen Konfliktbewältigung « transformiert werden. Gleichzeitig verlangten wir gegen » Überlegenheitsgefühle gegenüber Menschen aus Osteuropa und aus der 2/3-Welt« vorzugehen. Es gelte, Vorurteile »auf allen Ebenen zu bearbeiten und mehr Möglichkeiten für gegenseitiges Verstehen und Verständigung zu schaffen«. Generell sollten »der Erziehungs- und Bildungsprozess kreativer, naturnäher und ganzheitlicher« werden.
    Die Gruppe, die die Wittenberger Thesen formuliert hat.
    Aus unserer Sicht war der Olof-Palme-Friedensmarsch »ein erster öffentlich wirksamer Schritt zur Überwindung der inneren Abgrenzungspraxis von Staat und Kirche« gewesen, deshalb forderten wir, »diesen offenen und öffentlichen Dialog zur Vertrauensbildung zwischen den Völkern und in unserem Land weiterzuführen«. Die undurchlässigen Grenzen zwischen den sozialistischen Staaten bezeichneten wir als »unbegreifliche[n] Anachronismus«. Wir verlangten die Schaffungder »politischen, sozialökonomischen, juristischen und geistigen Bedingungen für die Freizügigkeit der

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