Knochenjagd (German Edition)
den, der bereits vor seinem Tisch stand. Er sah nicht glücklich aus. Ryan und ich setzten uns.
Ollies Beitrag zu dem Telefongespräch bestand aus Stakkatofragen. »Wann? Wo?« Schließlich: »Scheiße. Bleiben Sie dran.«
Dann knallte er den Hörer auf.
»Wir haben sie verloren.«
Ryan und ich warteten auf eine Erklärung.
»Ruben hing ungefähr bis Mittag in dem Tim Hortons rum. Dann ging sie ins Northlands.«
»Was ist das Northlands?«
»Schätze, man könnte es einen Unterhaltungskomplex nennen. Sportveranstaltungen, Pferderennen, Rodeos, Spielautomaten, Verkaufsmessen.«
»Modernes Opium für die Massen.«
»Hübsche Formulierung.«
Ich erinnerte mich. Ollie mochte Pferderennen und Rodeos.
»Das beste Pflaster für das Sexgewerbe«, sagte Ryan.
»Ein problematisches Pflaster.« Angespannt. Ollie drückte immer wieder auf den Knopf des Kugelschreibers in seinen Fingern. Mit hektischem Klicken traf die Minenspitze die Schreibunterlage. »Ruben schlief fast den ganzen Nachmittag auf einer Bank im Borden Park. Um fünf ging sie zu dem Donut-Laden zurück. Um sieben ging sie zum Rexall Place.«
»Warum wurde sie nicht verhaftet?«
»Das war nicht der Befehl.«
Ryan wollte schon wieder sticheln. Ich fiel ihm ins Wort. »Was ist dieser Rexall Place?«
Ollie schaute mich an und reckte dann das Kinn, wie es typisch für ihn war. »Hallo? Die Edmonton Oilers?«
»Ein Sportstadion.« Ryan sagte es völlig tonlos.
»Und manchmal eine Konzerthalle. Heute Abend spielt Nickelback.«
»Und dort haben Ihre Jungs sie verloren?«
»Ich vermute, ich kann mich nicht so recht verständlich machen, Detective. Nickelback ist eine Band aus Alberta. Da wimmelt es von Tausenden von Menschen.«
»Jemandem in einer Menschenmenge auf den Fersen bleiben, das ist die ganz hohe Schule«, sagte Ryan.
»Wir finden sie wieder.« Frostig.
»Schneller, als Sie sie verloren haben?«
Ollies Finger erstarrte über dem Kuli.
Ich warf Ryan einen scharfen Blick zu. »Klingt, als wollte Ruben mit jemandem Kontakt aufnehmen«, sagte ich.
»Wahrscheinlich«, pflichtete Ollie mir bei.
»Susan Forex?«
»Ich warte auf Nachricht, wo sie sich befindet.«
»Hatte Ruben einen Zuhälter?«, fragte Ryan.
»Einen verqueren kleinen Wichser namens Ronnie Scarborough. Nennt sich Scar, wie die Narbe. Der Kerl hat den Charme einer verschmutzten Nadel.«
»Soll heißen?«
»Er ist hässlich, er ist gewalttätig, und ihm brennt sehr schnell die Sicherung durch.«
»Üble Kombination.«
»Scarboroughs Spitzname kommt nicht von seinem Nachnamen. Er hat einmal einem Mädchen eine Narbe von der Größe meiner Hand verpasst. Mit einem heißen Schüreisen.«
»Glauben Sie, Ruben könnte versuchen, mit ihm in Kontakt zu treten?«, fragte ich.
»Ich glaube, sie würde es zuerst bei Forex probieren. Aber wer weiß.«
»Und was jetzt?«, fragte ich keinen von beiden im Speziellen.
»Jetzt warten wir, bis meine Jungs Ruben aufgespürt haben. Ich habe im Best Western zwei Zimmer gebucht. Das ist ungefähr einen Block von hier entfernt. Wollen Sie gleich einchecken oder erst noch was essen?«
»Ich bin am Verhungern«, sagte ich.
»Gourmet oder billig?«
»Schnell.«
»Sind Burger okay?«
»Perfekt.«
Um halb elf hatte der Burger Express nur noch zwei andere Gäste: einen alten Zausel, der sein Essen möglicherweise erbettelt hatte, und einen Teenager mit einem Rucksack und nicht sichtbaren Augen.
Der Junge hinter der Verkaufstheke sah aus, als wäre er aus einer Entzugsklinik geflohen. Fleckige Zähne. Strähnige Haare. Entsetzliche Akne.
Minderte meinen Appetit kein bisschen. Ich bestellte den Mastodon-Burger. Oder wie der Koloss sonst hieß. Zwiebelringe. Diet Coke.
Beim Essen berichtete uns Ollie, was es über Susan Forex zu wissen gab. »Nachdem sie Ruben als vermisst gemeldet hatte, wurde sie zweimal aufgegriffen. Einmal im Rahmen einer allgemeinen Razzia – da kam sie noch davon. Einmal wegen Straßenprostitution – das brachte ihr ein Jahr auf Bewährung.«
»Und dann gleich zurück auf die Straße.« Ryan klang angewidert.
»So was in der Richtung.« Ollies Ton hätte Erbsen einfrieren können.
»Schätze, ihr fehlten die ganzen Empfänge und Galerieeröffnungen.«
»Forex ist anders als die meisten Mädchen auf dem Strich.«
»Soll heißen?«
»Vergessen Sie’s.«
Ryan wandte sich mir zu. »Kaffee?«
»Nein, danke.«
Ich bedauerte meine Menüauswahl bereits. Und das Tempo, mit dem ich das verdammte Ding verdrückt
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